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Erkenntnisse des Auftakts: Titelkampf eröffnet

Silber auch in schwarz überlegen. Ferrari stürzt ab. F1 kann Krise. Erkenntnisse des Auftakts:

Erkenntnisse des Auftakts: Titelkampf eröffnet Foto: © GEPA

Die Formel 1 ist wieder da!

217 Tage nach dem letzten Saison-Rennen 2019 in Abu Dhabi feierte die Königsklasse nach der Corona-Pause ein furioses Comeback in Spielberg

Spannung, Show, Drama, Zwischenfälle - alls das gab es auch ohne Zuschauer an der Strecke. Während das Sicherheitskonzept perfekt umgesetzt wurde, galten im Rennen auf dem Red Bull Ring keine Abstandsregeln. Der historische WM-Start in Österreich hatte sowohl auf, als auch abseits der Strecke einiges zu bieten. 

Die Erkenntnisse des Formel-1-Auftakts:

Die Formel 1 kann Krise

Der Auftakt in die neue Saison darf guten Gewissens als gelungen betrachtet werden. Die Königsklasse wurde ihrem Namen sowohl auf als auch abseits der Strecke gerecht. Die Organisation des ersten Rennens nach der Corona-Krise verlief nach außen hin durch alle Beteiligten - Rennställe, FIA, Rechteinhaber und Streckenbetreiber - perfekt und bringt vor allem Spielberg und Österreich weltweit positive Schlagzeilen. Das Sicherheitskonzept scheint zu funktionieren. Insgesamt wurden bisher 7.000 Tests vorgenommen, 2.500 im Vorfeld und 4.500 vor Ort - alle negativ. "Ich ziehe auf jeden Fall meinen Hut vor allen, die dazu beigetragen haben, dass das passiert ist, auch vor Österreich, das den Anfang gemacht hat", sagt etwa Daniel Ricciardo. "Die Tests waren in Ordnung, all die COVID-Sachen, die wir zu erledigen hatten, alles war pünktlich. Ich denke, sie haben einen sehr guten Job gemacht." Alles andere als eine professionelle Organisation wäre aber auch verwunderlich gewesen, schließlich ist es die Formel 1 gewohnt, Protokolle und Vorgaben bis ins kleinste Detail einzuhalten. Einigkeit zeigte die Formel 1 auch im Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung, auch wenn sich vor Rennstart nicht alle Piloten am Kniefall beteiligten. 

Mercedes auch in schwarz überlegen...

So sehr Mercedes vor dem Auftakt tiefstapelte, so klar ist nach dem Wochenende: Die Silberpfeile sind auch in schwarz überlegen. Über eine halbe Sekunde Vorsprung im Qualifying sprechen eine eindeutige Sprache - und das auf der kürzesten Strecke im Kalender. Seit Beginn der Hybrid-Ära im Jahr 2014 hatte Mercedes im Qualifying mit einer Ausnahme noch nie so viel Vorsprung. Auch wenn die Silberpfeile im Rennen erneut Probleme mit der heißen steirischen Höhenluft hatten und der Red Bull Ring weiter nicht zu ihrer Lieblingsstrecke zählt, lässt sich bereits erahnen, welcher Speed auch im 2020er Mercedes steckt. Der spätere Sieger Valtteri Bottas und auch Konkurrent Max Verstappen sahen Mercedes nach dem Qualifying "in einer eigenen Liga". 

...aber der Titelkampf ist eröffnet

Ungeachtet der eben besagten Mercedes-Dominanz im Qualifying, war der Sieg für die "Sterne" im Rennen keineswegs in Stein gemeißelt. Max Verstappen ist mit dem Vorhaben, der jüngste Formel-1-Weltmeister zu werden, in die Saison gestartet. Diese Mission erlitt mit dem "Nuller" gleich beim Auftakt einen ordentlichen Dämpfer, der Titelkampf ist dennoch eröffnet. Weil keiner wegen der anhaltenden Pandemie weiß, über wie viele Runden er gehen wird, zählt jeder Punkt. Und da ist der um seine siebente Krone kämpfende Lewis Hamilton nun trotz des strafenbedingten Rückfalls im Rennen von Platz zwei auf vier im Vorteil gegenüber Verstappen. Er hält seit Sonntag bei zwölf WM-Zählern, der Niederländer hingegen bei null. Der erste Saisonlauf war schon vor dem Start ein Scharmützel zwischen den beiden Teams gewesen. Zwei Mal protestierte Red Bull am ersten WM-Wochenende gegen Mercedes. Der Einspruch gegen die neue DAS-Lenkung wurde abgelehnt. Die Rückversetzung von Hamilton in der Startaufstellung klagte man hingegen erfolgreich ein. Dann krachte es auch noch im Rennen zwischen Albon und Hamilton. Verstappen muss nun bei andauernder Mercedes-Dominanz jede noch so kleine Chance nutzen, um eine realistische Chance auf den Titel zu haben. Die nächste Möglichkeit bietet sich gleich am kommenden Wochenende beim zweiten Rennen in Spielberg, wo Verstappen - der Sieger von 2018 und 2019 - zurückschlagen will. 

Ferrari ist nicht mehr dritte Kraft

Wäre da nicht der - etwas glückliche - zweite Platz von Charles Leclerc, es wäre ein völlig verkorkster Auftakt für Ferrari gewesen. Die Scuderia lieferte in Spielberg eine mehr als schwache Leistung ab und wäre aus eigener Kraft wohl nicht aufs Podium gefahren. "Vorne können wir im Moment nicht viel mitreden. Das Rennen war sehr chaotisch und wir hatten alle Hände voll zu tun", muss Sebastian Vettel zugeben. "Unter normalen Umständen sind fünfte oder sechste Plätze das Höchste, was in uns steckt." Das untermauert auch ein Blick auf die Zeitentabelle in Spielberg: Alle Teams mit Ferrari-Motoren haben sich gegenüber dem Vorjahr deutlich verschlechtert. Das gibt auch den Gerüchten um den kontroversen Antrieb neue Nahrung: Die FIA hatte den Motor 2019 überprüft und Anfang des aktuellen Jahres eine nicht bekannte Einigung mit Ferrari verkündet. Zum Rückstand auf der Strecke mischen sich auch noch interne Streitigkeiten zwischen Teamchef Mattio Binotto und Vettel. Kritiker behaupten nach dem Auftakt-Debakel sogar, die Scuderia habe völlig richtig entschieden, Vettels Vertrag am Ende der Saison auslaufen zu lassen.

Die Jungen werden erwachsen

Nachdem in der vergangenen Saison Max Verstappen und Charles Leclerc - unter anderem mit ihrem Duell um den Sieg in Spielberg - immer öfter aufgezeigt haben, drängen nun weitere Piloten der "next generation" ins Rampenlicht. So zum Beispiel Lando Norris, der mit Rang drei hinter Leclerc ("Eines meiner besten Rennen in der Formel 1") seinen ersten Podestplatz in der Königsklasse eroberte. Der 20-jährige Brite profitierte am Red Bull Ring zwar von der Strafe für Lewis Hamilton, seine letzten Runden, in denen er die Lücke zum Weltmeister schließen musste, ließen aber das enorme Talent erahnen. Norris ist damit drittjüngster Pilot der Formel 1 auf einem Siegespodest. Auch Alex Albon (24) im Red Bull war wie Teamkollege Max Verstappen bis zu seinem Ausfall nach der Kollision mit Hamilton auf Podestkurs. 

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