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ÖFB-Team: Wie der FC Liverpool ohne van Dijk

Zu wenig Qualität in der Breite? Fragwürdige Personalentscheidungen des Teamchefs.

Wer angesichts von Virgil van Dijk in der Überschrift und ob des heutigen Datums einen April-Scherz vermutet, kann beruhigt werden.

Dies beruht tatsächlich auf einem Zitat von Franco Foda und ist kein April-Scherz. Dafür ist der 0:4-Untergang des ÖFB-Teams gegen Dänemark auch viel zu ernst.

Nach dem Schlusspfiff stellte sich der ÖFB-Teamchef einem rund 20-minütigen medialen Kreuzverhör, bei dem er unter anderem Folgendes zu Protokoll gegeben hat:

"Man sieht ja jetzt auch bei Jürgen Klopp in Liverpool, der die Champions League gewonnen hat und Meister geworden ist. Bei Liverpool ist ein Spieler ausgefallen. Van Dijk! Ein Spieler! Seit dieser Spieler nicht mehr dabei ist, haben sie ganz wenige Spiele gewonnen. Man sieht, dass ein Spieler in einer Mannschaft viel bewirken kann."

Wer denn nun "Österreichs van Dijk" sei, dessen Fehlen so viel verändert?

"Bei uns sind einige ausgefallen, mehrere wichtige Spieler. Stammspieler. Persönlichkeiten", streicht Foda hervor, um gleichzeitig festzuhalten:

"Aber das war nicht relevant für das heutige Spiel. Ich habe immer betont, ich beschäftige mich mit den Spielern, die hier sind, und das war in einem Spiel gegen eine gute dänische Mannschaft zu wenig."

Keine Diskussion über einzelne Spieler

Foda betont mehrmals, dass er nicht nach Ausreden suchen wolle - ganz ohne, vor allem auf personeller Seite, geht es dann doch nicht.

Gleichzeitig verkneift er es sich tunlichst, einzelne Spieler namentlich zu besprechen - hier gilt ganz das Motto: Selbst die Verantwortung übernehmen, ohne den eigenen Job in Gefahr zu sehen.

"Ich werde nicht über einzelne Spieler in der Öffentlichkeit diskutieren", stellt Foda klar, obwohl es sich in diversen Fällen angeboten hätte (siehe LAOLA1-Einzelkritik).

Unglückliche Personalentscheidungen Fodas

So wie man trefflich über einige Personalentscheidungen des Teamchefs bei diesem Lehrgang, und speziell beim Dänemark-Spiel, diskutieren kann.

  • Alexander Schlager ins Tor zu stellen, gab dem Defensivverbund keine Sicherheit. Was in Schottland schon nicht sonderlich glücklich begann, ging gegen Dänemark ziemlich schief. Dass sich Foda den ganzen Lehrgang über in der Öffentlichkeit eher kryptisch zur Goalie-Situation äußerte, fortlaufend mit einer Rotation spekulierte und sich nicht klar zum LASK-Keeper bekannte, war womöglich keine Hilfe für die Psyche.

  • Foda betonte im Vorfeld des Dänemark-Spiels immer wieder, wie viel Arbeit auf die Außenverteidiger zukommen werde. Wie glücklich ist so gesehen die Wahl, mit Andreas Ulmer den 35-jährigen Team-Oldie zwei Mal binnen vier Tagen in die Startelf zu stellen. Der Salzburg-Kicker erwischte einen schlechten Tag und schien mit dem Speed seiner Gegenspieler mitunter Probleme zu haben.

  • War es die richtige Entscheidung, den auf Nationalteam-Niveau recht unerfahrenen Gernot Trauner, der schon gegen die Färöer nur bedingt Eigenwerbung betrieb, erneut in die für ihn ungewohnte Viererkette zu nominieren? Warum genau ließ man letzten Freitag Stefan Posch nach Wien reisen, nachdem sich der Hoffenheim-Legionär wieder fit meldete und auch die Freigabe seines Arbeitgebers bekam?

Ulmer und Trauner wurden von Foda übrigens in Minute 82 in positionsgetreuen Wechseln vom Feld genommen, was eine gewisse Unzufriedenheit des Teamchefs durchblicken ließ.

