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Milinkovic-Savic? "Wenn ein Vogerl vorbeigeflogen ist..."

Seine ersten Schritte im Fußball wagte Sergej Milinkovic-Savic einst beim GAK. Sein früherer Jugendtrainer erinnert sich - und an einige ÖFB-Größen.

Milinkovic-Savic? Foto: © GEPA

Sergej Milinkovic-Savic - ein Weltstar mit Verbindungen nach Österreich.

100.000 Euro Ablöse plus ein Fixum von 2500 Euro im Monat hätte Rapid im Sommer 2013 zahlen müssen, um den damals 18-Jährigen von Vojvodina Novi Sad zu verpflichten.

Zoran Barisic, damals Trainer der Hütteldorfer, wollte ihn unbedingt. Der damaligen Führungsriege erschien das Investment jedoch zu riskant. Genk bezahlte ein Jahr später eine Million Euro und verkaufte ihn wiederum ein Jahr später um 12 Millionen Euro an Lazio Rom.

Dort spielt der 27-Jährige, dessen Marktwert zwischenzeitlich bis auf 90 Millionen Euro geklettert ist, heute noch und gastiert am Donnerstag zum Europa-League-Duell beim SK Sturm Graz (18:45 Uhr im LIVE-Ticker).

Rückkehr nach Graz

Gleichzeitig ist es für Milinkovic-Savic die Rückkehr in seine langjährige Heimat Graz, was logischerweise seine wichtigste Österreich-Connection ist.

Sein Vater Nikola Milinkovic spielte von 2001 bis 2004 beim GAK, mit dem er Meister (2004) und zwei Mal Cupsieger wurde (2002, 2004).

Während der Papa die erfolgreichste Phase der roten Vereins-Geschichte mitprägte, tummelte sich Sergej in der GAK-Jugend, in der er bis 2006 seine ersten Schritte im Fußball ging.

Reinhard Holzschuster, heute Teammanager der GAK-Amateure und der U19, war damals sein Trainer und verrät im LAOLA1-Interview, warum er Milinkovic-Savic damals nicht eine derartige Karriere zugetraut hätte.

Zudem erinnert er sich an die Jugendtage weiterer früherer GAK-Nachwuchs-Kicker wie Marcel Sabitzer, Michael Gregoritsch oder Valentino Lazaro.

Milinkovic-Savic ragt bei Lazio heraus
Foto: © getty

LAOLA1: Wie sind Ihre Erinnerungen an Sergej Milinkovic-Savic?

Reinhard Holzschuster: Es ist schon einige Zeit her, aber Sergej hat natürlich Eindruck hinterlassen, auch wenn er eigentlich ein ganz normaler, eher schüchterner Bursche war. Er ist Jahrgang 95, hat aber immer schon bei den 94ern mitgespielt, und wir haben mit dem GAK-Nachwuchs generell immer gegen ein Jahr Ältere gespielt. Also war er mit um zwei Jahre Älteren konfrontiert. Körperlich war er bereits sehr groß, eher der schlacksige und weniger der quirlige Typ. Vom Wesen her war er eher ein gemütlicher und ganz ruhiger Spieler. Was definitiv aufgefallen ist: Er war irrsinnig ballaffin.

LAOLA1: Was wahrscheinlich auf seine Eltern zurückzuführen ist.

Holzschuster: Genau. Papa Nikola Milinkovic hat beim GAK gespielt. Seine Mutter Milena Savic war Profi-Basketballerin. Sergej hat ebenfalls sehr gerne Basketball gespielt. Er hat auch oft den Fußball in die Hand genommen und Würfe gemacht. Nikola hat sich generell sehr mit den Kindern beschäftigt. Wenn die Eltern draußen gewartet haben, bis wir mit dem Training fertig sind, hat er manchmal auch mit anderen Kindern ein bisschen gekickt.

"Er war sehr unbekümmert. Wenn ein Vogerl vorbeigeflogen ist, hat er dem die Beachtung geschenkt und war nicht immer ganz konzentriert dabei."

Reinhard Holzschuster

LAOLA1: War damals in irgendeiner Art und Weise absehbar, welche Karriere Sergej hinlegen wird?

Holzschuster: Nein, das hätte man so damals nicht vorhersagen können. Man konnte auch noch nicht von einem Übertalent sprechen. Er war technisch gut, hatte einen guten und präzisen Schuss. Aber man konnte zu dieser Zeit noch nicht etwas so Aufregendes erkennen, dass man wusste, er wird ein derart unglaublicher Fußballer. In meiner Erinnerung war er auch nicht von Ehrgeiz zerfressen.

