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Woran die Black Wings Linz scheiterten

Schlechtes Legionärs-Händchen und ein abgehobener Ex-Coach: Arbeitsintensiver Sommer in Linz.

Woran die Black Wings Linz scheiterten

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Nach Overtime in Spiel sechs des EBEL-Viertelfinales gegen die Graz99ers war Schluss: Für die Black Wings Linz ging eine äußerst harzige Saison zu Ende.

Mit dem "teuersten Kader aller Zeiten" - so die eigene Ansage - ins Jahr gestartet, wurde das schlechteste Abschneiden aller Zeiten hingenommen. Noch nie zuvor verpassten die Stahlstädter die Pick-Round, seit sie in dieser Form existiert.

Coach Troy Ward war während der Saison Geschichte.

LAOLA1-Experte Bernd Freimüller wirft einen Blick auf die Fehler der Saison un wie es in nächster Zukunft weitergeht:

Testspiele sind Testspiele, sie verlocken oft zu Voraussagen, die dann nicht eintreffen. Aber mein dumpfes Gefühl nach dem letzten Linzer Test vor EBEL-Start traf diesmal zu: Beim 2:4 in Augsburg – viel zu knapp ausgefallen – waren die Black Wings körperlich und eisläuferisch derart unterlegen, dass schon das Zusehen wehtat.

Diese Mängel setzten sich dann nahtlos in der EBEL fort, vor allem vor eigenem Publikum erinnerte das Team fast nie an die Vorsaisonen, als man selbst an schlechten Tagen den Gegner in langen Druckphasen festschnüren konnte. Schwerfällig und ohne Spritzigkeit, das Tempo meist vom Gegner diktiert, die Torausbeute ging stark nach unten, ohne dass die Defensive wesentlich stärker geworden wäre – es haperte an allen Ecken und Enden.

Die Black Wings gefielen mir eigentlich in den Playoffs noch am besten, wo sie mit den Grazern wenigstens kämpferisch mithalten konnten und nur knapp zwei Minuten von einem Spiel sieben entfernt waren. Dieser halbwegs versöhnliche Saisonabschluss wird wohl ein Scherbengericht verhindern – auch gut so, aber um eine kritische Aufarbeitung kommt man nicht herum.

 

Die Hauptprobleme:

Der veränderte Österreicher-Stamm: Es war schon ironisch, dass man ausgerechnet auf Graz traf, das sich in den letzten Jahren mit Daniel Oberkofler, Kevin Moderer und Erik Kirchschläger auf Kosten von Linz verstärkte. Alle drei trugen auf ihre Art zum Weiterkommen bei – drei gute einheimische Kräfte (und bessere Legionäre) können in einer engen Liga wie der EBEL schon das Kräfteverhältnis um den Top-sechs-Strich herum umdrehen. Sicher mussten Philipp und Robert Lukas einmal in die Pension entlassen werden, dass das gerade in einem Sommer des Umbruchs passierte, war Künstlerpech. Dann aber auch noch Patrick Spannring vom Hof zu jagen, war neben der verschlafenen Kirchschläger-Verlängerung ein Riesenfehler. Die stattdessen geholten Valentin Leiler, Marco Brucker und Daniel Woger waren nie Faktoren, immerhin entwickelte sich der weithin unbekannte Moritz Matzka zu einer Alternative in der Defensive.

Spannring und Moderer sind (oft auch dreckige) Energie-Spieler, an solchen fehlte es heuer fast völlig. Über die Jahre wurde der Österreicher-Stamm in Linz sicher schwächer, etwas, was nur schwer wieder umzudrehen ist, noch dazu bei einer stark verbesserungswürdigen Nachwuchsarbeit. Immerhin sieht es danach aus, dass die Linzer am Österreicher-Sektor zumindest einen Nullpunkte-Center an Land ziehen können.

