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Formel 1 in Monza fast ohne Lokalmatadore

Ferrari-Festival in Italien geht fast ohne lokale Helden über die Bühne.

Formel 1 in Monza fast ohne Lokalmatadore Foto: © getty

Kennst du Andrea de Adamich? Oder vielleicht Renzo Zorzi?

Wenn du auf ehemalige italienische Formel-1-Piloten tippst, dann liegst du richtig. Zwischen dem A und dem Z führen die Statistiken noch viele weitere Italo-Piloten auf. Je nachdem, ob es nach Starts bei einem Grand Prix (84 Piloten) oder Nennungen (108) geht.

Damit ist Italien – egal in welcher Statistik – das Land mit den zweitmeisten Teilnehmern in der Königsklasse des Motorsports nach Großbritannien.

Anlässlich des Großen Preises von Italien im historischen Autodromo di Monza – wo bisher mit 68 Rennen die meisten Formel-1-WM-Läufe seit 1950 stattfanden – gehe ich der Frage nach den Lokalmatadoren auf den Grund.

Ferrari - eh klar - werden alle sagen. Natürlich. Formel 1 in Italien ist Ferrari gegen den Rest der Welt.

Ein Ferrari-Triumph in Monza, das ist für die Tifosi die halbe WM. Für manche sogar wichtiger als alle Punkte für die Weltmeisterschaft. Monza kann Helden machen, wenn sie Ferrari fahren und siegen, wie der Tiroler Gerhard Berger seit 1988 weiß. Oder sie zerstören, wie wir Österreicher schmerzlich wissen: vor 65 Jahren ließ Rupert Hollaus dort sein Leben, vor 49 verunglückte Jochen Rindt in Monza tödlich.

Ascari und Scarfiotti jubelten in Monza über Siege im Ferrari

Für italienische Piloten ist Monza jedenfalls das elektrisierende Heimrennen. Am süßesten schmeckt der Erfolg, wenn gar ein Italiener auf Ferrari gewinnt – wie bisher drei Mal passiert: Die Heimsiege von Alberto Ascari (1951/52) und Ludovico Scarfiotti (1966) in roten Boliden sind aber eine Ewigkeit her. Doch wehe, ein Italiener würde Ferrari den Sieg im Autodromo wegschnappen, das käme einer nationalen Schande gleich.

Der 25-jährige Alfa-Romeo-Pilot Antonio Giovinazzi
Foto: © getty

Die Gefahr ist am Sonntag gering, dass der einzige Italiener in der Startaufstellung dieser Tage, Antonio Giovinazzi, in seinem Alfa Romeo genannten Sauber-Ferrari Vettel und Leclerc gefährdet.

Womit sich die Quiz-Frage ergibt, wer der letzte italienische Formel-1-Weltmeister war. Wer Mario Andretti sagt, liegt völkerrechtlich nicht so schlecht. Denn der US-Bürger und US-Motorsportheld wurde als Italiener 1940 in Montona geboren.

Der Ort in Istrien, heute Motovun in Kroatien, war damals italienisch. Die Andrettis flüchteten 1948 in die Toskana, als Istrien jugoslawisch wurde. 1955 wanderte die Familie in die USA, nach Pennsylvania, aus. Und die USA bekamen so 1978 einen Formel-1-Champ. Und davor? Alberto Ascari, 1952 und 1953, sowie der allererste der F1-Geschichte, Nino Farina (1950). Also vor einer Ewigkeit.

Giancarlo Fisichella gewann als bislang letzter Italiener einen Grand Prix

Eine kleine Ewigkeit liegt auch der bislang letzte italienische Sieg bei einem Grand Prix zurück: Giancarlo Fisichella holte diesen 2006 in Malaysia für Renault, es war sein dritter und letzter GP-Erfolg. Übrigens: Der AS-Roma-Fan (weil Römer) ist noch immer aktiv, fährt mit Halbprofis in der Langstrecken-WM für – Ferrari! Doch leider zu spät für ewigen Ruhm.

Motorsport-Historiker versuchten sich in einem "Ranking" italienischer F1-Piloten. Da steht dann Ascari als Doppel-Weltmeister an der Spitze, gefolgt von Farina und Ricardo Patrese, der in seinen 16 Jahren in der Topklasse in 256 Rennen sechs Mal siegte.  

Der "jüngste" in diesen Top-Ten, Michele Alboreto (fünf Siege), beendete 1994 seine Karriere in der Formel 1.

1989 gab es in der Formel 1 sieben italienische Teams und 14 Italo-Piloten

Aus heutiger Sicht kaum vorstellbar: Vor 30 Jahren (1989) gab es unter 20 Teams sieben italienische sowie 14 italienische Fahrer! Einige davon hatten aber am Freitag nach neun Uhr zum Ende der Vorqualifikation bereits wieder frei...

Es fehlt also im motorsportverrückten Italien entweder an Talenten, an deren Förderung – oder an beiden.

Schade aus Sicht der Tifosi auch, dass so viele Italiener irgendwann im 20. Jahrhundert auswanderten, bevorzugterweise nach Brasilien oder Australien.

Denn geht es nach den Eltern oder Großeltern, hätte Italien eine respektable Reihe von GP-Siegern in jüngerer Zeit: Fittipaldi, Pace, Alesi, Barrichello, Massa, Ricciardo. Und sogar einen Helden: Ayrton Senna. Auch in dessen Adern floss ein wenig italienisches Blut.

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