LAOLA1: Inwiefern?

Holzschuster: Wenn er ausgetauscht wurde oder mal nicht von Beginn an gespielt hat, war das für ihn eigentlich überhaupt kein Problem oder eine große Tragik. Auch für die Eltern nicht, muss man dazusagen. Beide waren sehr angenehm und haben sich einfach gefreut, dass der Bua gerne Fußball spielt. Sie haben aber in keinster Weise eingefordert, dass er permanent spielen muss.

Papa Nikola Milinkovic wurde mit dem GAK Meister
Foto: © GEPA

LAOLA1: War hier die Profi-Erfahrung der Eltern von Vorteil, dass Sie weniger Druck ausgeübt haben?

Holzschuster: Eltern gehen sehr konträr damit um. Bei manchen ist es wie in diesem Fall äußerst positiv. Andere wollen, dass die Kinder immer noch mehr gepusht werden, die üben sicher Druck aus. Aber bei Sergej habe ich nicht in Erinnerung, dass es jemals auch nur einen Vorfall gegeben hätte und gefordert worden ist, dass er mehr machen oder mehr spielen muss. Er ist ziemlich ohne Druck aufgewachsen.

LAOLA1: Sie haben ihn einmal als "verträumten Bub" bezeichnet. Trifft es das?

Holzschuster: Es war genauso. Wenn wir noch Training hatten, ist er manchmal am Spielfeld gesessen und ich war mir nicht immer sicher, ob er ganz dabei war. Er hat irrsinnig gerne Fußball gespielt, sich aber auch leicht ablenken lassen. Also es war nie so, dass man zu ihm sagen musste, er muss jetzt trainieren. Aber er war einfach sehr unbekümmert. Wenn ein Vogerl vorbeigeflogen ist, hat er dem die Beachtung geschenkt und war nicht immer ganz konzentriert dabei.

LAOLA1: Wie haben Sie seine weitere Karriere verfolgt?

Holzschuster: 2006 ging es mehr oder weniger in einer Nacht- und Nebel-Aktion zurück nach Serbien. Das war relativ kurzfristig, darüber wurden wir im Vorfeld nicht unbedingt informiert. Auf jeden Fall waren Sergej und sein Bruder Vanja, der heutige Torhüter von Torino, der auch bei uns im GAK-Nachwuchs war, auf einmal weg. Dann habe ich ein paar Jahre gar nichts gehört. Richtig mitgekriegt habe ich es erst, als er zu Lazio gewechselt ist. Bei uns hieß er ja nur Milinkovic, hat den Doppelnamen erst später angenommen.

"Ganz egal, ob wir nur zum Aufwärmen Handball gespielt haben: Wenn er verloren hat, hat es Marcel Sabitzer fast körperliche Schmerzen bereitet."

Reinhard Holzschuster

LAOLA1: Verspürt man eine Art Stolz, wenn man solch einen Spieler in der Jugend trainieren durfte?

Holzschuster: Stolz eher deswegen, dass man ihn in diesem Alter kennenlernen durfte. Es ist sicher nicht so, dass ich behaupte: Um Gottes Willen, das war genau die entscheidende Phase, dass er Karriere gemacht hat. Ich sage immer: Ein guter Trainer im Nachwuchs ist schon einer, der eine Karriere nicht verhindert. Wenn man ein bisschen etwas beitragen konnte, ist es gut, aber er hätte seinen Weg woanders genauso gemacht. Da ist dann schon sehr viel Eigenantrieb dahinter. Aber natürlich freue ich mich, dass ich ihn einmal trainiert habe. Es ist schon ganz interessant, hin und wieder in alten Fotoalben zu schmökern.

LAOLA1: In selbigen finden sich auch andere bekannte Namen, die sie betreuen durften: Zum Beispiel Marcel Sabitzer, Michael Gregoritsch und Valentino Lazaro.

Holzschuster: Ja, wobei man sagen muss, dass ich zwar den Jahrgang 1994 betreut habe, Marcel Sabitzer und Michael Gregoritsch aber meistens schon bei den 93ern dabei waren, die von Marcels Papa Herfried Sabitzer trainiert wurden. Beide haben nur bei Turnieren oder wirklich ganz wichtigen Spielen bei uns in der Mannschaft gespielt. Aber es war natürlich trotzdem interessant sie zu erleben.

Sabitzer konnte nicht sonderlich gut verlieren
Foto: © GEPA

LAOLA1: Wie haben Sie die beiden in Erinnerung?