Speed-Manko: Coach Troy Ward hatte es richtig ausgemacht – das Team war schon bei seiner Amts-Übernahme langsam. Von Korrektur aber keine Spur, es wurde eher noch schlechter. Die von ihm geholten Troy Rutkowski, Bracken Kearns und Dragan Umicevic drückten den Teamspeed nochmals nach unten, Dan DaSilva wird halt über die Jahre auch nicht mehr schneller. Alles auf Verletzungen zu schieben, wäre auch gefährlich – zugegeben, Umicevic pfiff in den Playoffs sichtbar vom letzten Loch, agierte aber die ganze Saison energielos, Bracken Kearns überzeugte auch nur in der Vorbereitung. Mit Kevin Kapstad und Aaron Brocklehurst holte man unstrittig gute Skater, Kapstad agierte aber wie in Klagenfurt erratisch, Brocklehurst ist eher ein gut skatender Ergänzungs-Defender ohne physische Komponente denn ein Leader.

"Sluggish" ist ein Scouting-Begriff, das für viele Linzer zutraf, als Team agierten die Black Wings ohne Spritzigkeit und Speed.

Troy Ward: Er machte für mich von Beginn an den Eindruck, dass der Job irgendwie unter seiner Würde war. Egal ob Presse, Spieler oder Coaching Staff – viel Freunde hinterließ er nicht, seine Vita gab aber eine solche abgehobene Stellung gar nicht her. So machte er sich neben einer viel kritisierten Trainingsgestaltung noch angreifbarer als ohnehin, doch als der alleinige Sündenbock eignet er sich auch nicht. Denn sollte er alle Entscheidungen (nicht nur personelle) wirklich im Alleingang durchgedrückt haben, muss sich auch Manager Christian Perthaler in Frage stellen - zumindest als Korrektiv hätte er dann energischer und früher auf den Plan treten müssen.

Die vordringliche Frage für Perthaler, Präsident Peter Freunschlag und den nicht zu unterschätzenden Vize Karl Egger: Soll Wards Nachfolger Tom Rowe bleiben oder nicht? Was für ihn spricht: Er trat wesentlich verbindlicher auf als sein Vorgänger, überzeugte mit politischer Korrektheit (holte Jugendspieler zum Training und auf den Spielbericht) und holte die Medien in sein Boot. Trotz vieler Verletzungen, die vor allem die Abwehr kaum konkurrenzfähig machte, trat das Team gegen Graz wieder als Einheit auf. Und wäre ein dritter Coach innerhalb eines Jahres – der vom Profil wohl wieder in die gleiche Kerbe hauen würde – nicht zu viel?

Was gegen Rowe spricht: Von einem Trainereffekt war keine Spur, erst verpasste er die Top-sechs, die Qualifikation für die Playoffs verdankte man eher der Schwäche der Konkurrenz und dem verkürzten Teilnehmerfeld. Er war mehr ein Verwalter denn ein Veränderer.

 

Was neben der Trainerfrage ansteht:

Den Österreicher-Stamm wieder zu stärken: Neben Matzka etablierte sich auch Gerd Kragl (wenig überraschend) als brauchbarer EBEL-Defender, Stefan Gaffal wurde vom Junioren-Scorer durch bessere Physis zum Penaltykilling-Experten. Andreas Kristler ist im Vollbesitz seiner Kräfte ohnehin ein starker EBEL-Spieler. Ich halte David Kickert für den besten der jüngeren österreichischen Goalies, die Qualität seines Pendants und Michael-Ouzas-Nachfolgers wird aber von der Beantwortung dieser Frage abhängen: Ist Kickert der Goalie, der wie in Graz ein Spiel alleine stehlen kann oder der wie im Spiel danach zwei vermeidbare Weitschusstore kassiert? Ist er ein Einser oder ein 1B-Goalie? Daniel Woger (leider nicht mit seiner ersten Gehirnerschütterung), Marco Brucker und der nächste Saison wieder gesunde Mario Altmann (wurde fit nie so hoch geschätzt wie als Verletzter) sind in den richtigen Rollen in Ordnung, Brian Lebler wird sich auch wieder erfangen. Aber dem rot-weiß-roten Kern fehlt es weiter an Speed und/oder Grit. In diesem Bereich liegt man weiter hinter KAC, Salzburg oder Wien, wodurch Fehlgriffe am Ausländer-Markt nicht aufgefangen werden können. Eine Rückkehr von Lukas Haudum, die schon im letzten Sommer zur Debatte stand, wäre jedenfalls ein Lotto-Sechser.

