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Fokus: Bei Rapid wird mit Talenten Geld verdient

Gleichzeitig lässt man sich in Hütteldorf auch Einnahmen durch die Lappen gehen. Aber zumindest eine Chance bekommt - fast - jeder.

Fokus: Bei Rapid wird mit Talenten Geld verdient Foto: © GEPA

Oft ist es schlichtweg Auslegungssache.

So etwa auch bezüglich der Förderung hauseigener Talente beim SK Rapid Wien.

Mit den Millionen-Einnahmen für diverse Eigenbauspieler ließe sich genauso eine Erfolgsgeschichte erzählen, wie der ablösefreie Abgang anderer Eigengewächse Kritik zulässt.

Im Vergleich mit manch anderen Akademien hat man gar nicht mal so wenig Nationalspieler ausgebildet, aber genug für die Ansprüche des Rekordmeisters? Die Ausbildungswege der ÖFB-Teamspieler >>>

Die Personalie Yusuf Demir lässt sich Stand jetzt ohnehin bestens in verschiedene Richtungen diskutieren.

Und streng genommen könnte man auch darüber streiten, ob die in der Akademie St. Pölten ausgebildeten Leo Greiml und Martin Moormann hier überhaupt angeführt werden sollten - beide haben nach ihrem Wechsel nach Hütteldorf jedoch auch eine Handvoll U18-Spiele absolviert, und diese dienen in unserem Fokus als Ausgangspunkt des Vergleichs.

Eher keine Auslegungssache ist, dass den Rapid-Profis mit Attila Szalai eine potenzielle Verstärkung aus dem eigenen Nachwuchs durch die Lappen gegangen ist - auch der Ungar gehört zu folgenden Beobachtungen rund um den Output der Rapid-Akademie.


Wie ist der Output einer Akademie zu bemessen? Wir haben uns angesehen, wer von der Saison 2013/14 an, also in den letzten zehn Jahren, in den jeweiligen U18-Kadern gestanden ist. In die Tabelle aufgenommen wurden all jene Spieler, die danach zumindest ein Bundesliga-Spiel absolviert haben.

Diese Output-Analyse ist ein Teil unseres "Talente-Fokus", in dem wir die Chancen der in Österreichs Akademien ausgebildeten Talente beleuchten.

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MILLIONEN-EINNAHMEN:

Keine Frage, auch in Sachen Einnahmen für in der eigenen Akademie ausgebildete Talente spielt der FC Red Bull Salzburg in einer eigenen Liga. Im Prinzip stechen schon die 20 Millionen Euro Ablöse aus Leipzig für Nicolas Seiwald die Konkurrenz. Salzburg Akademie-Output >>>

Doch auch Rapid hat mit eigenen "Akademikern" gute Einnahmen generiert, wenn man unseren Vergleichszeitraum hernimmt. Konkret 19 Millionen Euro.

Diese verteilen sich auf die 7,5 Millionen von Ajax Amsterdam für Maximilian Wöber, die insgesamt 6,5 Millionen von Galatasaray (6 Millionen) und dem FC Barcelona (0,5 Millionen Leihgebühr) für Yusuf Demir, 4,7 Millionen von Sassuolo für Mert Müldür und 0,3 Millionen von Arminia Bielefeld für Benjamin Kanuric.

Diese Zahlen beziehen sich rein auf die Ablösen, gerade bei Wöber ist die Summe aufgrund seiner diversen Folge-Transfers inzwischen auf rund neun Millionen Euro gestiegen.

Rapid hat im vergangenen Jahrzehnt generell diverse Millionen-Transfers getätigt. Natürlich wurden in diesem Zeitraum auch Eigenbauspieler verkauft. Als Beispiel seien die 3,5 Millionen Euro des 1. FC Köln für Louis Schaub genannt – der 94er-Jahrgang war allerdings in unserem Bewertungszeitraum längst nicht mehr in der Akademie.

