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Graz99ers: Routine allein schießt keine Tore

Die 99ers werden ein offensichtliches Problem bekommen. Freimüller-Vorschau:

Graz99ers: Routine allein schießt keine Tore Foto: © GEPA

Am 16. September ist es endlich wieder soweit: Die win2day ICE Hockey League startet in die neue Saison. 

Vor dem Saisonstart analysiert LAOLA1-Experte Bernd Freimüller alle Klubs und gibt seine Prognose für die kommende Spielzeit ab.

Die Graz99ers haben wieder einmal umgebaut - prominentester Baustein ist der neue Trainer. Es steht aber eine zähe Saison vor der Tür.

Sommeraktivitäten

Wieder einmal ein großes Umdrehen, wobei die häufigen Trainerwechsel der Vergangenheit nicht mehr ganz so überbordernd daherkommen. Nach vier Jahren Doug Mason und eineinhalb von Jens Gustafsson ließ sich Manager Bernd Vollmann mit der Nachfolgesuche viel Zeit und präsentierte dann überraschenderweise wieder einen Schweden.

Johann Pennerborn kam vom schwedischen Meister Färjestad, galt dort als Mann, der seinen Spielern viele offensive Freiheiten gab, aber Probleme hatte, seinem Team ein Defensivkonzept zu verpassen und daher beim Titelgewinn nicht mehr hinter der Bande stand. Hört sich eher unschwedisch an.

Nach dem Verpassen der Playoffs in der letzten Saison war auch im Kader Großreinemachen angesagt, nicht alles aber freiwillig - mit Dominik Grafenthin und Lukas Kainz gingen die offensivstärksten Österreicher flöten.

Acht Abgängen standen ebenso viele Zugänge gegenüber, von den Legionären des Vorjahres blieben nur Goalie Christian Engstrand, Michael Boivin, Mike Zalewski und der langgediente Ken Ograjensek (zu Saisonbeginn aber verletzt) übrig.

Stärken des Kaders

An Engstrand lag die verkorkste letzte Saison am wenigsten. Damit die 99ers heuer in den meisten Spielen überhaupt eine Siegeschance haben, muss er wieder so stabil wie im Vorjahr agieren (gab sehr wenig Torfläche preis und überzeugte mit gutem Winkelspiel).

Im slowakischen Nove Zamky entsprach er weniger, war aber in Graz ab Dezember einer der wenigen Lichtblicke. Angesichts des Mangels an Alternativen (der neue Backup Nico Wieser überzeugte in der Vorbereitung nicht) wird er wohl fast alle Spiele absolvieren müssen.

Mit Tobias Fladeby und Viktor Granholm kamen zwei norwegische Flügel, die interessantes Offensivpotential aufweisen. Es würde nicht überraschen, wenn sie am Saisonende als Top-Scorer des Teams dastehen.

Fladeby (spielte im US-College) gilt als der etwas Vielseitigere der beiden, mit gutem Boardplay und Speed, der allerdings noch etwas an seiner Beständigkeit feilen muss. Granholm war vor allem als Schütze im Powerplay seit Jahren ein Top-Mann in der norwegischen Liga, es fehlt ihm aber etwas am Defensivverhalten. Bei beiden könnte die Grazer Vertragsoption nach der Saison noch wichtig werden.

An Mangel an Routine im einheimischen Kern werden die 99ers nicht scheitern. Mario Altmann (35), Daniel Oberkofler (34), Michi Schiechl (33) und Daniel Woger (34) sind Liga-Urgesteine, auch Adis Alagic, Erik Kirchschläger, Michael Kernberger, Zintis Zusevics und Sam Antonitsch kurven schon seit einiger Zeit durch die ICE-Stadien.

Schiechl hatte in der letzten Saison mit 15 Toren und 27 Punkten die statistisch beste Saison seiner Karriere, eine nur ähnlich gute täte den 99ers verdammt gut. Überhaupt werden sich die Einheimischen auf dem Scoring Sheet einbringen müssen, damit das Team eine Chance hat.

Schwächen des Kaders

Wo soll die Offensive herkommen? Mit freundlicher Betrachtungsweise sehe ich mit Granlund, Fladeby, Petr Kolouch, Ograjensek und den beiden Defendern Gustav Bouramann und Boivin sechs Cracks, die etwas mehr als durchschnittliche Scoring-Beiträge erwarten lassen.

Dabei ist Kolouch ein körperlich starker, direkter Spieler mit gutem Schuss und Faceoff-Stärken, dessen Hände aber nicht für Skilled Plays geeignet sind. Bouramann eilt aus Schweden der Ruf eines Defenders mit guten Händen voraus, der die Scheibe aus engen Lagen tragen und passen kann, auch im Powerplay seine Qualitäten hat. Sein Drive und sein Zweikampfverhalten sind aber immer große Fragezeichen gewesen. Hört sich nicht unähnlich zu Michael Boivin oder Letztjahres-Lösung Carl Ackered an.

Kann Schiechl seine Punkte-Ausbeute wiederholen?
Foto: © GEPA

Pennerborn versuchte während der Vorbereitung, wenigstens drei Linien zu formen. Zuletzt spannte er aber Fladeby, Kolouch und Granholm in eine Paradelinie, was irgendwie auch verständlich ist. Nur: Dahinter bleibt dann so gut wie nichts mehr an offensiver Hoffnung übrig, es drohen eine Scoring- und drei Checking Lines, wenn nicht noch offensive Hilfe kommt. Mike Zalewski ist in seinen Beiträgen immerhin berechenbar, allerdings nicht, wenn es um seine Gesundheit geht.

Jens Gustafsson wurde – nicht zu Unrecht – vorgeworfen, dass er seinen Worten der Jugendförderung nur sehr abgeschwächt Taten folgen ließ. Aber nennen wir das Kind beim Namen: Auch Pennerborn wird beim besten Willen aus Jacob Pfeffer (immerhin ein stabiler sechster oder siebter Defender), Amadeus Egger (in seinem xten-Anlauf), Kevin Pesendorfer, Philipp Maurer, Clemens Krainz oder Cornelius Kaschnig nur schwer Leute formen, die wenigstens mit ihren Altersgenossen aus Salzburg, Klagenfurt oder Wien mithalten können. Nur Pfeffer und zeitweise Krainz waren gut genug für die ÖEHV-Nachwuchsteams und das ist schon nur bedingt als Adelsprädikat geeignet. 

Hier könnte nachgerüstet werden

Schon vor Saisonbeginn legten die 99ers nach – mit dem Ex-Dornbirner James Livingston kam ein verlässlicher Flügel mit etwas Scoring-Potential und Größe. Wie Zalewski ist er kein Skilled Player, verbreitert aber doch etwas den Angriff. Inklusive des verletzten Ograjensek sind jetzt alle Legionärspositionen belegt.

Ausblick

Die Hoffnungen der Grazer liegen auf dem schwedischen Betreuerteam, nur das ist aus seinem Heimatland natürlich weit besseres Material gewöhnt. Die Offensive muss neben den beiden Norwegern produzieren, sonst wird das Rennen um die Pre-Playoff-Plätze von Beginn an ein hartes...


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