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HC Bozen: Langer Anlauf zu hohen Sprüngen?

LAOLA1-Experte Freimüller über Südtiroler, die ihren Kader traditionell spät zusammen haben:

HC Bozen: Langer Anlauf zu hohen Sprüngen? Foto: © GEPA

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Die EBEL-Saison 2019/20 ist ganz nah! Ab Freitag (Runde 1, ab 19:15 Uhr im LIVE-Ticker) rittern elf Teams um die Karl-Nedwed-Trophy.

LAOLA1-Experte Bernd Freimüller wirft einen detaillierten Blick auf die Saison-Aussichten jedes Klubs. Welche Aspekte lassen hoffen, wo liegen die Baustellen, wo gibt es Fragezeichen?

Der HC Bozen geht den Kader-Bau Sommer für Sommer etwas gemütlicher an, um am Ende - in den meisten Fällen - mit einem interessanten Ergebnis in die Saison zu gehen. Selbst der Titel 2017/18 hat Kai Suikkanen als Trainer aber keine längere Amtszeit bei den Foxes beschert, seit den letzten Playoffs werkt Italiens Nationalcoach Clayton Beddoes an der Bande, der bekanntlich auch bei der WM zum ÖEHV-Schreck wurde.

Das Aufgebot der Bozner hat einige interessante Namen zu bieten, ist aber aus quantitativer Sicht nicht gesegnet. Wie weit schaffen es die Südtiroler mit dieser Herangehensweise diesmal?

 Das sollte klappen

Wie jeden Sommer: Der Bozner Kader nimmt erst nach und nach Konturen an, während andere Teams schon lange stehen. Trotzdem steht dann immer ein Team parat, das einige interessante Liga-Neuzugänge aufweist und als Gesamtheit (zumindest) ein sicherer Playoff-Kandidat ist. Diese Vorgangsweise, die bei anderen EBEL-Vereinen so nicht durchführbar wäre (woher im letzten Moment noch Einheimische nehmen?), sollte auch heuer wieder die dementsprechenden Früchte tragen.

Mit Kevin Spinozzi kam ein schussstarker und körperlich starker Defender (38 Punkte in 44 ECHL-Spielen), mit Tim Daly der beste Verteidiger der dänischen Liga. Sicher zwei Experimente, die aber in der Vorbereitung guten Eindruck hinterließen. Mit Heimkehrer Brett Flemming (vor seinem Abgang nach Chomutov sehr stark), Defensiv-Defender Dennis Robertson sowie dem einheimischen Stamm (Daniel Glira, Stefano Marchetti, Ivan Tauferer) steht wieder eine kompakte Defensiv-Abteilung auf dem Eis.

Jamie Arniel hat nach seinem verkorksten Gastspiel in Wien einiges gutzumachen, der Bonvivant Sebastien Sylvestre verfügt über ganz feine Hände ums Tor herum sowie sehr gute 1-1-Fähigkeiten. Die Center-Position (lange ein Fragezeichen) dürfte daher in guten Händen sein, Anton Bernard ist immer ein sicherer Wert, dazu kommt mit dem Italo-Kanadier Domenic Alberga noch ein guter ECHL-Scorer. Eine Achse, die sich sehen lassen kann.

 

 Das könnte in beide Richtungen gehen

Bozen zeichnete sich über die Jahre stets durch eine kompakte Defensive aus, das Toreschießen ging nicht immer so leicht von der Hand. Wird der aus der AHL gekommene Colton Hargrove zum benötigten Goalgetter? Kann Daniel Catenacci die Leistungen der guten ersten Hälfte der Vorsaison bestätigen? Heimkehrer Stefano Giliati wird sicher zu den schnellsten EBEL-Spielern gehören, aber kann er seinen Speed auch in Tore ummünzen? Anthony Bardaro war über Jahre ein AlpsHL-Goalgetter und fiel auch bei der A-WM positiv auf – was bedeutet das auf EBEL-Niveau? In der Vorbereitung – auch gegen starke Gegner – war das Toreschießen (noch) kein Problem.

Es ist der jährliche Modus Operandi von Sportdirektor Dieter Knoll: Starke Cracks ziehen zu besseren Teams oder gar in bessere Ligen (heuer drei in die DEL, einer in die Liiga), im Frühsommer gleicht der Kader stets einer Brachlandschaft. Das jährliche Ummodeln – en gros wohl nicht zu verhindern, en detail in einigen Fällen schon – geht so lange gut, bis es eines Tages nicht mehr gut geht...

 

 Das dürfte Probleme bereiten

Leland Irving gehört zu den besten EBEL-Torstehern, zog sich vor den Playoffs aber eine Knieverletzung zu. Auch jetzt musste er wieder pausieren. Der neue Backup Justin Fazio ist der benötigte Nullpunkter, aber ohne Pro-Erfahrung. Das Spiel von Bozen war immer auf eine starke und vielspielende Nummer eins aufgebaut – da besteht auch heuer nicht viel Spielraum...

Ein Grund für die heuer noch mehr als sonst schleppende Transfer-Gangart: Der Kern der Einheimischen kostet um einiges mehr an Punkten als in der Vorsaison. Das spülte etwa einen Publikumsliebling wie Daniel Frank über Bord und bedeutet, dass nur zwölf Stürmer im Kader stehen. Bei Verletzungen wird die Suppe schnell dünn.

Clayton Beddoes übernahm erst kurz vor den Playoffs, seine Vertragsverlängerung im Sommer ließ dann auch länger auf sich warten. Kann sich der italienische Nationalcoach bei einer Durststrecke profilieren? Selbst ein Meistercoach wie Kai Suikkanen war schnell wieder Geschichte.

 

Aussicht

Der Bozner Kader scheint quantitativ klein, aber wieder einmal mit einigen interessanten Namen gespickt. Abhängig von Verletzungen könnte ein Mitspielen um die Top fünf möglich sein, ein Playoff-Einzug über die Qualifikationsrunde sollte aber auch keine Enttäuschung sein.

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