Es sollte noch nicht sein.
Über zwei Wochen hat sich Vinzenz Rohrer in den Camps der Montreal Canadiens für einen Platz im NHL-Kader empfohlen.
Obwohl der 21-jährige Vorarlberger "viele positive Eindrücke" hinterlassen konnte und Lob von Head Coach Martin St. Louis einheimste, hat er den Cut nicht geschafft und wurde Ende September zu den ZSC Lions zurückgeschickt.
"Ich wäre natürlich gerne länger in Montreal gewesen und hätte noch mehr Erfahrungen gesammelt", sagt der quirlige Angreifer im LAOLA1-Interview, merkt aber an: "Ich bin jetzt nicht übermäßig traurig, zurück in Zürich zu sein."
Rohrer erzählt, wie ihm die Entscheidung mitgeteilt wurde und warum er bereits eine Vorahnung hatte, dass es nicht reichen würde. Außerdem spricht er über seine Eindrücke aus Montreal und was die starke WM in Stockholm mit ihm gemacht hat.
LAOLA1: Du bist am 28. September vom Training Camp bei den Montreal Canadiens zu den ZSC Lions zurückgekehrt. Wie hast du dich in Zürich wieder eingelebt?
Vinzenz Rohrer: Ich wäre natürlich gerne länger in Montreal gewesen und hätte noch mehr Erfahrungen gesammelt. Aber ich bin jetzt nicht übermäßig traurig, wieder zurück in Zürich zu sein. Hier habe ich meine Familie, meine Freunde, meine Wohnung - ein vertrautes Umfeld. Ich bin recht glücklich, seit ich wieder da bin.
LAOLA1: Warst du über den Zeitpunkt überrascht, an dem dir mitgeteilt wurde, dass du heuer noch keinen Platz im NHL-Team hast und nach Zürich zurückgeschickt wirst?
Rohrer: Es war schon etwas überraschend, ich habe mit dem Zeitpunkt nicht unbedingt gerechnet. Es war aber nicht so, dass ich mir dachte: "Oh mein Gott, wie kann das möglich sein?" So war es gar nicht, aber ich hätte nicht gedacht, dass es an dem Wochenende passiert. Ich habe mich mit Jeff Gorton (Executive Vice President of Hockey Operations, Anm.) und Kent Hughes (General Manager, Anm.) getroffen, sie haben mir den Hintergrund und den Plan für die nächsten Jahre erklärt. Danach hat alles etwas mehr Sinn gemacht. Ich habe hier in Zürich noch viele Entwicklungsschritte vor mir.
"Ich bin vom Training gekommen und es hieß, dass ich in 20 Minuten ein Meeting habe. Da wusste ich bereits, dass es vorbei ist."
LAOLA1: Wenn du sagst, nach dem Gespräch hat alles etwas mehr Sinn gemacht - was wurde dir konkret gesagt? Wie wurde dieses Meeting dir gegenüber auch angekündigt?
Rohrer: Ich bin vom Training gekommen und es hieß, dass ich in 20 Minuten ein Meeting habe. Da wusste ich bereits, dass es vorbei ist. Sie haben mir bestätigt, dass ich ein gutes Camp hatte und viele positive Eindrücke hinterlassen konnte. Gleichzeitig verfolgen sie mit mir einen längerfristigen Plan. Ich bin gerade erst 21 geworden, es besteht kein Grund zur Hektik. Ich habe diese Saison und zwei weitere Jahre Vertrag - schauen wir, was in der Zukunft passiert.
LAOLA1: Wurde dir aufgezeigt, wie der Plan für die nächsten ein, zwei Jahre aussieht?
Rohrer: Der Plan ist schon, dass sie ab irgendeinem Zeitpunkt mit mir rechnen. Doch das liegt alles in der Zukunft und ist leistungsabhängig. Wenn ich ein schlechtes Jahr spiele, dann ist alles egal, was sie jetzt sagen und wie sie es sich vorstellen.
LAOLA1: Aber ich nehme an, dass sie dir Punkte mitgegeben haben, an denen du arbeiten sollst?
Rohrer: Es gab keine detaillierten Einzelpunkte. Sie kennen meine Arbeit hier in Zürich sehr gut, sie verfolgen meine Entwicklung. Wichtig ist, dass ich den Weg weitergehe, den ich in den letzten zwei Jahren eingeschlagen habe. Natürlich spielen Dinge wie mehr Eiszeit im Penalty Killing oder körperliche Weiterentwicklung eine Rolle, aber im Grunde geht es darum, mein Gesamtpaket weiter zu verbessern und zu reifen.
