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Windtner: "Gibt keine Tabuzonen unter Franco Foda"

ÖFB-Boss schwärmt vom Teamchef. Schöttel atmosphärisch ein Plus-Punkt.

Windtner: Foto: © GEPA

So schnell kann sich der Wind drehen.

Durch den sportlichen Erfolg in den ersten drei Spielen unter Franco Foda wird der ÖFB wieder positiv besprochen. Vergessen ist vielerorts die verheerende Außendarstellung, die der Fußballbund im vergangenen Herbst rund um die Ablöse von Marcel Koller und Sportdirektor Willi Ruttensteiner abgegeben hat.

Nach dem 4:0-Erfolg in Luxemburg gerät ÖFB-Präsident Leo Windtner geradezu ins Schwärmen, wenn es um die Arbeitsweise seines neuen Teamchefs geht und nennt einen Punkt, bei dem er es gar nicht für möglich gehalten hätte, dass man Marcel Koller noch übertreffen kann.

Zudem spricht der Oberösterreicher über die atmosphärischen Plus-Punkte, die Neo-Sportdirektor Peter Schöttel im ÖFB einbringt und das aus seiner Sicht reinigende Gewitter im vergangenen Herbst.



Frage: Drei Spiele, drei Siege unter Franco Foda. Inwiefern sieht sich die ÖFB-Spitze im derzeitigen Kurs bestärkt?

Leo Windtner: Es war wirklich ein toller Start in das neue Länderspiel-Jahr, der aber keinerlei Anlass gibt, um abzuheben. Es waren solide Leistungen vom gesamten Team, und es war für mich beeindruckend, dass mit Ausnahme von Markus Kuster die gesamte Spieler-Palette zum Einsatz gekommen ist. Jeder der eingesetzten Spieler hat das Niveau "länderspieltauglich" bestätigt.

Ich hätte nie geglaubt, dass der Level von Marcel Koller, was Betreuung und Beobachtung der Team-Kandidaten betrifft, übertroffen werden kann. Das ist aber eindeutig geschehen.

Leo Windtner

Frage: Was zeichnet die Arbeit von Foda aus Ihrer Sicht besonders aus?

Windtner: Natürlich bestätigen primär Resultate die Arbeit. Was jedoch schon im Vorfeld von Foda und seinen Assistenten Thomas Kristl und Imre Szabics, die ich besonders erwähnen möchte, geleistet wurde, war mehr als respektabel. Ich hätte nie geglaubt, dass der Level von Marcel Koller, was Betreuung und Beobachtung der Team-Kandidaten betrifft, übertroffen werden kann. Das ist aber eindeutig geschehen. Foda setzt seine beiden Assistenten exzellent ein, hier sind Harmonie und Kooperation feststellbar, wie wir sie bisher selten hatten.

Frage: Wodurch ist der Führungsstil des Teamchefs geprägt?

Windtner: Franco Foda spricht die Dinge klar an. Für jeden Teamkandidaten ist erkennbar, was er von ihm will. Es gibt auch keine Tabuzonen, sondern die Dinge werden ganz offen ausgetragen. Daher hat jeder Spieler die persönliche Orientierung, worum es für ihn im Team geht. Dass Franco Foda zudem in der Kommunikation nach innen und nach außen einen Schritt nach vorne getan hat, ist allgemein erkennbar.

Frage: Was macht er bezüglich interner und externer Kommunikation anders als Koller?

Windtner: Ich glaube, man kann im Umgang mit Schlüsselspielern sehen, natürlich im Besonderen mit David Alaba, dass Franco klar zu erkennen gibt, was er will und wo er die Akzente setzt. Hier gibt es nichts Verborgenes und keinerlei Geheimnis, sondern er packt die Dinge an, spricht sie an und erklärt sie auch plausibel. Er hat eine sehr geradlinige Art.

"Man spürt wirklich, dass ein neuer Team-Spirit entstanden ist – nicht unter dem Aspekt der früheren Wohlfühloase, wo viele Spieler mental beeinträchtigt und mit Problemen beim Klub eingerückt sind und das beim Team wieder restauriert haben."

