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Freimüllers ICE-Check: Dornbirner EC

Wo liegen die Stärken und Schwächen? Was ist zu erwarten? Der Liga-Check:

Freimüllers ICE-Check: Dornbirner EC Foto: © GEPA

Am Freitag, den 17. September, startet die ICE Hockey League in eine neue Ära.

Nach der Liga-Aufstockung gehen nun 14 Teams in der überregionalen Liga auf Puck- und Punkte-Jagd. LAOLA1-Scout Bernd Freimüller nimmt alle Teams unter die Lupe. Heute im Check: Der Dornbirner EC.

Was hat sich bei den Bulldogs nach einem Aderlass getan? Wo liegen die Stärken und Schwächen? Und was darf man von den Vorarlbergern erwarten? Die Antworten:

Das war im Sommer los

Man erinnert sich an die Forderung von Kai Suikkanen anlässlich seiner Vertragsverlängerung vor mehr als einem Jahr: "Die Mannschaft muss in Zukunft im Mai stehen." Mai! In Dornbirn! Was haben wir gelacht! Konsequenterweise wurde es auch heuer Ende August, bis der Kader endlich festgezurrt war. Die ersten Vorbereitungsspiele mussten wieder mit einem verkürzten Lineup und einigen AlpsHL-Leihgaben bestritten werden.

Business as usual also in Dornbirn, doch das war bisher noch selten ein Indikator dafür, ob am Ende der Spielzeit ein Playoff-Einzug oder ein jämmerliches Abschneiden das Resultat war.

Allerdings: Mit Emil Romig, Thomas Höneckl, Daniel Woger, Ramon Schnetzer und Maxi Egger gingen früh einige Österreicher flöten, für einen kleinen Markt wie Dornbirn ist so etwas letal. Stabilen ICE-Standard bieten von den Einheimischen nur mehr Stefan Häussle, Kevin Macierzynski und Simeon Schwinger an.

Die Verpflichtung von gleich zwei österreichischen Torhütern (David Madlener, Lukas Herzog) bewirkte, dass die Maximalanzahl von Legionären  - wird in Dornbirn immer voll ausgeschöpft - für Skater verwendet werden kann. Doch ein Vier-Linien-Spiel wird nur möglich sein, wenn Spieler wie Philipp Pöschmann (schon lange dabei), Marcel Zitz und Marlon Tschofen ICE-Niveau aufrufen können.

Stärken und Schwächen des Kaders

Das Engagement von zwei einheimischen Goalies sorgt für Sympathie-Punkte, aber kann das Duo Dornbirn auch Spiele stehlen, vor allem über einen längeren Zeitpunkt? Madlener wird sicher als Nr. 1 in die Saison gehen, im Gegensatz zu Klagenfurt werden seine Einsätze mehr als nur punktuell erfolgen. Immer ein Mann für den ersten Save, Recoveries waren nie das seine. Herzog lag eine Saison nach einer Hüft-Operation flach, agierte zuvor auch sehr erratisch. Kann er mehr als nur ein ligatauglicher Backup sein?

Neben fünf Legionären kam Moritz Matzka aus Linz (dort immer Nr. 7), Tyler Cumas Engagement riecht nach Verzweiflung. Von den letzten drei Jahren war er zwei untätig, eine Melange aus Fehlern und Verletzungen kennzeichneten sein Werk zuvor und dazwischen.

Von den Import-Verteidigern sollten Nick Ross und der hochbeworbene Teemu Suhonen im PP gesetzt sein, aber auch Davis Vandane und Ari Gröndahl verfügen über gewisse Offensivfähigkeiten. Die Top-4-Defender sollten bei allen defensiven Schwächen (Ross!) mehr als genug Spiel mit der Scheibe anbieten können, was für ein finanziell limitiertes Team wie Dornbirn nicht alltäglich ist.