Name Jahrgang Buli-Spiele Gesamt Buli-Spiele Rapid A-Team
Manuel Thurnwald 1998 120/4 27/1
Dejan Ljubicic 1997 101/6 101/6 8/1 (AUT)
Maximilian Wöber 1998 97/6 16/0 16/0 (AUT)
Kelvin Arase 1999 76/10 76/10
Yusuf Demir 2003 43/8 43/8 4/0 (AUT)
Philipp Schmiedl 1997 43/1
Leo Greiml 2001 41/0 41/0
Niklas Hedl 2001 41/0 41/0 1/0 (AUT)
Martin Moorman 2001 38/0 38/0
Tamas Szanto 1996 35/5 35/5
Mert Müldür 1999 29/1 29/1 18/1 (TUR)
Lukas Sulzbacher 2000 28/1 2/0
Paul Gartler 1997 27/0 27/0
Leopold Querfeld 2003 26/1 26/1
Moritz Oswald 2002 20/0 20/0
Oliver Strunz 2000 18/4 18/4
Lion Schuster 2000 15/1 15/1
Nicolas Binder 2002 14/0 5/0
Milos Jovicic 1995 11/0
Alex Sobczyk 1997 8/0 2/0
Dalibor Velimirovic 2001 6/0 6/0
Melih Ibrahimoglu 2000 6/0 6/0
Patrick Obermüller 1999 5/0 1/0
Nikolas Sattlberger 2004 3/0 3/0
Benjamin Kanuric 2003 2/0 2/0
Marko Dijakovic 2002 2/0 2/0
Nicholas Wunsch 2000 2/0 2/0
Adrian Hajdari 2000 2/0 2/0
Aristot Tambwe-Kasengele 2004 1/0 1/0
Pascal Fallmann 2003 1/0 1/0
Paul Gobara 2000 1/0 1/0
Attila Szalai 1998 1/0 1/0 35/1 (HUN)

ABLÖSEFREIE VERLUSTE:

So schön die genannten Einnahmen für hauseigene Talente auch sind, mit Dejan Ljubicic (2021 zum 1. FC Köln) und Leo Greiml (2022 zu Schalke 04) zwei Eigenbauspieler ablösefrei in eine Top-Liga zu verlieren, ist wirtschaftlich nicht gut. Egal wie man es dreht und wendet.

Mit Kelvin Arase verabschiedete sich im Sommer 2022 ein weiterer länger gedienter Akteur nach Deutschland zum Karlsruher SC, ohne dass die Hütteldorfer eine Ablöse kassiert hätten.

Bei Leopold Querfeld ersparte man sich mit der rechtzeitigen Vertragsverlängerung im Februar ein ähnliches Schicksal.

Demir bleibt weiter ein grün-weißes "Was wäre wenn?"
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DIE DEMIR-FRAGE:

Kaum ein rot-weiß-rotes Talent wurde im vergangenen Jahrzehnt derart gehypt wie Yusuf Demir. In Sphären wie jene des FC Barcelona dringt ein ÖFB-Kicker allerdings auch eher selten vor.

Völlig wertfrei sei folgendes festgehalten: Der Offensivspieler wurde erst unlängst 20 - es ist also viel zu früh für ein endgültiges Urteil. Bei Galatasaray lief es bislang noch nicht nach Wunsch – trotzdem wäre es völlig falsch, ihn abzuschreiben. Diverse Alterskollegen beginnen erst langsam, sich in der Bundesliga durchzusetzen. Diese Teenager sind Stammspieler in der Bundesliga >>>

Die Antwort auf die Frage, wie man den Umgang von Rapid mit Demir final bewertet, steht daher ebenfalls noch aus.

Einnahmen von 6,5 Millionen Euro stehen auf der Haben-Seite. Der Vorwurf, ein Ausnahmetalent gebremst zu haben, steht von Demir-Kennern jedoch weiter im Raum. Zum absoluten Stammspieler geschweige denn Leistungsträger entwickelte man den viermaligen ÖFB-Teamspieler in Hütteldorf nie.