Leo Windtner

Frage: Wie sind die Rückmeldungen der Spieler?

Windtner: Man spürt wirklich, dass ein neuer Team-Spirit entstanden ist – nicht unter dem Aspekt der früheren Wohlfühloase, wo viele Spieler mental beeinträchtigt und mit Problemen beim Klub eingerückt sind und das beim Team wieder restauriert haben. Es ist gelungen, diesen teilweisen Generationswechsel ausgezeichnet zu nutzen, um einen neuen Spirit zu kreieren, der klar davon gekennzeichnet ist, dass jeder Kaderspieler bei seinem Klub permanent im Einsatz und wirklich voll gefordert ist. Die Spieler, speziell auch die Jüngeren um Xaver Schlager, kommen und wollen unbedingt etwas erreichen, aber nicht für das Ego. Sie wollen ihre Power auf das Nationalteam übertragen. Das ergibt in Summe eine kollektive Stärke, die wir in diesen beiden Spielen erkennen konnten, wiewohl wir es nicht überbewerten dürfen. Wir wissen, dass die Stärke der Gegner zu relativieren ist. Dennoch: Man muss erst einmal zwei Partien mit in Summe 7:0 abschließen.

Frage: Marko Arnautovic ist inzwischen längst in eine Führungsrolle geschlüpft. Sie kennen Ihn schon lange. Wie beurteilen Sie seine Entwicklung?

Windtner: Bei der Entwicklung von Marko Arnautovic ist ganz klar die Arbeit von Marcel Koller zu erwähnen. Aber wir alle können erkennen, dass Marko gerade noch einmal einen gewaltigen Schritt nach vorne getan hat. Er ist vorbildlich im mannschaftsdienlichen Auftreten, im Einsatz, in der Übernahme von Verantwortung in Defensive wie Offensive. Natürlich hat er auch die nötige Qualität. In Luxemburg war beispielsweise seine Vorarbeit zum Tor von Michael Gregoritsch mustergültig. Diese Klasse hilft uns sicherlich auch gegen stärkere Gegner.

Frage: Der ÖFB hat für den nächsten Lehrgang ein beeindruckendes Programm zusammengestellt. Wie schätzen Sie die Chance ein, gegen Russland, Deutschland und Brasilien reüssieren zu können?

Windtner: Das wird sicherlich sehr schwer. Russland hat jetzt zwar zwei Niederlagen hinter sich, wird aber natürlich alles unternehmen, um sich für die Heim-WM doch noch so aufzustellen, um das Land respektabel zu vertreten. Man braucht nicht zu diskutieren, dass Deutschland für uns immer eine kaum überwindbare Hürde ist. Diesmal läuft das Spiel jedoch unter anderen Aspekten ab, wir können relativ befreit hineingehen und unsere Stärken ausspielen. Es wird eine hochinteressante Partie. Brasilien ist als WM-Mitfavorit sowieso eine gewaltige Kategorie für uns. Da muss alles passen, um gut mithalten zu können. Für die Fans werden das Leckerbissen. Angesichts solcher Gegner jauchzt das Herz eines jeden Anhängers. Kaum eine Nation kann in dieser Abfolge solche Highlights bieten. Österreich konnte das bisher noch nie.

"Natürlich ist Peter Schöttel vom Zuschnitt her komplett anders als sein Vorgänger. Er nimmt die Dinge gelassener und fügt sich vor allem auch im Nationalteam und bei den Junioren-Nationalteams unaufgeregt ein. Er ist atmosphärisch auf jeden Fall ein Plus-Punkt."

Leo Windtner

Frage: Foda ist nicht die einzige im Herbst neu installierte Personalie. Wie bewerten Sie die bisherige Herangehensweise des neuen Sportdirektors Peter Schöttel?

Windtner: Natürlich ist Peter Schöttel vom Zuschnitt her komplett anders als sein Vorgänger (Willi Ruttensteiner, Anm.d.Red.). Schöttel nimmt die Dinge gelassener und fügt sich vor allem auch im Nationalteam und bei den Junioren-Nationalteams unaufgeregt ein. Er ist atmosphärisch auf jeden Fall ein Plus-Punkt. Er ist nicht mehr Chef des Teamchefs und das lebt er sehr praxisnahe und zielorientiert vor. Es gilt für alle Nationalteams da zu sein.

