news

VSV: Nicht mehr so torfreudig?

Wie sich der ungewollte, kleine Umbruch ausgewirkt haben könnte - BF-Analyse:

VSV: Nicht mehr so torfreudig? Foto: © GEPA

Am 16. September ist es endlich wieder soweit: Die win2day ICE Hockey League startet in die neue Saison. 

Vor dem Saisonstart analysiert LAOLA1-Experte Bernd Freimüller alle Klubs und gibt seine Prognose für die kommende Spielzeit ab.

Der VSV konnte letztes Jahr sportlich endlich wieder zulegen, war diesen Sommer aber zu Adaptionen gezwungen. Wie haben sich die ausgewirkt?

Sommeraktivitäten

Trotz des Halbfinaleinzugs brachte die Off-Season eine Runderneuerung, zwölf Abgänge standen elf Zugänge gegenüber. Jamie Fraser und Brett Flemming gingen in Pension, Scott Kosmachuk nach Finnland, Nico Brunner kam etwas lässlich nach Wien abhanden, Sebastian Zauner fiel der neuen Legionärsregelung zum Opfer – zumindest diese fünf Cracks wollte man halten. Der Schnitt fiel damit größer aus als geplant, Ziel war aber von Haus aus eine Verstärkung der defensiven Ausrichtung.

Ausrufezeichen des Kaders

Mit J.P. Lamoureux kam der beste Liga-Goalie des letzten Jahrzehnts, er alleine sollte schon die Gegentor-Anzahl reduzieren, auch wenn er mit 38 auf die Pension zusteuert. Bleibt er fit und in (relativer) Hochform, sollte er bei seinem Villach-Comeback nach sechs Jahren diese Position stabilisieren, Ali Schmidt gehört zu den besseren Backups der Liga.

Die Zeiten, als bei Verletzungen nur mehr drei Linien oder untaugliche Nachwuchsspieler zur Verfügung standen, waren schon letzte Saison vorbei. 14 brauchbare Angreifer stehen im Aufgebot, in der Defensive könnte der Abgang von Nico Brunner allerdings sehr wehtun. Siebter gelernter Defender ist Martin Urbanek, der heuer beweisen muss, dass er defensive Ligaqualität hat. Der Plan von Coach Rob Daum ist allerdings, im Gegensatz zur Vorsaison nur mit sechs Verteidigern anzutreten. Das Team ist auf jeden Fall das größte und wuchtigste der letzten Jahre.

Die Abgänge von offensiven Freigeistern wie Kosmachuk, Anton Karlsson oder Renars Krastenbergs gaben der VSV-Führung die Gelegenheit, bessere Zwei-Weg-Qualität an Land zu ziehen. Vor allem Andrew Desjardins kennt beide Seiten der Eisfläche, wird in entscheidenden Momenten stets am Eis stehen. So unterhaltsam die VSV-Partien in der letzten Saison anzusehen waren, sollte das Team heuer nicht mehr einige Spiele automatisch mit 0:3-Rückständen beginnen und so Aufholjagden unnötig machen.

Fragezeichen des Kaders

Robert Sabolic muss es offensiv richten
Foto: © GEPA

Fallen die Adler von einem Extrem ins Nächste? Das Toreschießen bereitete letzte Saison nie Probleme, das könnte heuer anders sein. Robert Sabolic ist für mich die einzige Torgarantie, Chris Collins, John Hughes (natürlich mehr Vorbereiter) und auch der in Ljubljana stark agierende Blaz Tomazevic sollten weitere Scorer sein. Unter den Österreichern kann man Dominik Grafenthin, Marco Richter und Alexander Rauchenwald (zuletzt wieder im Aufwind) höhere Torquoten zutrauen. Desjardins – ein sehr guter Passgeber – könnte in puncto Torausbeute dagegen die Erwartungen an einen Königstransfer nicht so recht erfüllen, allerdings bei den Coaches und Pundits mehr Anklang finden als auf der Fantribüne.

Jamie Fraser zu ersetzen war von Haus aus eine Herkulesaufgabe, er lieferte über elf Saisonen hohe Qualität als mobiles Antrittsrad ab. Nach langem Suchen (und einigen Absagen) lotste man Simon Despres vom DEL-Meister Eisbären Berlin an die Drau, nur: Eine große Offensivwaffe war er nie und durch seine Größe natürlich auch nicht übermäßig beweglich. Er könnte auch von den neuen Defendern am ehesten enttäuschen, während Nicolas Mattinen (ohne große Referenzen) durchaus das Zeug zu einem gestandenen ICE-Defender mit Qualitäten in beiden Richtungen hat. Arturs Kulda ist und bleibt wohl auch ein solider Defensiv-Defender. Erwarte Rotation im Powerplay mit Despres, Mattinen, Joslin und dem letzte Saison sehr starken Philipp Lindner, aber keine Top-Lösung.

Der Österreicher-Kern – über Jahre ein Manko in Villach, dessen Nachwuchs Mühe hat, mit den Akademien mitzuhalten – wurde durch Zugänge verbreitert und gehört jetzt zu den besten der Liga. Lindner, Grafenthin (allerdings ein reiner Offensivspieler), Benjamin Lanzinger (löst durch bessere Physis und Beinarbeit immer mehr seine Torjäger-Qualitäten ein), Richter, Rauchenwald, dazu Rollenspieler wie Kevin Moderer (heuer wohl Aushilfs-Defender), Maximilian Rebernig oder Felix Maxa – ein verdammt tiefer Kern. Mit Julian Payr kam heuer noch ein Verteidiger dazu, der vor gar nicht langer Zeit ein Top-Mann in starken Nachwuchsjahrgängen war, bevor ihn ein Kniescheibenbruch bremste. Er könnte noch etwas Zeit brauchen, hätte für mich aber jedem ICE-Team gut zu Gesicht gestanden.

Hier könnte nachgerüstet werden

Durch die Einbürgerungen von John Hughes (nach zehn Jahren in Österreich und einer Hochzeit schon überfällig) und Grafenthin (Eishockey-Österreicher, dessen Familie schon seit langer Zeit in Baden lebt) wäre sogar noch ein Legionärsplatz offen, das Rennen um die Zeit könnte aber bis zum Saisonauftakt gehen und im schlechtesten Fall wäre sogar ein Legionär zu viel. Vielleicht rüsten die Adler in späterer Folge noch einmal an der blauen Linie nach, einen PP-Spezialisten werden sie aber eher nicht mehr finden.

Ausblick

Villach wäre nicht Villach, wenn nach einigen schwächeren Sommer-Auftritten (teilweise durch Krankheiten bedingt) nicht schon Heulen und Zähneknirschen vorgeherrscht hätte. Nicht alle Kaderplanungen dürften positiv aufgehen, aber ein Top-7-Platz (so viele gute Teams zähle ich) sollte kein Problem sein und es könnte durchaus wieder Richtung Top-4 gehen. Auch im Vorjahr kamen die Adler erst im Verlauf des Herbstes so richtig in die Gänge...

HIER geht es zu den weiteren ICE-Vorschauen von Bernd Freimüller:

KAC: Bewährt - und auch gut so?>>>

Fehervar: Die Ungarn sind wieder heiß!>>>

Pustertal: Robust genug für die Playoffs?>>>

Kommentare