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Rapid: Was unter Feldhofer läuft, was Sorgen macht

Neues Plus im Rapid-Spiel, dazu Demir und Druijf. Engpass bereitet Bauchschmerzen.

Rapid: Was unter Feldhofer läuft, was Sorgen macht Foto: © GEPA

Der 2:1-Heimerfolg im Playoff-Hinspiel der Conference League gegen Vitesse Arnheim (Spielbericht >>>) gibt dem SK Rapid Selbstvertrauen.

Auch wenn sich die Hütteldorfer nach den ersten 90 Minuten in diesem Duell über eine vergebene höhere Führung sowie den Ausschluss von Filip Stojkovic ärgerten (Hier geht's zur Story >>>), kann sich der Europacup-Sieg sehen lassen. Denn für einen ergebnistechnischen Befreiungsschlag war es allerhöchste Zeit.

Mit dem Aus im ÖFB-Cup-Viertelfinale gegen Hartberg und der knappen Bundesliga-Niederlage gegen RB Salzburg ist der Start ins Frühjahr aus grün-weißer Sicht alles andere als erfreulich gelaufen. Dass Trainer Ferdinand Feldhofer genaue Vorstellungen hat, die er in der Vorbereitung implementieren wollte, ist durchaus offensichtlich - auch wenn noch nicht alles zu hundert Prozent funktioniert.

Das ist auch dem Chefbetreuer bewusst. Deshalb lässt er sich auch für starke 60 Minuten gegen Vitesse nicht feiern, sondern analysiert trocken und ehrlich: "Ich finde es einmal super, dass wir zu Chancen kommen, dass wir überhaupt so agieren können. Das haben wir uns ja vorgenommen. Aber wir haben auch in den ersten zwei Spielen Phasen gehabt, wo das so ausgesehen hat. Nur jetzt haben wir halt 2:1 gewonnen, alle sind happy und es ist schön", holt Feldhofer zu seiner eigenen Einschätzung aus.

"Ich bin da ein bisschen neutraler und glaube, ich kann das besser beurteilen. Diesmal haben wir über weite Strecken ein sehr gutes Spiel gemacht, aber es waren auch Dinge dabei, die wir verbessern müssen, sonst hätten wir das 3:0 oder 4:0 gemacht – wer weiß? Aber ich bin sehr glücklich, dass wir so agieren können."

Auf der einen Seite läuft schon einiges in eine positive Richtung, zum anderen tun sich neue Problemfelder und Engpässe auf.

Neue Flexibilität und Pressing als Plus

Was durchaus Anklang findet, ist die neu gewonnene Flexibilität. Das große Ziel Rapids in der Vorbereitung auf die Frühjahrssaison war, vom eingefahrenen 4-2-3-1-System loszukommen und Rapid für unterschiedliche Situationen und Gegner zu wappnen.

So wurden zur gewohnten Formation auch ein 4-4-2 mit Raute sowie ein 4-3-3 einstudiert, zudem schalteten die Wiener zwischendurch auf Dreier- bzw. Fünferkette um. Gegen Meister Salzburg dominierte die Kompaktheit in der Defensive, dabei blieben noch offensive Befreiungsschläge auf der Strecke. Gegen Vitesse agierte Rapid schon von der Grundaufstellung her viel offensiver und setzte den Gegner frühzeitig unter Druck.

Auch unter dem Spiel wird reagiert, was in der Vergangenheit nicht immer der Fall war, wo teilweise stur auf die Grundausrichtung bestanden wurde. Auch Spieler sind dadurch auf unterschiedlichen Positionen gefragt. Bestes Beispiel: Marco Grüll. Ob als Stürmer oder wie diesmal hauptsächlich über links - dem Offensivspieler taugt es. "Es ist natürlich vom Gegner abhängig. Auf der Seite komme ich schon mehr in meine Eins-gegen-Eins-Duelle, aber ich fühle mich in jeder Position in der Offensive wohl. Wo mich der Trainer aufstellt, gebe ich hundert Prozent, mehr kann ich eh nicht machen."