Frage: Das heißt, die Strukturänderung, dass der Sportdirektor nicht mehr der Vorgesetzte des Teamchefs ist, erfüllt ihren Zweck?

Windtner: Ich glaube, das ist nicht einmal spürbar, weil Franco Foda ganz klar den Lead übernimmt, seine Assistenten mündige Kooperatoren sind und der Sportdirektor hier nicht als Supervisor und Überchef agiert, sondern zwischen allen Nationalteams die vermittelnde, kommunikative, aber auch unterstützende Rolle erfüllt.

Frage: Manche Akzente hat Schöttel schon gesetzt, etwa die Neubesetzung in der Leitung der Trainerausbildung. Welche Themen gilt es als nächstes anzugehen?

Windtner: Es gibt natürlich einige, teilweise auch gar nicht so leichte Themen zu erledigen. Ganz aktuell steht die Kandidaten-Auswahl für die Trainer-Lizenz auf der Agenda der Sportkommission, bei der großes Gedränge herrscht. Hier muss der Sportdirektor mit seinen Vorschlägen einerseits diplomatisch, andererseits aber auch objektiv und sachorientiert vorgehen.

"Die Zusammenarbeit wird von einer neuen Vertrauensbasis geprägt. Die ist wirklich da. Durch die Bank und ohne Ausnahme. Man kann sagen, es war schon ein gewaltiges Gewitter, aber es hat einiges an reinigender Wirkung gebracht."

Leo Windtner

Frage: Nach den Troubles im Herbst ist im ÖFB wieder mehr Ruhe eingekehrt. Hier hilft wohl auch der sportliche Erfolg des A-Teams. Hat es in der Aufarbeitung des Herbstes Konsequenzen gegeben? Ist eine Strukturänderung in Sachen Präsidium angedacht? Solch eine Außendarstellung wird tendenziell nicht noch einmal passieren dürfen…

Windtner: Darüber sind sich im ÖFB alle einig. Wir haben das Thema wirklich abgehakt, aber nicht weil wir es beiseitegeschoben haben, sondern wir haben es sehr wohl aufgearbeitet. Wir haben strukturell einiges verändert, gerade in der Öffentlichkeitsarbeit gibt es personell die eine oder andere Innovation. Wir arbeiten mit Support der UEFA auch strukturell. Nachdem wir einige Workshops mit UEFA-Experten hatten, nehmen wir jetzt die Landespräsidenten mit ins Boot. Letzte Woche haben wir uns mit den östlichen Landesverbänden zusammengesetzt, diese Woche steigt in Salzburg die nächste Runde mit den westlichen. Wir wollen diese Themen konstruktiv aufarbeiten, und hier ist sehr deutlich ein Schulterschluss erkennbar. Natürlich ist es auch erfreulich für das ganze Präsidium, das sich einstimmig hinter die Nominierung von Franco Foda gestellt hat, offensichtlich in dieser Entscheidung bestätigt zu werden.

Frage: Sind dennoch Änderungen im Wahlprozedere angedacht, zum Beispiel dass nicht mehr alle Landespräsidenten mitstimmen? Oder wird es so bleiben, wie es war?

Windtner: Ich glaube, man wird die grundsätzliche föderale Struktur nicht wegspülen können. Sie hat auch große Vorteile, weil in den Ländern auch gewaltig viel geschieht. Beispielsweise bei den Themen Frauen-Fußball oder LAZ brauchen wir die Landesverbände. Das Wesentliche ist, dass die Zusammenarbeit von einer neuen Vertrauensbasis geprägt wird. Die ist wirklich da. Durch die Bank und ohne Ausnahme. Man kann sagen, es war schon ein gewaltiges Gewitter, aber es hat einiges an reinigender Wirkung gebracht.

Frage: Der Herbst war also ein heilsamer Schock?

Windtner: Das kann man durchaus sagen. Für alle.

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