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Panthers-Scout Penker: "An Stanley Cup habe ich nie gedacht"

Als Spieler schien der Traum von der NHL geplatzt. Doch als Scout und Trainer hat sich Jürgen Penker sogar zum zweifachen Stanley-Cup-Sieger gearbeitet.

Panthers-Scout Penker: Foto: © Privat

Den Stanley Cup zu gewinnen ist der Traum jedes Eishockeyspielers. Ihn tatsächlich in den eigenen Händen zu halten, bleibt jedoch nur wenigen vorbehalten.

Für Jürgen Penker schien dieser Traum nach dem Ende seiner Torhüter-Karriere eigentlich vorbei – bis sich 2021 die Florida Panthers meldeten und ihm den Job als Europa-Scout für Torhüter anboten. Damals noch Vollzeit bei den Black Wings Linz engagiert, hat sich seine Arbeitsaufteilung seither deutlich verändert.

2024 unterzeichnete der Wahl-Linzer einen Dreijahresvertrag, sein Aufgabengebiet ist gewachsen. Heute trägt er die Hauptverantwortung für das Goalie-Scouting der Panthers in Europa – und ist zweifacher Stanley-Cup-Sieger.

Mitte September hielt er "Lord Stanley" im Rahmen des Rookie Camps erstmals in seinen Händen. "Den Pokal zu sehen und heben zu dürfen, war sehr emotional", erzählt Penker im LAOLA1-Interview.

Dort spricht er zudem über seine konkreten Aufgaben, die Intensität seiner Jobs und was für ihn besonders viel Wert hat.

LAOLA1: Die Florida Panthers eröffnen am Dienstagabend die neue NHL-Saison. Kribbelt es bei dir schon, oder bist du in Linz so eingebunden, dass du das kaum mitbekommst?

Jürgen Penker: Doch, ich bin da schon voll involviert. Ich war beim Development Camp und beim Rookie Camp, wir stehen im ständigen Austausch und haben Meetings. Der Vorteil der Zeitverschiebung ist, dass ich am Vormittag in Linz arbeiten kann, weil in Florida noch alle schlafen. Ab Nachmittag ist - manchmal sogar bis in die Nacht hinein - Zeit für Florida. Natürlich freue ich mich auf die Saison. Die Verletzungen von Matthew Tkachuk und nun auch noch von Aleksander Barkov waren ein herber Dämpfer. Ich bin trotzdem guter Dinge, dass wir wieder eine Mannschaft haben, die vorne mitspielen wird.

LAOLA1: Wie unterscheidet sich deine Rolle beim Development bzw. Rookie Camp zu jener während der Saison?

Penker: Beim Development Camp habe ich heuer gemeinsam mit Leo Luongo das Tormanntraining geleitet. Unsere NHL- und AHL-Torwarttrainer hatten nach der langen Saison freibekommen. Da habe ich die Funktion als Coach eingenommen. Beim Rookie Camp hatte ich die Aufgabe, die Torhüter zu beobachten, Spiele von der Tribüne aus anzusehen und anschließend über unsere Goalies im System zu sprechen. Zugleich habe ich die gegnerischen Torhüter gescoutet, um zu schauen, wer für die Zukunft vielleicht interessant wäre.

"In Europa gibt es bei uns keine Aufsplittung in Amateur-, Pro- und Development-Scouts für Goalies – das mache alles ich."

Jürgen Penker

LAOLA1: Und wie sieht deine Arbeit während der Saison konkret aus?

Penker: Grundsätzlich bin ich für alles zuständig, was mit Torhütern zu tun hat. Dazu gehört etwa das Pro-Scouting, also Free Agents in Europa beobachten und bewerten. Ich schaue mir auch die Depth Charts von Torhütern an, die bei anderen Klubs unter Vertrag sind oder gedraftet wurden. Außerdem scoute ich alle Goalies in Europa und Russland, die für den Draft relevant sind. Ein weiterer Schwerpunkt ist das Development. Ich bin vergangenes Wochenende nach Oskarshamn zu unserem Draftpick Olof Glifford geflogen. Dort habe ich mir am Freitag ein Spiel angesehen, bin am Samstag mit ihm aufs Eis gegangen und wir haben eine Video-Analyse gemacht. Da geht es stärker um individuelle Entwicklung. Parallel bin ich auch involviert, wenn Florida Entscheidungen treffen muss, welche Goalies unter Vertrag genommen werden. In Europa gibt es bei uns keine Aufsplittung in Amateur-, Pro- und Development-Scouts für Goalies – das mache alles ich. Einzig in Finnland haben wir einen Kontakt, der mir etwas hilft.

LAOLA1: Liege ich richtig mit der Annahme, dass für Florida mehr Zeit draufgeht als für Linz?

Penker: Es ist beides sehr intensiv. In Linz habe ich mir ein Tormann-Department mit Gernot Wegerer und Thomas Schneider aufgebaut, die den Nachwuchs betreuen und auch mal bei den Profis aushelfen, wenn ich nicht da bin. Für Linz arbeite ich meist von Montag bis Freitag, früh bis mittags. Wenn etwas Wichtiges ansteht, bin ich natürlich auch da. Die Wochenenden sind dazu da, dass ich Turniere besuche und Scouting betreibe. Ich versuche immer wieder Heimspiele in Linz einzubauen, damit ich unsere Mannschaft und meine Tormänner auch live sehe. Glücklicherweise sind Rasmus Tirronen und Thomas Höneckl schon lange bei mir. Das macht vieles einfacher, wenn ich einmal nicht da bin, weil wir seit Jahren zusammenarbeiten und sie genau wissen, wie wir arbeiten. Wenn ich das ganze Wochenende weg bin, mache ich das Meeting, das wir sonst persönlich abhalten, per Videocall.