Denn das frühe Pressing in hoher Intensität und mit Aggressivität, die Vitesse auch laut Thomas Letsch in der ersten Halbzeit nicht schmeckte, ist das neue grün-weiße Markenzeichen unter Feldhofer. Dabei wird durchaus versucht, die Pressinglinien zu verschieben - von extrem hoch auf abwartendes Mittelfeld-Pressing. Wobei doch auffällt, dass sich der SCR viel wohler fühlt, wenn er vorne draufgeht. Dass das nicht über 90 Minuten durchzuhalten ist, liegt auf der Hand. Gegen Vitesse war aber wieder einmal offensichtlich, dass sich die Hütteldorfer mit der abwartenden Positionierung noch schwer tun, wenn sie den Gegner kommen lassen.

"So war es nicht gewollt. Wir wollten schon in einem Block agieren, in einem Mittelfeld-Pressing, damit wir auch die Räume hinter ihnen bekommen. Wir wussten, dass wir da große Räume bekommen werden, das war auch so. Ferdy Druijf hat dann an die Latte geschossen. Der Plan hätte schon gepasst", war Feldhofer auf LAOLA1-Nachfrage nicht ganz unzufrieden mit der Umstellung in der Halbzeit. Trotzdem gibt es noch viel Verbesserungspotenzial, vor allem im Hinblick auf Kontinuität über 90 Minuten.

"Umfeld erwartet Wunderdinge von Yussi, die nicht machbar sind"

Personell gehen die Hütteldorfer langsam aber doch auf dem Krückstock. Das hat unterschiedliche Gründe - Verletzungssorgen, Corona-Ausfälle, Fitness-Rückstand. Dazu kommt, dass die Abgänge von Ercan Kara und Maximilian Ullmann nicht von einen auf den anderen Tag kompensiert werden können.

Darüber hinaus sind die Neuzugänge Yusuf Demir und Ferdy Druijf noch nicht bei hundert Prozent, wie Feldhofer und Sportchef Zoran Barisic immer wieder betonten. Trotzdem durften die beiden Hoffnungsträger gegen Vitesse von Beginn an starten - mit gemischten Gefühlen.

Feldhofer verteidigt seine Schützlinge: "Yussi und Ferdy haben genau das gebracht, was zu diesem Zeitpunkt von ihnen erwartet werden konnte." Vor allem Demir war jedoch anzusehen, dass er seiner schon gezeigten Form hinterherläuft. Der 18-jährige Youngster ist noch nicht der Alte. Obwohl er sein Genie am Ball zwischendurch schon mal aufblitzen ließ, war er oftmals einen Schritt zu spät, die Spritzigkeit fehlte, zudem schien er von der Schnelligkeit im Spiel noch etwas überfordert zu sein. Das Ergebnis: Viele Fehlpässe, ungenaue Abspiele und kein Torabschluss.

Einem jungen Spieler seines Alters darf deshalb kein Vorwurf gemacht werden, er benötigt nur noch etwas Zeit. "Er hat alles reingehaut, was er zur Verfügung hatte. Aber ich bin realistisch. Das Umfeld erwartet Wunderdinge von dem jungen Spieler, das ist aktuell nicht machbar. Yussi hat eine grundsolide Leistung geboten, die für mich absolut okay war."

Dabei soll nicht nur der Klub sondern auch der Spieler selbst, die nötige Geduld aufbringen: "Darauf können wir den nächsten Step aufbauen. Alles nach Plan, alles mit Ruhe. Alle Meinungen im Umfeld akzeptieren wir. Aber wir haben eine klare Linie, die wir auch mit Yussi kommunizieren, er sieht das auch klar so. Diesmal war der nächste Step vorwärts."

Druijf? "Ein hervorragender Mentalitätssspieler"

Etwas weiter ist da schon der neue niederländische Stürmer Ferdy Druijf. Auch der 23-Jährige stand erstmals in der Startelf, brachte das Stadion - obwohl nur 10.700 Fans vor Ort waren - nach nur 33 Sekunden mit dem Treffer zum 1:0 zum Beben.