  • Der Deutsche wird sich jedoch auch mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob er David Alaba links im Mittelfeld wirklich richtig positioniert, oder ob es nicht schlauer wäre, den Noch-Bayern-Star anstelle von Ulmer als Linksverteidiger aufzubieten. In Abwesenheit von Martin Hinteregger hätte sich auch ein Versuch mit Alaba an der Seite von Dragovic in der Innenverteidigung angeboten.

Prominente Abwesende

Hinteregger wurde jedenfalls schmerzlich vermisst und ist somit ein heißer Kandidat auf den "rot-weiß-roten van Dijk".

Aber auch die ordnende Hand von Kapitän Julian Baumgartlinger fehlte. Die Power von Konrad Laimer geht schon länger ab. Marko Arnautovic ist als "Gesamtkunstwerk" nur schwer zu ersetzen, auch wenn Sasa Kalajdzic einer der Lichtblicke dieses Lehrgangs war. Bei Valentino Lazaro reichte es am Ende nur zu einem Joker-Einsatz gegen die Dänen.

Mit dem gesperrten Florian Grillitsch und Philipp Lienhart (aufgrund von Corona-Quarantäne-Bestimmungen vorzeitig nach Freiburg zurückgereist) fehlten zwei weitere Deutschland-Legionäre gegen Dänemark. Goalie Daniel Bachmann reiste vorzeitig nach England zurück, hätte aber ohnehin keine Chance bekommen.

Genügend Qualität in der Breite?

An der Erkenntnis, dass die Qualität in der Breite nicht so hoch ist, wie man dies vielleicht auch selbst glaubt, kommt man kaum vorbei.

"Wir müssen uns einfach Gedanken machen, wie die personelle Situation Richtung EM ausschauen wird. Wir müssen die richtigen Schlüsse ziehen aus dieser Niederlage."

Franco Foda

"Wir haben das eine oder andere Problem, das ist schon richtig", gibt Foda zu, "wir haben Spieler, die nicht regelmäßig zum Einsatz kommen. Einige verletzungsbedingte Ausfälle. Einige, die abgereist sind. Aber nochmals: Es macht keinen Sinn, über diese Gründe zu reden."

"Wir müssen uns einfach Gedanken machen, wie die personelle Situation Richtung EM ausschauen wird. Wir müssen die richtigen Schlüsse ziehen aus dieser Niederlage. Wir kennen auch gewisse Themen. Die haben wir intern auch schon besprochen, und das werden wir auch weiterhin tun", so der 54-Jährige weiter.

Es ist alles andere als auszuschließen, dass sich so mancher Akteur bei diesem Lehrgang selbst aus dem EURO-Rennen genommen hat.

Auch nach vorne hin zu schwach

Sorgen bereiten sowohl Defensive als auch die Offensive. In der Rückwärtsbewegung agierte man bei den Gegentoren naiv, nach vorne hin bekam man nicht eine gefährliche Szene auf die Reihe.

"Wir hatten heute in beiden Bereichen Verbesserungsbedarf, sowohl in der Defensive als auch in der Offensive", bestätigt Foda.

Mit dem Ball hätte der Plan wiefolgt gelautet: "Dänemark ist eine Mannschaft, die generell wenig Gegentore erhält. Der Plan mit dem Ball war, dass wir immer wieder versuchen wollten, über die Flügel zu spielen. Wir sind in den letzten 20 Minuten vor der Pause gut ins letzte Drittel gekommen, aber oft hat der letzte Pass gefehlt. Wir waren nicht zwingend und gefährlich. Uns haben in einigen Situationen vielleicht etwas Speed und Dynamik gefehlt. Deshalb konnten wir uns keine klaren Tormöglichkeiten erarbeiten."

Der Hinweis, dass die Dänen in Sachen Tempo und Athletik überlegen gewesen seien, kam nicht nur einmal. Man darf davon ausgehen, dass diese Kriterien im Hinblick auf die Personal-Auswahl für die EURO nun eine noch größere Rolle spielen werden.

Wie man überhaupt gespannt sein darf, wie es mit der einen oder anderen Personalie im ÖFB-Team weitergeht.

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