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Regelkuriositäten in der ICE Hockey League

Bernd Freimüller über Kuriositäten im Regelwerk der ICE Hockey League:

Regelkuriositäten in der ICE Hockey League Foto: © GEPA

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Wirft man einen Blick in die Regelbücher aller Sportarten dieser Welt, so finden sich bestimmt einige Kuriositäten, welche einem fragwürdig erscheinen.

Auch in der heimischen ICE Hockey League befinden sich einige Paragraphen im Regelwerk, die doch zu hinterfragen sind oder von der Liga gar ignoriert werden.

LAOLA1-Experte Bernd Freimüller gewährt einen Einblick in die kuriosesten Vorgaben der ICE:

Das ICE-Gamebook ist auch ohne Corona-Zusätze über die (EBEL)-Jahre auf 285 Seiten angewachsen. Ein Konvolut, das sich wohl kein Vereinsvertreter je in seiner Ganzheit durchgelesen hat. Ein Blick auf einige Regelkuriositäten, die entweder von der Liga selbst ignoriert werden oder im Falle des Falles Zündstoff haben könnten:

ICE-Gamebook

I Grundregeln, § 3 – 1: "Die Deadline für eine Anmeldung ist der 15. Jänner"

Eine Regel ohne Wert, wie viele Sommer haben wir schon mit Teams wie Bozen, Znojmo oder zuletzt dem EV Linz verbracht, wo Fristen keine Rolle spielten. Zwar steht bei neuen Ligaaspiranten, dass diese Frist bis zum nächsten Präsidenten-Meeting verlängern werden kann, aber weiche Deadlines sind bekanntlich keine Deadlines. Und wenn das Gamebook nicht ausreicht, werden halt irgendwelche Statuten aus der Schublade gezogen…

§ 3 – 4: "Jedes Team muss in der möglichst stärksten Aufstellung antreten."

Steht so in vielen Gamebooks (auch in anderen Sportarten), ist aber ein Muster ohne Wert, noch dazu, da im Disziplinarkatalog keine Strafen festgelegt sind. Gerade vor der Zwischenrunde bzw. Playoffs schonen viele Teams zahlreiche Stammspieler. Kann ersatzlos gestrichen werden.

II Ligaregeln, § 3 – "Sollten zwei internationale Teams das Finale erreichen, spielen die zwei bestplatzierten österreichischen Teams in einer Best-of-three-Serie den Meistertitel aus."

Was im Nachwuchs gang und gäbe ist, würde in der ICE sicher nicht für Begeisterung sorgen. Wir erinnern uns an Salzburg, die nach der Finalniederlage gegen Bozen vor Jahren die Meistermedaillen nur sehr widerwillig entgegennahmen. Ob da zwei Teams diese Serie mit Begeisterung absolvieren würden? Und würden die übertragenen österreichischen Sender diese Spiele oder die ICE-Finalserie übertragen?

§ 8 – 4: "Wenn ein Team in eine andere Liga wechselt oder die ICE aus anderen Gründen verlässt, nachdem sie eine Meldung abgegeben haben, verfällt die Bankgarantie zugunsten der Liga bzw. das Team muss der Liga den Betrag von 50.000 Euro bezahlen."

Haben Zagreb bzw. Znojmo bei ihrem vorläufigen bzw. endgültigen Ausscheiden diese Summen wirklich zahlen müssen? Da darf man Zweifel anmelden…

A Durchführung der Spiele, § 7 – 2: "Spielernummern sind nicht übertragbar. Eine Rückennummer darf nur von einem Spieler während einer Saison getragen werden."

Ein typisches Beispiel für eine Regel, die seit Jahren nie exekutiert wurde und daher ersatzlos gestrichen werden kann. Neuverpflichtete Spieler bekommen flugs ein Jersey ausgehändigt, erst im nächsten Spiel (oder gar später) spielen sie mit der endgültigen Rückennummer. Bei den Vienna Capitals war etwa bis zu Peter Schneider die Nummer 3 die Platzhalternummer, bis dieser an ihr Gefallen gefand und sie auch heute in Brünn noch trägt.

§ 20 – Regeln zu Nationalteamabstellungen.