Welche Ablöse wohl drinnen gewesen wäre, wenn man sich das getraut hätte?

DIE AUSBILDUNG ZUM TEAMSPIELER:

Klammert man auch hier Salzburg aus, schneidet Rapid im Vergleich mit den Akademien der Bundesliga-Konkurrenz gut ab. Hier wurden die ÖFB-Teamspieler ausgebildet >>>

Maximilian Wöber, Dejan Ljubicic, Yusuf Demir und Niklas Hedl gingen den Weg zum ÖFB-Teamspieler. Dazu kommen Mert Müldür, der bislang 18 Mal für die Türkei auflief, und Attila Szalai, der 35 Mal für Ungarn spielte – zu ihm in Kürze mehr.

Im Vergleichszeitraum entwickelte etwa Lokalrivale Austria Wien mit Patrick Pentz nur einen Nationalspieler. Austrias Akademie-Output >>>

Querfeld ist aktuell eine der heißesten Rapid-Aktien
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DER AKTUELLE KADER:

Mit Niklas Hedl (neuer Vertrag bis 2027) und Leopold Querfeld (bis 2025) konnten zuletzt zwei Hoffnungsträger aus dem eigenen Haus gehalten werden.

Bei Zweiterem ist jedoch eine baldige Wiederaufnahme der Gespräche zu erwarten. Denn will man mit Querfeld Geld verdienen, müsste man den Innenverteidiger sonst im Sommer 2024 oder allerspätestens ein halbes Jahr später verkaufen.

Für die kommende Saison hat der 19-Jährige jedoch die Gelegenheit, sich neben Hedl weiter als eines der jungen Gesichter in Grün-Weiß zu etablieren.

Ersatz-Goalie Paul Gartler gehört zu den bereits eher routinierteren Akademie-Absolventen des letzten Jahrzehnts.

Mit Marko Dijakovic, Nikolas Sattlberger, Moritz Oswald und Oliver Strunz sind weitere Eigengewächse eingeladen, den nächsten Schritt zu gehen.

Rechtsverteidiger Pascal Fallmann, der im U21-Nationalteam regelmäßig zum Zug kommt, wird diesen zumindest vorerst nicht bei Rapid gehen, er entschloss sich zum leihweisen Tapetenwechsel beim SC Freiburg II. Angesichts der mitunter bieder wirkenden Konkurrenz auf seiner Position kann man sich schon fragen, warum ihm bisher erst elf Bundesliga-Minuten vergönnt waren – und die vor über einem Jahr im April 2022.

Gespannt sein darf man, wie sich das Top-Talent Jovan Zivkovic entwickelt. Der 17-jährige Stürmer gehört inzwischen offiziell dem Profi-Kader an - hier ein LAOLA1-Portrait des Juwels:

FAST ALLE HABEN IHRE CHANCE BEKOMMEN:

32 Kicker, die im Laufe der vergangenen zehn Jahre für die U18 von Rapid aktiv waren, haben es auf zumindest ein Bundesliga-Spiel gebracht. Lediglich zwei von ihnen schnupperten nie für Rapid Bundesliga-Luft.

Philipp Schmiedl schaffte es nach einem Zwischenschritt bei den Juniors OÖ in Altach ins Oberhaus. Der heutige GAK-Verteidiger Milos Jovicic spielte für die SV Ried in der Bundesliga – als 95er-Jahrgang ist er in unserer Serie allerdings ohnehin ein Sonderfall. Im Herbst 2013 gehörte er eigentlich bereits der zweiten Mannschaft Rapids an, kam jedoch ein Mal "unten" zum Einsatz.

Der eine oder andere Youngster arbeitet derzeit daran, weitere Bundesliga-Einsätze für Rapid folgen zu lassen. Andere wiederum haben es zumindest in Hütteldorf nicht geschafft, sich durchzusetzen – darunter auch einstige Hoffnungsträger wie Nicholas Wunsch oder Lion Schuster.

