So schnell kann sich das Blatt wenden.
Nicht wenige befürchteten nach dem Rücktritt von Dominic Thiem im vergangenen Jahr, dass das österreichische Tennis nun in die sportliche Bedeutungslosigkeit versinken könnte.
Weder bei den Männern noch bei den Frauen gab es einen Top-100-Spieler.
Gestandene Spieler wie Sebastian Ofner oder Julia Grabher kämpften mit Verletzungen.
ÖTV-Hoffnungsträger Joel Schwärzler musste schmerzhaft anerkennen, dass der Weg in die Spitze leider nur in den seltensten Fällen kontinuierlich nach oben führt.
Einige Lichtstreifen am Horizont
Ein paar Monate später sieht die Lage nun schon wieder deutlich freundlicher aus. Erste Hoffnungsschimmer zeichnen sich ab.
Top-100-Athleten haben wir zwar immer noch keinen, Ofner und Grabher scheinen angesichts ihrer aktuellen Leistungskurven aber auf dem besten Weg dorthin zu sein.
Ofner kehrte im Frühjahr nach einer halbjährigen Verletzungspause nach einer Operation an beiden Füßen wieder auf die ATP-Tour zurück und schloss beinahe nahtlos an seine davor gezeigten Leistungen an.
Kurz vor den French Open erreichte er beim ATP-250-Turnier in Genf sogar das Halbfinale. In Roland Garros brachte er mit Karen Khachanov einen gesetzten Spieler an den Rand einer Niederlage.
Grabher, die sich nach einer Handgelenksoperation im vergangenen Jahren mühsam wieder zurück kämpfte, gewann 28 von ihren letzten 31 Matches und steht kurz vor ihrer Rückkehr in die Top 150.
Zur Erinnerung: Kurz vor ihrer folgenschweren Verletzung stand der Bresnik-Schützling bereits vor dem Sprung in die Top 50.
Zudem kündigen sich auch einige Neuzugänge an. Allen voran Filip Misolic, der an seine schon vor Paris gezeigten Leistungen anschloss und bei den French Open den bislang größten Erfolg seiner Karriere einfahren konnte.
Starke Misolic-Vorstellung in Roland Garros
Nach vollbrachter Qualifikation spielte er sich mit starken Siegen über den Chinesen Bu und vor allem den ehemaligen Top-10-Mann Denis Shapovalov in die dritte Runde, wo ihn ein erinnerungswürdiges Duell gegen Superstar Novak Djokovic in der ausverkauften Night Session am Court Chatrier erwarten sollte.
Ein Satzgewinn blieb ihm dort zwar verwehrt, phasenweise agierte der junge Steirer aber ebenbürtig gegen den 24-fachen Grand-Slam-Gewinner.
Auch dieser Auftritt machte Lust auf künftige Auftritte des 23-jährigen Grazers.
Neumayer-Entwicklung stimmt positiv
Neben Misolic stimmt auch die Entwicklung von Lukas Neumayer positiv. Der 22-jährige Salzburger wird immer konstanter in seinen Leistungen und spielte sich im Frühjahr erstmals in Top 200 der Welt.
Setzt der Bresnik-Schützling seinen engagierten Weg fort, sollten auch für ihn die Top 100 machbar sein. Die großen "Waffen" hat Neumayer in seinem Spiel zwar nicht vorzuweisen, es wäre aber nicht das erste Mal in der Geschichte des Sports, dass Wille und Einsatz über Talent obsiegen.
Und natürlich ist es auch noch viel zu früh, um Joel Schwärzler abzuschreiben. Der ehemalige Junioren-Weltranglisten-Erste ist schließlich erst 19 Jahre alt. Dass er mehr drauf hat, als seinen aktuellen 486. Platz im ATP-Ranking, weiß der junge Vorarlberger, der mittlerweile in Spanien trainiert, selbst.
ÖTV-Junioren sind vorne mit dabei
Noch mehr Reifezeit haben Thilo Behrmann und Lilli Tagger. Die beiden ÖTV-Junioren beweisen in diesen Tagen in Roland Garros erneut, dass auch sie das Potenzial für höhere Weihen haben.
Die 17-jährige Tagger folgte dem alten Spruch, dass sich ein Tennis-Spieler nicht nach der Auslosung richten sollte, sondern sich die Auslosung an einem selbst.
Da die Tirolerin schon vermehrt auf der Erwachsenen-Tour unterwegs war, bekam sie es in Paris als ungesetzte Spielerin gleich mit der Nummer drei der Setzliste zu tun.
Trotzdem steht Tagger nach bereits drei Siegen ohne Satzverlust bereits im Viertelfinale (Bericht>>>), womit sie ihr Ergebnis von den Australian Open einstellte.
Behrmann ebenfalls gegen Gesetzten erfolgreich
Richtig stark agierte auch Behrmann, der schon im Vorfeld der French Open mit seinen Final-Einzügen bei den J500-Turnieren in Villach und St. Pölten für Schlagzeilen sorgte.
Der Wahlburgenländer, der in Oberpullendorf bei Wolfgang Thiem trainiert, eliminierte zum Auftakt die Nummer 12 der Setzliste und zwang danach auch US-Boy Jack Satterfield (ITF 34) in die Knie. Erst im Achtelfinale war dann gegen die Nummer 7 der Setzliste Endstation (Bericht>>>).
Wir sehen also: Es tut sich etwas im heimischen Tennis. Schließlich gibt es auch noch abseits dieser Spieler einige spannende Namen wie Jurij Rodionov, Sandro Kopp, Neil Oberleitner, Sebastian Sorger oder bei den Frauen Sinja Kraus, Tamara Kostic, Anna Pircher, Lea Haider-Maurer und einige mehr.
Ich blicke der rot-weiß-roten Tennis-Zukunft auf jeden Fall mit Zuversicht entgegen.