Holzschuster: Marcel war immer irrsinnig ehrgeizig – im Gegensatz zu Milinkovic, die sind da völlig konträr gewesen. Sobald ein Match stattgefunden hat oder generell der Ball im Spiel war, ist Marcel on fire gewesen. Dann ist es richtig rund gegangen. Ganz egal, ob wir nur zum Aufwärmen Handball gespielt haben: Wenn er verloren hat, hat es ihm fast körperliche Schmerzen bereitet. Da ist er ein Wettkampf-Typ gewesen. Wenn es etwa darum ging, bei technischen Übungen alles sauber auszuführen, ist er auch nicht immer der ganz Ehrgeizige gewesen. Aber Spiele waren seines, da konnte er sich richtig reinbeißen.

LAOLA1: Und Gregoritsch?

Holzschuster: Er war schon recht abgeklärt. Auf ihn konnte man sich immer verlassen, da hat er wahrscheinlich viel vom Elternhaus mitgekriegt. Da hat es nie etwas gegeben, dass er zum Beispiel eine taktische Aufgabe nicht ernst genommen hätte. Das war damals natürlich noch nicht ganz so gravierend, aber man konnte schon merken, dass er sich immer sehr, sehr gut vorbereitet hat und schon in diesem Alter sehr akribisch war.

LAOLA1: Er hat ja dann auch schon mit 15 Jahren sein Bundesliga-Debüt gefeiert, muss also schon sehr weit gewesen sein.

Holzschuster: Er ist mit 14 vom GAK zu Kapfenberg, war aber schon mit 12 oder 13 vom Körper her relativ gut beieinander. Er war groß, hatte schon ein bisschen Muskelmasse aufgebaut, das ist ihm natürlich zu Gute gekommen. Von der Entwicklung her war im Vergleich Sabitzer damals noch eher kindlich. Genau wie Tino Lazaro, den ich von allen am längsten betreut habe. In diesem Alter war es für Gregoritsch gerade vom Körperlichen her ein bisschen leichter.

LAOLA1: Lazaro ist vermutlich mehr übers Technische gekommen.

Holzschuster: Er war ein total verspielter Typ. Er hat das Spiel an sich so geliebt. Mit den taktischen Feinheiten war er nicht immer so einverstanden, er wollte einfach nur Fußballspielen. Was bei Tino extrem auffällig war: Wenn es ihm gut gegangen ist und auch im Umfeld alles gepasst hat, konnte er unglaublich spielen. Wenn irgendetwas vorgefallen ist, zum Beispiel schulisch, hat man das sofort gemerkt, dann war das Lächeln weg und er hat sich schwer getan.

LAOLA1: Wie Milinkovic haben auch Gregoritsch und Sabitzer prominente Väter. Wie war es in diesen Fällen?

Holzschuster: Herfried Sabitzer war beim GAK mein Trainer-Kollege. Er lebt für den Fußball, dem wird alles untergeordnet. Er hat seinen Spielern den Fußball so vermittelt, wie er ihn sieht: Sehr ehrgeizig und mit 100 Prozent Einsatz. "Gregerl" habe ich eher als meinen Trainer kennengelernt, ich habe beim Landesverband sogar meine Trainerprüfung bei ihm abgelegt. Bei den Spielen war er eigentlich weniger dabei. Das ist auch eine große Qualität, dass man keinen Druck ausübt, der hinderlich für den Spieler sein könnte.

LAOLA1: Mit Stefan Posch hatten Sie einen weiteren ÖFB-Teamspieler zumindest ein wenig unter Ihren Fittichen, oder?

Holzschuster: Als er beim GAK gespielt hat, hatte ich ihn nicht als Trainer. Er ist dann zu Sturm gegangen und mit 14 weiter zur Admira. Als Sturm gemerkt hat, dass er zur Admira tendiert, haben sie ihn quasi spiel- und trainingsfrei gestellt. Sein Vater ist dann mit dem Junior zu mir gekommen. Er hat ein halbes Jahr bei mir in der Mannschaft trainiert, um sich fit zu halten. Er war ein sehr ruhiger und konzentrierter Spieler, hat seine Übungen immer sehr fokussiert gemacht. Er war nicht so der Schmähführer, sondern eher ruhig und besonnen.

LAOLA1: Beim Duell mit Sturm ist Milinkovic-Savic zurück in Graz. Gehen Sie ins Stadion, um ihn wieder einmal live kicken zu sehen?

Holzschuster: Nein, aber ich werde es mir natürlich im TV anschauen. Ich freue mich generell, wenn ich frühere Spieler von mir spielen sehe. Gerade bei den Nationalteam-Spielern ist es natürlich sehr angenehm. Ich verfolge das natürlich, wenn sie in den Medien auftauchen.

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