Neue Legionäre: Legionäre sind eigentlich einfach auszutauschen, der richtige Riecher und etwas Glück etwa sorgte schon in Graz für den Turnaround vom Tabellenletzten zum Halbfinalisten. Linz war vor allem in der Ära von Rob Daum für ein meist gutes Händchen bekannt, wenn auch meist nach einem ähnlichen Profil: Nordamerikaner, eher routiniert, oft liga-intern oder mit Europa-Erfahrung.

Aber im letzten Sommer ging so gut wie alles schief – ich würde Jordan Hickmott, Kearns, Umicevic, Kapstad und Rutkowski mehr oder minder als Flops, Brocklehurst als Durchschnitt bezeichnen. Von den Nachkäufen half Michael Davies weit mehr als der vor seiner Verletzung auch schon schwerfällige Mathieu Carle. Auch von der Altbesatzung um Jonathan D'Aversa, Dan DaSilva und Corey Locke spielte eigentlich nur Rick Schofield eine konstant gute Saison, wenngleich DaSilva natürlich immer scoren kann.  

Dass man die Mannschaft im letzten Sommer als die teuerste aller Zeiten bezeichnete, ist das eine – warum setzte man selbst sich durch diese Ankündigung unter Druck? Doch viel problematischer: Kapstad, Brocklehurst, Locke und Umicevic stehen noch für ein Jahr unter Vertrag. Langjährige Verträge für Legionäre sind in Europa eher eine Seltenheit, für Neuzugänge noch viel mehr – wie konnte das gleich vier Mal passieren? Kapstad etwa war in Klagenfurt schon auf der Kippe, Brocklehurst in Wien weit hinter Jamie Fraser und Ryan McKiernan angesiedelt, Umicevic beim DEL-Nachzügler Krefeld ein in seiner ganzen Karriere wechselhafter Performer. Ich kann mir nicht erklären, was sie für Zweijahres-Vertrage qualifizierte und das nicht nur mit der Gnade des Zurückblickens.

Wie ist der Linzer Legionärs-Kader bezüglich der Verträge also vorzugehen? Ich würde eine Liste vorschlagen, die vom wichtigsten bis zum unwichtigsten Spieler reicht, egal ob noch unter Vertrag oder nicht. Stehen die langfristig gebundenen weit oben, können sie bleiben, sind sie weit unten zu finden, muss eine Vertragsauflösung zumindest angestrebt werden. Das geht natürlich nicht kostenneutral, aber sollten alle vier bei Trainingsauftakt wieder auf der Tacke stehen, hätte ich kein gutes Gefühl.

Ein weiteres Problem bei der Legionärs- (und auch Trainer-Suche): Linz hat in der Branche den Ruf, nicht die ganze Breite des Agentenmarkts auszuschöpfen. Das sollte ebenso geändert werden wie das oft etwas enge Anforderungsprofil. Präsident Freunschlag kündigte schon an, das Scouting etwas zu verändern – ich würde aber nicht empfehlen, etwa Assistant Coaches in die Meinungsbildung einzubinden. Woher sollen diese den Markt kennen? Das führt nur dazu, dass die Schuldfrage bei Misserfolg mehr Personen gestellt werden kann.

 

Über lange Jahre war Linz aufgrund von sportlichen Erfolgen und einer fast immer vollen Halle ein vorbildlicher EBEL-Verein. In den letzten drei Jahren ging es erst graduell nach unten, ehe heuer ein rapider Abfall erfolgte. Kein Grund zu Überreaktionen, aber doch zu Kurskorrekturen. Ein guter Sommer und es geht an der Donaulände wieder nach oben, doch keinem anderen Team steht ein derart arbeitsreicher und interessanter Sommer bevor wie den Black Wings...

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