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ÖFB-Test: Du hast eine Chance, also nütze sie

...also nütze sie! Gedanken und Strategien der Reservisten vor Dänemark:

ÖFB-Test: Du hast eine Chance, also nütze sie

Wer es in Zukunft darauf anlegen möchte, Franco Foda zu reizen, der könnte es zum Beispiel mit dem Begriff "B-Elf" probieren.

Den hört und liest der ÖFB-Teamchef gar nicht gerne, das wurde vor dem Testspiel des Nationalteams in Dänemark (ab 20:45 Uhr im LIVE-Ticker) wieder einmal offenkundig. 

Der Grund: Weil dies einfach respektlos gegenüber potenziellen Nachrückern sei.

Wie intensiv der Deutsche in Herning wirklich rotieren wird, wird sich weisen. Fest steht nur, dass alleine schon aufgrund der zahlreichen Ausfälle der eine oder andere Akteur mehr Spielzeit bekommen wird als gewohnt.

Und es ist alles andere als auszuschließen, dass auch darüberhinaus so mancher Reservist eine Chance bekommt.

Foda: "Die sind gut! Die sind gut!"

Dass Trainer bemüht sind, so gut es irgendwie geht, alle ihre Kaderspieler bei Laune zu halten, liegt auf der Hand. Dies gelingt mal besser, mal weniger. Gerade auf Nationalmannschafts-Niveau ist dies bisweilen auch nicht so einfach. Die Zahl der Länderspiele in einem Jahr ist überschaubar hoch, und - zumindest im Idealfall - sind es die Akteure aus ihren Vereinen gewohnt, Ansprüche stellen du dürfen.

Wenn dann ein Teamchef herginge und selbst von einer B-Elf sprechen würde, wäre es denkbar kontraproduktiv.

Foda legt jedoch auch in Phasen, in denen sein Kader komplett ist, stets größten Wert auf die Betonung, wie sehr er allen seinen Kadermitgliedern vertraut und spricht dabei gerne von 20 bis 30 Spielern. Partien wie jene in Dänemark geben ihm die ideale Gelegenheit, dies auch zu beweisen.

"Ich habe es nicht erfunden, dass im Fußball nur elf Spieler spielen können. Manchmal ist es so, dass ich schwierige Entscheidungen treffen muss. Das gehört zu den unangenehmen Aufgaben eines Trainers. Aber: Alle Spieler, die hier sind - die sind gut! Die sind gut!", beschwört der 52-Jährige eindringlich, "sie haben unglaublich gut trainiert. Die sind hungrig, das gefällt mir."

Dem Teamchef gefällt es weniger, dass so viel über das Fehlen von Kalibern wie Marko Arnautovic, David Alaba oder Julian Baumgartlinger gesprochen wird: "Es bringt doch nichts, pausenlos darüber zu reden, wer fehlt. Die Spieler, die hier sind, sind ja nicht umsonst bei mir, sondern weil sie viele gute Leistungen gebracht haben. Gegen Dänemark sollen sie zeigen, was sie drauf haben."

Schlager setzt auf Geduld

Während der Begriff B-Elf tatsächlich zu abwertend ist, kommt man dennoch nicht um die Feststellung umhin, dass dieses Länderspiel für so manchen Spieler eine Chance darstellen könnte - und eine Chance ist für einen Nationalspieler meistens dann von Nöten, wenn er schon länger nicht mehr von Anfang an gespielt hat, oder sich erst am Beginn seiner Länderspiel-Karriere befindet.

"Als Junger braucht man Geduld. Es geht nicht von heute auf morgen, dass man sagt: 'Jetzt bin ich da, jetzt spiele ich', sondern man muss sich reinarbeiten."

Xaver Schlager

Letzteres trifft auf Xaver Schlager zu. Der Salzburg-Kicker wird in Herning Einsatzzeit bekommen, das hat Foda im Prinzip bereits bestätigt. Womöglich auch von Beginn an. Es wäre das zweite Länderspiel von Beginn an nach dem Test gegen Brasilien, der für den 21-Jährigen eine Art Aha-Effekt darstellte.

"Ausrechnen tu ich mir nichts, aber wenn es passiert, dann bin ich froh. Aber ich habe jetzt nicht die Erwartung, dass ich spiele, denn ich denke, es ist wichtig, dass man nicht zu viel erwartet", bringt der Salzburg-Kicker seine Einsatz-Hoffnungen gewohnt trocken auf den Punkt.

