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Gleichstand vor dem Finale: Zum zweiten Mal

Die letzte so knappe Entscheidung ist fast 50 Jahre her. Jeddah zu gefährlich?

Gleichstand vor dem Finale: Zum zweiten Mal Foto: © getty

Déjà-vu? Ja, doch. Allerdings ist es 47 Jahre her, dass die Formel-1-WM das bisher einzige letzte Mal zwischen Fahrern mit Punktgleichstand vor der letzten Runde ausgefochten wurde. Das passierte im denkwürdigen Jahr 1974 zwischen Emerson Fittipaldi (McLaren) und Clay Regazzoni (Ferrari) im Grand Prix der USA in Watkins Glen.

Beide kamen mit jeweils 52 Punkten aus dem kanadischen GP in Mosport nach New York. Das Saisonfinale (es war der 15. Lauf) verlief tragisch, denn der österreichische Rookie Helmut Koinigg verstarb beim Frontalaufprall in seinem Surtees in Runde zehn auf der Stelle. Schuld waren mangelhaft montierte Leitschienen, die den damals 25-jährigen Wiener buchstäblich köpften. Darauf zog Teamchef John Surtees den zweiten Wagen mit José Dolhem zurück, das Rennen ging aber weiter.

Fittipaldi genügte Rang vier (drei Punkte) hinter Reutemann, Pace (beide Brabham) und Hunt (Hesketh) zum zweiten Titelgewinn, während der Tessiner nach einem Reifenwechsel mit vier Runden Rückstand nur Elfter wurde. Zuvor war schon Niki Lauda im zweiten Ferrari mit Aufhängungsschaden ausgeschieden. Somit lautete der Endstand Fittipaldi 55, Regazzoni 52, Scheckter (Tyrrell) 45 und Lauda 38.

Seit Einführung der Formel 1 1950 ist es das 30. Mal, dass der Fahrertitel im letzten Saisonrennen vergeben wird. Lewis Hamilton war bereits fünf Mal in dieser Situation: 2007 unterlag er im Dreiermatch gegen Räikkönen (Weltmeister) und Alonso, 2008 gewann er seinen ersten Titel auf den letzten Metern in Interlagos gegen Massa, 2010 unterlag er im Vierkampf gegen Vettel (Champion), Webber und Alonso, 2014 schlug er Teamkollegen Rosberg, dem er 2016 wieder in Abu Dhabi unterlag. Max Verstappen ist ein "Rookie" in dieser Situation.

Bemerkenswert: Lewis Hamilton gewann Sonntag auf der 31. Strecke seiner F1-Karriere. Er gewann noch nie einen Titel, wenn er nicht als Führender ins Finale ging. Und Max Verstappen stellte mit 17 Podestplätzen in 21 Rennen einen Rekord auf.

Die FIA muss sich Kritik gefallen lassen

War die Entscheidung im Finale 1974 eine aus der Zeit, als viele Fahrer noch "Gentlemen" waren, so ist diese Bezeichnung in der schmutzig gewordenen Kampagne 2021 wohl Fremdwort.

Nach dem Chaos-Rennen von Jeddah muss sich auch der Internationale Automobilverband (FIA) als Veranstalter der WM und der F1-Rechteinhaber Liberty als Promotor der Kritik stellen. Einmal, weil der (bedauernswerte) Rennleiter Michael Masi inmitten des Funk-Wortkriegs mit den Teammanagern zu einem Bazar-Händler verkam und abseits der Piste Schleichhandel betrieben wurde. Zum anderen, wie eine höchst gefährliche Strecke wie die an der Corniche von Jeddah eine Homologation (auch dafür ist Masi mitverantwortlich) bekommen konnte.

Bis vor einigen Jahren – oder sind es schon Jahrzehnte? – war es Standard, dass auf einer neuen F1-Strecke vor einem WM-Lauf zumindest ein Rennen unterer Kategorie als "Test" stattfinden musste. Das geht natürlich nicht (mehr), wenn die Arbeiten erst wenige Tage vor dem Grand Prix fertiggestellt werden. Und man kommerziellen Vereinbarungen unterliegt, denn die Saudis zahlten kolportierte 40 bis 50 Millionen Dollar für dieses Rennen. Wer hinterfragt da Sicherheit?

Das Hochgeschwindigkeits-Layout zwischen Mauern und vor allem mit nicht einsehbaren Kurven war, wie es als einziger Sergio Pérez vor dem Rennen nannte, "zu schnell und zu gefährlich". Dass bei jeder Berührung auf einer Strecke ohne Auslaufzonen die Trümmer auf der Piste bleiben, war absehbar. Vier Mal "virtuelles" Safety Car war die Folge.

Auch wenn die TV-Bilder der illuminierten Strecke auf künstlichem Boden spektakulär aussahen: Das Risiko für alle war hoch, das Glück der Verunfallten in Formel 2 und dann Formel 1 ebenso.

In Jeddah soll schon im Frühjahr 2022 wieder und dann nochmals 2023 gefahren werden. Ab 2024 soll die neue Strecke in einem Erlebnispark in Qiddiya am Rand der Hauptstadt Riad fertig sein – die von Architekt Hermann Tilke gemeinsam mit Franz und Alex Wurz konzipiert wird.

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