Szalai kam nur auf ein Bundesliga-Spiel für Rapid
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ATTILA SZALAI ALS VERPASSTE CHANCE:

Auch Szalai hat seine Chance bekommen. Am 11. Mai 2016 stellte ihn Trainer Zoran Barisic beim 1:1 gegen Altach im Happel-Stadion an der Seite von Mario Sonnleitner in die Innenverteidigung. Nach 77 Minuten musste er bei 0:1-Rückstand Tomi Correa Platz machen.

Damals war der Ungar 18 Jahre alt. In der Saison darauf lief er 23 Mal für die Regionalliga-Mannschaft der Hütteldorfer auf, ehe es ihn zu Mezökövesd in seine Heimat verschlug.

Inzwischen ist Szalai laut "transfermarkt" 14 Millionen Euro wert, 35-facher Nationalspieler und Stammspieler bei Fenerbahce.

Schon klar, Spieler entwickeln sich unterschiedlich schnell. Aber aus Rapid-Sicht ist es natürlich bedauerlich, dass man ihn zwar fünfeinhalb Jahre lang im eigenen Nachwuchs hatte, sein Potenzial jedoch nicht in Wien zur Entfaltung bringen konnte.

LEGIONÄRE IN DIVERSEN LEISTUNGSKLASSEN:

Rapid-Akademiker tauchten auch abseits der bereits genannten Vertreter Wöber, Demir, Ljubicic, Greiml, Müldür, Szalai und Kanuric im Ausland auf.

  • Philipp Schmiedl war zwischenzeitlich in Dänemark bei SönderjyskE und in Ungarn bei Mezökövesd aktiv.

  • Alex Sobczyk ist inzwischen ein weit gereister Legionär. Nach Stationen bei Spartak Trnava, Gornik Zabrze, Doxa Katokopias, Piast Gliwice heuerte er diesen Sommer in der Slowakei bei MFK Skalica an.

  • Marko Bozic hat eine gute Saison beim NK Maribor hinter sich. Die Slowenen verpflichteten ihn folgerichtig fix von Frosinone, wo er es auf ein Spiel in der Serie B gebracht hat.

  • Ahmed Ildiz zog es 2016 von Rapid II in die Türkei, wo er aktuell bei Alanyaspor unter Vertrag steht. Insgesamt zieren genau 100 Süper-Lig-Einsätze seinen Lebenslauf.

  • Auch Neo-Admiraner Albin Gashi absolvierte zwar bislang kein Bundesliga-Spiel, war dafür in der ersten albanischen Liga beim SK Kukesi und davor leihweise beim FC Den Bosch in den Niederlanden aktiv.

  • In die Niederlande zurückgekehrt ist aktuell wiederum Ex-Admiraner Melih Ibrahimoglu, der bei Heracles Almelo unter Vertrag steht.

  • Nach zwei Jahren im Nachwuchs des VfB Stuttgart ist in diesem Sommer Marvin Schuster nach Wien heimgekehrt, wo er via Vienna im Profi-Fußball Fuß fassen möchte.

  • Mit Lukas Fahrnberger wurde im Sommer 2020 ein Ex-Rapid-Nachwuchsspieler in den Profi-Kader von Eintracht Frankfurt aufgenommen. Ein Einsatz blieb ihm verwehrt, ein Jahr später trennten sich die Wege – seither ist er vereinslos.

DAS "ELFTE" JAHR:

Unser Beobachtungszeitraum startet nun mal mit der U18-Jugendliga der Saison 2012/13. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass damit ein gewisser Philipp Lienhart den Cut knapp verpasst hat.

2012/13 fanden sich mit Christian Schoissengeyr, Marko Maric, Osarenren Okungbowa, Armin Mujakic oder Kubilay Yilmaz jedoch auch weitere Akteure im U18-Aufgebot von Rapid, die es in den Profi-Fußball geschafft haben.

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