Für ihn ist es ganz normal, sich am Anfang seiner A-Team-Karriere hinten anzustellen: "Als Junger braucht man Geduld. Es geht nicht von heute auf morgen, dass man sagt: 'Jetzt bin ich da, jetzt spiele ich', sondern man muss sich reinarbeiten, einfach Gas geben, Leistung bringen und sich über Konstanz empfehlen, sodass der Teamchef sagt: 'Ja, ich brauche den Jungen.' Sobald du spielst, musst du deine Leistungen bestätigen."

Russland-Leistung für Schaub ein Nachteil oder nicht?

Dass schlechte Leistungen im Konkurrenzkampf nicht förderlich sind, liegt auf der Hand. Man könnte zum Beispiel auf die Idee kommen, dass Louis Schaub seine durchwachsene erste Halbzeit bei seiner letzten Startelf-Chance gegen Russland nicht unbedingt geholfen hat.

In den fünf Länderspielen darauf hat er gerade einmal vier Einsatzminuten bekommen (in Bosnien). Seine Serie von fünf ÖFB-Treffern Ende 2017 und Anfang 2018 war zuletzt nicht viel wert.

"Russland war sicher nicht mein bestes Spiel. Da habe ich einmal die Chance bekommen und sie nicht nützen können."

Louis Schaub

"Russland war sicher nicht mein bestes Spiel. Da habe ich einmal die Chance bekommen und sie nicht nützen können. Dann wird es natürlich schwierig", kann sich auch der Ex-Rapidler vorstellen, dass der Auftritt in Innsbruck zumindest eine Rolle spielt.

Ein Eindruck, den Foda vehement bestreitet: "Nein, das hat gar nichts mit der Leistung gegen Russland zu tun. Gerade auf seiner Position sind wir nicht so schlecht besetzt. Aber Louis ist ein Spieler, der Potenzial hat, der in Köln gut spielt. Das hatte wirklich nichts mit Russland zu tun. Ich bin kein Trainer, der einen Spieler gleich auswechselt, wenn er einmal schlecht spielt oder einen Fehler macht."

Nachsatz: "Irgendwo habe ich auch gehört, dass der Trainer nur auf einen Fehler von Heinz Lindner wartet. Das ist doch Blödsinn!"

Wimmer wartet seit rund zwei Jahren

Die Wahrscheinlichkeit, dass es in Herning ein oder vielleicht sogar zwei Goalie-Debüts geben wird, ist durchaus gegeben. "Ja, das ist möglich", betont der Teamchef. Sowohl für Rapid-Keeper Richard Strebinger als auch für Salzburg-Schlussmann Cican Stankovic wäre es im Fall der Fälle das erste Länderspiel.

Das erste Länderspiel seit längerer Zeit wäre es für Kevin Wimmer, sollte er wieder einmal eine Chance bekommen. Der Hannover-Legionär wartet seit dem für ihn so schwierigen Nationalteam-Herbst 2016 auf eine neue Bewährungs-Chance im ÖFB-Dress.

Zur Erinnerung: Auf der Suche nach einer Linksverteidiger-Option setzte der damalige Teamchef Marcel Koller in den WM-Quali-Spielen gegen Wales, Serbien und Irland jeweils von Beginn an auf den Innenverteidiger - mit zunehmend schlechterem Ausgang. Im November-Testspiel darauf folgten noch sechs Joker-Minuten gegen die Slowakei, seither heißt es für den Oberösterreicher: Bitte warten. Meist drückte er als Innenverteidiger-Reserve die Ersatzbank, phasenweise stand er gar nicht im Kader.

"Falls ich Einsatzminuten bekomme, will man sich als Spieler natürlich immer von der besten Seite zeigen und sich voll reinhauen. Ich versuche immer im Training aufzuzeigen und dann auf meine Chance zu warten. Wenn die Chance kommt, möchte ich sie natürlich nutzen", hofft der 25-Jährige, dass sein langes Warten auf sein neuntes Länderspiel endlich ein Ende hat.

Dass er die letzten beiden Spiele bei Hannover versäumt hat, führt er darauf zurück, dass er angeschlagen gewesen sei: "Wenn ich fit bin, denke ich schon, dass es auf längere Sicht schon wieder in die Richtung laufen wird, dass ich meine Spiele mache."

Kainz will da sein, wenn man ihn braucht

Probleme auf Vereinsebene, sprich zwischenzeitlich kaum Einsatzzeit bei Tottenham und Stoke, haben Wimmers Nationalteam-Karriere nicht gerade geholfen. Dazu kommt der Konkurrenzkampf auf der Innenverteidiger-Position, der im Moment selbst einen langjährigen Stammspieler wie Aleksandar Dragovic vor eine Herausforderung stellt.