Sind so größtenteils aus den IIHF-Regeln übernommen, aber ebenfalls ein Muster ohne Wert. Wir alle kennen die Verletzungsserien, die die Spieler ausgerechnet immer vor den Länderspielen heimsuchen, die aber zur Ligafortsetzung dann immer wieder ausgeheilt sind. Geldstrafen oder gar Spielverbot für die Ligateams bei Nichtabstellung? Nicht einmal das Papier oder den Cyberspace wert…

ICE-Casebook

Natürlich wäre das Case Book, das viele IIHF-Regeln aushebelt und mit wortwörtlich abgeschriebenen NHL-Regeln ersetzt, ein Fall für eine eigene Story. Besonders verwerflich offenbar aber § 4 – 3e: "Starting Six Abwicklung": "Die Spieler dürfen sich nicht bewegen, bis die Starting Six vollständig durchgesagt wurden. Bei Zuwiderhandlung werden Disziplinarmaßnahmen gesetzt."

Nicht nur, dass dieser Sätze gefettet wurden, sind die Strafen mit mindestens 2500 Euro für den Verein und einer möglichen Sperre gegen die Coaches auffallend hoch. Über die Jahre wurden so manche Regel- und Regularienverstöße von der Liga unter den Tisch gekehrt, aber wenn ein Spieler – wie in der NHL üblich – beim Ausklingen der Sprecherdurchsage die Beine bewegt oder sich gar in Bewegung setzt, ist das offenbar streng zu ahnden.

Warum das so ist? Ich weiß es nicht, kenne aber zumindest einen Vereinspräsidenten, den dies hochgradig erregt hat. Die logische Antwort wäre gewesen: „Hamma kane andern Sorgen?“ Die Strafen für Stockstiche oder Checks gegen den Kopf etwa können dagegen weit niedriger ausfallen.

§ 12 – Regel 62 – 2: Overtime mit zusätzlichem Angreifer: "Ein Team darf in der Overtime den Torhüter durch einen zusätzlichen Skater ersetzen. Sollte dies aber zu einem Gegentreffer führen, wird dem Team der Punkt aus der regulären Spielzeit aberkannt."

Ein Szenario, das es bis heute nicht gegeben hat, dadurch wohl kaum jemandem bekannt ist, aber eines Tages sicher zu sehen sein wird: Ein Team benötigt am letzten Spieltag den zweiten Punkt zum Erreichen der Pick Round oder der Playoffs, zieht daher den Goalie gegen Ende OT, der Gegner trifft ins leere Tor. Dann kommt diese Regel zum Tragen, die auch im NHL-Regelbuch verankert ist.

So ein Spiel wäre dann auch das einzige, wo nur zwei Punkte ausgespielt werden und würde auf jeden Fall automatisch generierte Tabellen der Tageszeitungen und Websites zum Absturz bringen. Offenbar der Grund dafür: Teams sollen Punkte nicht einfach so herschenken und das gegnerische Team mit einem einfachen Zusatzpunkt belohnen. 

Ein Punkt, in dem das ICE-Casebook sich vom NHL-Regelbuch unterscheidet: Vor der Overtime werden die Seiten nicht gewechselt. Ich habe gerade in der letzten Woche drei Shooutouts gesehen, die vielleicht durch die langen Wechsel in der Overtime vermieden hätten werden können und das ist ja der Hauptgrund, dass in der OT 3-3 gespielt wird.

Disziplinarkatalog – Strafen für „Poaching“

Das Englisch im Casebook ist im Allgemeinen ausbaufähig, so nicht NHL-Regeln per Paste and Copy übernommen werden. Der Sinn ist trotzdem meist spürbar, nur hier hat es mich gestreut. „Poaching“ – das Wildern im Wald, wo der Förster einschreiten muss? Damit dürfte offenbar „Tampering“ gemeint sein, der englische Fachausdruck für das Abwerben von Spielern oder Personal.

Das zu unterbinden gelingt schon dem Fußball nicht und im Eishockey, wo der Großteil der Verträge nur über ein Jahr gehen und auch keine Ablösesummen fließen, wäre das noch viel schwieriger zu exekutieren. Auch dies ein Punkt im Regularium, der ohne Bezug zur Praxis steht. Zuletzt regte sich der HC Innsbruck über den Wechsel von Joel Broda nach Graz auf, umsonst natürlich. Spieler mit auslaufenden Verträgen werden gemeinhin nach der Jahreswende ligaweit angeboten.

Nur einige Beispiele für Regeln, die kurios oder unbekannt sind oder ganz einfach konsequenzlos übertreten werden können. Es wäre an der Zeit, das Gamebook wieder einmal zu überarbeiten und zu verschlanken…

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