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EC Red Bull Salzburg: Wieder unantastbar?

Eishockey-Experte Bernd Freimüller analysiert den amtierenden ICE-Champion:

EC Red Bull Salzburg: Wieder unantastbar? Foto: © GEPA

Am 16. September ist es endlich wieder soweit: Die win2day ICE Hockey League startet in die neue Saison. 

Vor dem Saisonstart analysiert LAOLA1-Experte Bernd Freimüller alle Klubs und gibt seine Prognose für die kommende Spielzeit ab.

Die letzte Saison dominierte der EC Red Bull Salzburg nach Belieben und kürte sich mittels Playoff-Sweep zum Meister. Gehen die "Eisbullen" auch heuer wieder vorneweg?

Sommeraktivitäten

Aus dem Meisterkader gingen nur T.J. Brennan (bei Angeboten aus der Schweiz kann selbst Red Bull nicht mithalten) und Raubein Keegan Kanzig (Karriereende) ungewollt verloren. Teamspieler Kilian Zündel entschied sich, seinen Status als Eishockey-Schweizer wahrzunehmen – schon vor den Playoffs, als seine Eiszeit auf ein Minimum reduziert wurde.

Langgediente Cracks wie Goalie J.P. Lamoureux und Alexander Pallestrang sowie Center Jan-Mikael Järvinen und Playoff-Verstärkung Mike Dalhuisen erhielten keine neuen Angebote.

Neben vier neuen Legionären kam mit David Kickert auch ein österreichischer Nationalgoalie als Backup, Peter Hochkofler wurde von der Liga per Ausnahmegenehmigung – für solche ist die ICE ja europaweit berühmt – im Gegensatz zur Vorsaison als National Player eingestuft.

Stärken des Kaders

Details kann man sich fast sparen – die ersten fünf Defenderpositionen werden von vier Legionären und einem Nationalspieler eingenommen, die Goalieposition teilen sich Kickert und Atte Tolvanen, einer der Schlüsselspieler des Meisterjahres.

Bevor man im Angriff zu einem der jungen Akademieprodukte wie Luca Auer (muss sehr an seinem Eislaufen arbeiten), Tim Harnisch oder Lucas Thaler (mehr VSV als Red Bull Akademie in seinem Fall) kommt, stehen zehn Legionäre oder Teamspieler parat. Und mit Nationalspielern sind nicht Cracks aus den Operetten-Turnieren im November oder Februar gemeint, sondern Spieler aus dem obersten Preis- und Leistungsregal wie Peter Schneider, Benjamin Nissner, Ali Wukovits, Thomas Raffl oder Dominique Heinrich.

Wenn man das Team mit denen von eventuellen Spitzenteams wie dem KAC oder den Capitals vergleicht, springen die physischen Vorteile eklatant ins Auge. Werden die neuen Defender wie Tyler Lewington oder Andrew MacWilliam (beide mit überaus limitierten Puckskills) zu Beginn der Saison Strafen sammeln? Natürlich, im Gegensatz zu Dennis Robertson, der die ICE-Refs schon aus seiner Zeit in Bozen kennt, werden sie erst herausfinden müssen, dass im Grunddurchgang jeder Körper- und Stockkontakt zu Strafen führt.

Doch in den Playoffs, wo das Faustrecht des Wilden Westens gilt, werden diese drei wie Kanzig und Dalhuisen in der Vorsaison die Gegner in die Schranken weisen. Kein anderes Team kann es sich leisten, derart doppelgleisig zu planen.

Mit Troy Bourke kam ein neuer Center, der im Gegensatz zu seinem Vorgänger Järvinen den direkten Weg zum Tor sucht, seine Treffer aus der Nahdistanz (bzw. Penalty Shots, für die er ein Spezialist ist) erzielt und mit hoher Drehzahl spielt. Die Zeiten von launenhaften Feingeistern wie John Hughes oder Robbie Schremp sind unter Coach Matt McIlvane endgültig vorbei.

Schnörkelloser Drang zum Tor (neben aggressivem Forecheck) wie von Nissner (hat sich zu einem Top-Österreicher entwickelt), Wukovits, Schneider (neben seinen Schussqualitäten), Paul und Mario Huber sowie Florian Baltram ist der Schlüssel zum Erfolg.

Schwächen des Kaders

Chad Genoway soll in Brennans Fußstapfen treten
Foto: © GEPA

Lediglich auf einer Position scheint mir der Kader schwächer geworden zu sein. T. J. Brennan entschied sowohl im Grunddurchgang als auch in den Playoffs so manches Spiel in Schlüsselmomenten. Seine Fähigkeit, Schussblocker auszutanzen und dann abzuziehen (unglaubliche 27 Treffer!), war einmalig in der Liga.

Als sein Nachfolger kam Chay Genoway, acht Jahre in der SHL und KHL unterwegs. Der 35-jährige ist immer noch ein glänzender Skater mit großartigem Movement in engen Lagen. Zuletzt bei Brynas war er als erwünschter Top-Defender aber schon etwas überfordert. Doch seine körperlichen Mängel werden von seinen Hünen-Kollegen entschärft und wenn sein Schuss sich als zu wenig hart erweist, stehen ja noch andere Top-Alternativen wie Heinrich und Robertson parat.

Ty Loney kommt in Salzburg einfach nicht in die Gänge. Letzte Saison schon durch Corona und einer Gehirnerschütterung out, jetzt wieder verletzt. Bis vor zwei Jahren war er einer der Top-Spieler der Liga, doch seine Reichweite um das Tor und seine Goalgetter-Fähigkeiten konnte er bei den Roten Bullen nur intermittierend einbringen.

Hier könnte nachgerüstet werden

Inklusive des (ehemaligen) Eishockey-Österreichers Aljaz Predan sind derzeit acht von zehn Legionärsplätzen vergeben.

Salzburg wird im Rennen um den Meistertitel nichts dem Zufall überlassen – wenn schon Zündel nicht den Ansprüchen genügte, wird man sich schon gar nicht auf eine Mischung von Lukas Schreier, Paul Stapelfeldt oder Philipp Wimmer in den Playoffs verlassen.

Auch ein zusätzlicher Stürmer oder gar Ersatz-Ausländer würden vor der Trading Deadline nicht überraschen, am nötigen Kleingeld wird es nicht scheitern.

Ausblick

Alles andere als der erste Platz nach 52 Spielen wäre eine Sensation, bei allem Respekt vor dem letztjährigen Finalgegner Fehervar. Auch für die Jagd nach dem zweiten Titel danach ist man durch die körperliche Wucht des Kaders bereits jetzt gerüstet…


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