Von den Legionären des Vorjahres blieb nur Nikita Jevpalovs, der neben einigen leblosen Spielen sein Talent immer wieder durchschimmern ließ. Die großen offensiven Hoffnungsträger sollten aber Center Vladimir Ruzicka und vielleicht Colton Beck sein. Beck wurde mir von einem seiner früheren Coaches als solider Zwei-Weg-Spieler beschrieben, der in der AHL auf der Kante zwischen einer Scoring- und Checking-Line saß. Solche Cracks erleben in Europa mitunter einen offensiven Ausbruch, darauf wetten würde ich aber nicht.

Jesse Saarinen war in jüngeren Jahren in der finnischen Liiga auch immer ein auffällig giftiger Spieler mit guten Beinen, aber sind die mit 36 Jahren immer noch kommod? Kevin Hancock  - der notwendige Zwei-Punkte-Legionär - hat im US-Profi-Eishockey noch keine großen Spuren hinterlassen. Mit Pavel Padakin kommt so etwas wie ein vierblättriges Kleeblatt in unsere Liga, Russen (bzw. Ukrainer) sind hier nämlich sehr selten.

Während die Defensive einigermaßen voraussagbar ist, traue ich mir bei Saarinen, Hancock und Padakin überhaupt keine Vorhersage zu. Aber für mich sieht die Bulldogs-Stürmerriege doch sehr nach Hoffen und Daumendrücken aus. Im Gegensatz zu den letzten Jahren gab es auch keinen ligainternen Legionärszugang. So Abgänge wie Matt MacKenzie, Andrew Yogan und Anthony Luciani müssen einmal ersetzten werden, bevor an ein Upgrade überhaupt zu denken ist. Es kann ruck-zuck gehen und (zumindest) das 2. PP-Unit ist wieder mit inadäquatem Personal besetzt, was Suikkanen schon in der letzten Saison zurecht beanstandete.

Interessante Personalien

Ich kenne Vladimir Ruzicka schon seit seinen Jugendtagen. Seine Reputation in Tschechien ist nicht unbedingt die beste. Einerseits unverschuldet (sein Vater nahm ihn lange auf alle Coachingstationen mit), andrerseits war er nie gerade von großem Arbeitseifer beseelt. Je weniger Gegenspieler ihm nahekommen, desto besser ist er – mit anderen Worten: Viele seiner Punkte entstammen Powerplays, wo er als Passgeber fungiert. Ich traue ihm auch in der ICE gute Scorerzahlen zu, als Leadertyp sehe ich ihn nicht unbedingt, außer wenn ihn seine erste Station außerhalb seiner Heimat neu motiviert.

Teemu Suhonens Scouting-Report liest sich gekürzt so: "Offensiv hui, defensiv pfui." Ein mobiler Skater, im Powerplay sowohl Passgeber als auch Schütze. Bei 1-1-Duellen aber meist zweiter Sieger. Solche Cracks tun sich in unserer Liga meist leichter als anderswo, er braucht aber sicher Unterstützung durch einen defensiven Mann neben sich.

Davis Vandane habe ich oft in der slowakischen Liga gesehen – seine Scorerzahlen dort und danach in Dänemark springen ins Auge, Größe bringt er auch mit. Warum reicht es dann nie zu einem Engagement in besseren Ligen? Sein Defensiv-Verhalten und vor allem seine Intensität sind Mängel, die ins Auge stechen. "A gentle giant" war früher ein Fachbegriff für solche Spieler.

Ausblick

Der Aderlass in Dornbirn war heuer gewaltig, vor allem am Österreicher-Sektor, den man über die Jahre zuvor aufgebaut hatte. Bei Verletzungen, die letzte Saison fast völlig ausblieben, kann man schnell blank dastehen. Und selbst bei bester Gesundheit müssen aus einigen Fragezeichen Ausrufezeichen werden, um so in die Pre-Playoffs einzuziehen. Kai Suikkanen muss auf jeden Fall mit einem neuen Team von vorne beginnen.

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