LAOLA1: Wie war es für dich, das erste Mal in Montreal zu sein und die Organisation kennenzulernen?
Rohrer: Das war schon echt cool. Ich habe natürlich gewusst, dass in der NHL und in Montreal hohe Maßstäbe herrschen, aber wenn du dort bist und alles siehst - das ist beeindruckend und es macht Spaß, in diesem Performance-getriebenen Umfeld zu sein. Das Essen, die Physios, alles wird dir recht einfach gemacht. Du musst es nur nehmen und dich entwickeln.
"Als ich eingelaufen bin, habe ich kurz wie ein Kind auf die Tribünen geschaut und dachte mir: 'Boah'."
LAOLA1: Und dein erstes Testspiel im Montreal-Trikot durftest du im vollen Bell Centre bestreiten. Salopp gefragt: Wie war's?
Rohrer: Als ich eingelaufen bin, habe ich kurz wie ein Kind auf die Tribünen geschaut und dachte mir: "Boah". Es war einzigartig, die Fans in Montreal sind verrückt.
LAOLA1: Und mit David Reinbacher hattest du einen Landsmann an deiner Seite.
Rohrer: Es war schon cool, das zu zweit zu erleben. Wir waren auch Zimmerkollegen und sehen es nicht als selbstverständlich an, dass da noch jemand anderes aus Österreich dabei ist.
LAOLA1: In unserem letzten Interview vor der WM in Stockholm hast du gesagt, dass du spielerisch bereit für den Schritt nach Nordamerika bist. Das hast du in Schweden mit deinen Leistungen auch bewiesen. Wie lange hat es danach gedauert, bis sich Montreal bezüglich des Vertrags, den du im Juni unterschrieben hast, bei dir gemeldet hat?
Rohrer: Ich habe schon zu Weihnachten gewusst, dass sie mir einen Vertrag geben wollen. Allerdings durfte ich erst nach dem letzten internationalen Spiel, in dem Fall dem WM-Viertelfinale, unterschreiben. Ich wusste damals nur nicht, wie es abläuft, wenn ich dann noch einen Vertrag in Zürich habe und den Cut nicht schaffe - wie es jetzt der Fall ist, da war es gar keine große Entscheidung, dass ich nach Zürich zurückgeschickt werde.

LAOLA1: Du hattest zweifellos einen großen Anteil am historischen WM-Viertelfinal-Einzug des Nationalteams. Was hat dieses Turnier mit dir und deinem Selbstbewusstsein gemacht?
Rohrer: Es war eine tolle Erfahrung. Generell eine WM mit dem Nationalteam - man sagt immer, es ist etwas Besonderes, aber es ist wirklich so eine coole Zeit gewesen. Gegen so gute Spieler zu spielen, mich durchsetzen zu können und zu zeigen, wie gut ich bin, gibt mir Selbstvertrauen.
LAOLA1: Auch für diese Saison?
Rohrer: Wenn ich es mir aussuchen könnte, natürlich. (lacht) Ich sage immer: Ab und zu läuft es, ab und zu nicht. Solche Erfahrungen und Perspektivenwechsel wie die WM und das Camp in Montreal sind immer viel wert. Es ist wichtig für den Kopf, einmal woanders zu sein und sich dort zu messen.
LAOLA1: Mit ein paar Tagen Abstand: War die Rückkehr nach Zürich mehr Motivation oder Dämpfer?
Rohrer: Wie gesagt, ich wäre gerne länger drüber gewesen, aber jetzt bin ich da. Ich habe so viele schöne Sachen hier, deshalb würde ich nie sagen: "Na geh, jetzt bin ich wieder in Zürich." Das ist eine Spitzen-Organisation, und ich habe noch so viele Bereiche in Zürich, in denen ich mich verbessern kann.
LAOLA1: Zum Beispiel?
Rohrer: Die Balance zwischen intensiv spielen und trotzdem Plays machen.
LAOLA1: Auf die Ziele des Klubs für diese Saison brauche ich gar nicht zu sprechen kommen, die sind mit der Meisterschaft und der Titelverteidigung in der Champions Hockey League klar gesteckt. Daher die Frage: Wann ist diese Saison für dich eine erfolgreiche?
Rohrer: Dass ich mich noch mehr verbessern will, ist wahrscheinlich nicht die spannendste Antwort. Aber ich versuche glücklich zu sein, mein Spiel zu spielen, dieses weiterzuentwickeln und weiter zu reifen. Und bis jetzt bin ich mit dieser Strategie nicht schlecht gefahren.