"Er hat jetzt schon eine Woche länger Training mit uns gehabt und hat das richtig gut gemacht", lobte Feldhofer. Druijf rackerte, kombinierte gut mit seinen Nebenleuten, zeigte auch mit dem Ball am Fuß seine Qualitäten und strahlte Torgefahr aus. So hätte er etwa mit einem Schuss aufs leere Tor das 2:0 machen müssen, ebenso später bei einem Lattentreffer aus kurzer Distanz.

Zu seinem Tor meinte Feldhofer: "Es war ein super Konter, ein unglaublicher Kraftakt auf der Seite, dann die Flanke - dafür haben wir ihn gekauft." Druijf lieferte einen Vorgeschmack, was von ihm zu erwarten ist. "Er ist ein hervorragender Mentalitätsspieler. Er gibt uns in Kombination mit anderen Spielern andere Möglichkeiten", freut sich der Chefbetreuer.

Noch größer wird die Freude sein, wenn sein neuer Stürmer und Demir topfit sind und Rapid dadurch auch über einen längeren Zeitraum mehr Möglichkeiten bieten. Die Engpässe im Kader konzentrieren sich aber trotz allem vermehrt auf die Defensive.

Engpass! "Situation in Verteidigung sorgt für Bauchschmerzen"

Denn langsam aber doch gehen Rapid die Verteidiger aus. Nach Gelb-Rot für Filip Stojkovic war auf der Betreuerbank guter Rat teuer. Denn durch das Fehlen des Routiniers in der letzten halben Stunde musste improvisiert werden.

"Wir haben sowieso schon keinen Rechtsverteidiger mehr im Kader, dann haben wir als Trainerteam halt zum Zaubern angefangen. Rechts hinten haben wir gerade ein bisschen einen Engpass. Thorsten Schick fehlt mit einer Knöchelverletzung, Lukas Sulzbacher nach einer Corona-Erkrankung.

Doch nicht nur rechts hinten fehlen die Alternativen, auch in der Innenverteidigung, wo es erneut einen Ausfall zu beklagen gab. Durch die Langzeitverletzungen von Leo Greiml und Maximilian Hofmann kam Martin Moormann an der Seite von Emanuel Aiwu zu überraschend viel Einsatzzeit, der 20-Jährige erledigte seinen Job aber gut. Allerdings musste auch er gegen Vitesse verletzt ausscheiden, der Oberschenkel zwickte.

Zwischendurch musste Srdjan Grahovac hinten aushelfen, dann kam Leo Querfeld zu seinem zweiten Einsatz bei den Rapid-Profis. Ein Comeback feierte Kevin Wimmer nach seiner Leisten-Operation - laut Feldhofer ein Risiko, weil er noch nicht bei hundert Prozent ist, zum Glück ohne Folgen. "Die Situation in der Verteidigung sorgt für leichte Bauchschmerzen", stellte Feldhofer klar und weiß, dass nicht mehr viel passieren darf, um weiterhin eine schlagkräftige Truppe aufzubieten.

Durchaus erfreulich: Philipp Schobesberger saß erstmals wieder auf der Ersatzbank, obwohl ihn viele nach jahrelangen Verletzungssorgen schon abgeschrieben hatten. Zum Glück meldeten sich auch Robert Ljubicic, mit einer starken Leistung, Taxiarchis Fountas und Co. nach Corona-Erkrankungen wieder zurück. Spieler, die Rapid in den nächsten Wochen brauchen wird. In der Bundesliga stehen auswärts bei Sturm, bei WSG Tirol und daheim gegen Austria Klagenfurt drei Endspiele um den Einzug in die Meistergruppe an. Kommende Woche geht es zusätzlich im Rückspiel bei Vitesse um den Einzug ins Achtelfinale der Conference League.

Rapid entwickelt sich unter Feldhofer in eine positive Richtung, der nötige Feinschliff fehlt aber noch. Zu lange darf diese Entwicklung nicht mehr in Anspruch nehmen, will man die für diese Saison gesteckten Ziele nicht verpassen. Der Einzug unter die Top 6 sowie ein internationaler Startplatz zählen da defintiv dazu.

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