"Jetzt haben die die Chance, die zuletzt nicht so oft drangekommen sind. Wir wollen zeigen, dass wir da sind, wenn man uns braucht."

Florian Kainz

Ähnlich ist es auf anderen Positionen. Am Flügel erfüllt wie Schaub auch Florian Kainz derzeit die Rolle als eiserne Reserve. Auch der Werder-Legionär durfte übrigens letztmals gegen Russland von Anfang an ran. Seither kamen nur neun Länderspiel-Minuten dazu, verteilt auf zwei Kurzeinsätze gegen Deutschland und am vergangenen Freitag gegen Nordirland.

Vielleicht ist diese Einwechslung in einem Pflichtspiel ein Indiz dafür, dass der Steirer wieder ein wenig näher am Stamm dran ist. Kainz hofft jedenfalls, dass er in Dänemark eine erneute Startelf-Chance bekommt:

"Wir haben sehr viel Konkurrenz auf den Außenbahnen, aber ich hoffe einfach, dass ich zu meiner Einsatzzeit komme. Jetzt haben die die Chance, die zuletzt nicht so oft drangekommen sind. Wir wollen zeigen, dass wir da sind, wenn man uns braucht."

Zulj nutzte seine Chance

Da zu sein, wenn man gebraucht wird - und das im Idealfall vor allem in Spielen, in denen es um Punkte geht.

Genau diesen Beweis zu erbringen, ist der springende Punkt, der Testspiele wie jenes in Herning für manche Spieler so wichtig macht - und diesmal vielleicht sogar noch eine Spur relevanter, weil es je nach EM-Quali-Auslosung gut möglich ist, dass in den kommenden eineinhalb Jahren nur Pflichtspiele anstehen und in solchen meist der Stamm forciert wird. Soll heißen: Für Reservisten werden die Chancen, um aufzuzeigen, rarer.

Wobei das mit der viel beschwörten Chance so eine Sache ist. "Es gilt einfach, Leistung zu zeigen. Wer sich genau bei welchem Spiel ein Stammleiberl erkämpft hat, kann man immer erst im Nachhinein analysieren", betont Schlager.

Bisweilen kann man das wirklich. In diesem Text ist schon zwei Mal vom Russland-Test die Rede gewesen. Wie Schaub und Kainz bekam dort auch Peter Zulj eine Chance in der Startelf, damals seine erste. Er nutzte sie und zeigte auch danach immer wieder auf. Als Stammspieler fühlt er sich zwar noch nicht, aber inzwischen darf der Sturm-Kicker immerhin bereits darüber philosophieren, warum er im Nationalteam auf Anhieb so gut funktionierte.

Foda versucht Druck zu lindern

Sich zu viel Druck zu machen, wenn der Tag der erhofften Chance endlich da ist, bringt allerdings auch nichts, wie Foda nicht müde wird zu betonen.

"Ich sage den Spielern immer: 'Ihr werdet letztendlich an einem Tag bewertet - und da müsst ihr einfach frei spielen und zeigen, was ihr drauf habt.' Was du die ganze Woche gemacht und trainiert hast, wird ja gar nicht bewertet."

Franco Foda

"Das ist kein Druck für die Spieler. Ich versuche auch immer ihnen zu vermitteln: 'Jungs, die Erde dreht sich am nächsten Tag weiter, egal was passiert.' Wir haben keinen Druck, sondern es ist einfach der schönste Job der Welt, Fußball zu spielen."

Druckempfinden ist letztlich tendenziell höchst subjektiv, der eine empfindet mehr, der andere weniger. Foda versucht seinen Schützlingen den Druck zu nehmen, indem für ihn auch eine starke Arbeitswoche vor der "Aufführung" zählt:

"Ich sage den Spielern immer: 'Ihr werdet letztendlich an einem Tag bewertet - und da müsst ihr einfach frei spielen und zeigen, was ihr drauf habt.' Was du die ganze Woche gemacht und trainiert hast, wird ja gar nicht bewertet. Ich weiß natürlich, wie der Fußball ist, ich war ja selbst Spieler. Es kommt dann immer, dass man will und will. Aber auch das muss man einfach lernen. Wenn wir das irgendwie hinbekommen, dass die Spieler einfach locker und befreit aufspielen und sich keiner zu viele Gedanken macht, haben wir einen guten Schritt in die richtige Richtung getan."

In Herning wird jedenfalls spannend, für wessen Länderspiel-Karriere dieser Test ein Schritt in die richtige Richtung wird. 

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