LAOLA1: Da bleibt neben Arbeit und Schlafen wohl kaum Freizeit.

Penker: Ja, während der Saison ist das so. Früher, als ich Vollzeit-Tormanntrainer in Linz war, war es auch nicht viel anders. Da bin ich an der Bande gestanden und habe zusätzlich noch Assistenz-Aufgaben übernommen. Das fällt jetzt weg, weil der Job in Florida dazugekommen ist. Aber im Eishockey ist das nicht nur für mich so, sondern für alle. Eishockey ist nun mal acht Monate im Jahr, da bleibt nicht viel Zeit. Für mich kommt hinzu: Wenn wir im März oder April in Österreich aufhören, geht es für mich noch intensiv weiter, bis alle Ligen in Europa fertig sind und die Weltmeisterschaft gespielt ist. Ein großes Datum für mich ist der Draft Ende Juni, bis dahin bin ich total unter Strom. Dann folgt Anfang Juli das Development Camp und wirklich Pause habe ich erst danach bis Anfang August, wenn das Training in Linz wieder beginnt. Heuer war es so, dass ich am 7. Juli zurückgekommen bin und am 28. Juli war bei uns wieder Trainingsstart - das waren drei Wochen, in denen ich wirklich einmal nichts gearbeitet habe.

"Ich kann mir aber nicht vorstellen, noch 20 Jahre in der Form zu arbeiten - irgendwann wird es eine Veränderung geben."

LAOLA1: Als du 2021 diesen Job bei Florida angenommen hast: War absehbar, dass das derart intensiv werden würde?

Penker: Nein, war es nicht. Anfangs war ich Teilzeit bei Florida und habe nur Videos geschaut, vor allem in den ersten Jahren mit Covid-19. In den ersten drei Jahren war es eher so, dass ich zu internationalen Turnieren gegangen bin, mir dort die Nationalteam-Torhüter angeschaut und den Rest auf Video gemacht habe. Ich glaube, dass ich gute Arbeit geleistet habe, deshalb habe ich letztes Jahr einen Dreijahresvertrag erhalten. Von Florida kam damit auch der Wunsch, dass ich mehr für sie mache. Es wurde dann mit Linz abgestimmt, dass ich hier weniger mache. Dementsprechend haben wir die Verträge angepasst, aber weder die Black Wings noch ich wollten das Tormannprogramm hier aufgeben. Es hätte natürlich die Möglichkeit gegeben, in Linz gar nichts mehr zu machen und nur noch für Florida zu arbeiten, aber das sowohl für Phil (Lukas, Head Coach, Anm.) als auch mich kein Thema.

LAOLA1: Wie lange kannst du dir vorstellen, beide Rollen auszufüllen?

Penker: Darüber habe ich mir noch keine konkreten Gedanken gemacht. Ich bin in einem Alter, in dem man noch viel arbeitet. Ich habe mir zudem viele Routinen aufgebaut. Ich kann mir aber nicht vorstellen, noch 20 Jahre in der Form zu arbeiten - irgendwann wird es eine Veränderung geben. Momentan, und auch in den nächsten Jahren, kann ich es mir nicht vorstellen, komplett aus einer Tätigkeit auszusteigen, wenn es nicht notwendig ist.

LAOLA1: Linz und Florida bzw. win2day ICE Hockey League und NHL - das sind zwei verschiedene Welten. Was beeindruckt dich in Florida am meisten?

Penker: Wie du sagst: Es ist eine andere Welt. Man könnte es mit einer kleineren Firma und einem Großkonzern vergleichen. Es ist faszinierend, wie viele Mitarbeiter, Scouts, Trainer und Analysten es dort gibt. Das ist alles viel, viel größer als bei einer ICE-Mannschaft. Die neuen Trainings-Facilities in Florida haben drei Eisflächen, es ist alles da. Du gehst dort rein und hast eigene Köche für Frühstück und Mittagessen. Das ist eine andere Welt, und das spiegelt sich auch sportlich wider: Dort spielen die besten Eishockeyspieler der Welt, das ist auch auf dem Eis eine andere Qualität.

LAOLA1: Gibt es Dinge, die du von Florida nach Linz mitgenommen hast - oder vielleicht sogar umgekehrt?

Penker: Absolut. Die Erfahrungen aus Florida und die vielen Reisen zu anderen Vereinen erweitern meinen Blick. Jede Halle, jede Organisation hat Dinge, die man mitnehmen kann: Wie sie Drittelpausen gestalten, was sie vor dem Spiel machen, aber auch technische Sachen wie Videoprogramme oder Medienarbeit. Das gebe ich dann auch in Linz weiter. Ich habe auch viele Eindrücke bei HV71, wo unser Draftpick Olof Glifford bis zur letzten Saison gespielt hat, und anderen Klubs gewonnen. Wenn man die Augen und Ohren offen hat, kann man immer etwas mit nach Hause nehmen. Das erweitert meine Welt im Eishockey extrem.

Foto: © Privat

LAOLA1: Ich habe ganz vergessen zu gratulieren - du bist seit Juni zweifacher Stanley-Cup-Sieger! Im September hattest du die Gelegenheit, die Trophäe das erste Mal selbst in deinen Händen halten zu dürfen. Wie war das?

Penker: In den letzten Monaten ist vieles passiert, was neu in meiner Karriere ist. Als Spieler träumt man natürlich von der NHL - das war lange auch mein Traum. Als meine Spielerkarriere vorbei war und ich Trainer geworden bin, war dieser Traum nicht mehr so präsent. Dass ich als Trainer den Weg in die NHL geschafft habe, ist unglaublich. An einen Stanley Cup habe ich nie gedacht - und dann passiert sowas. Beim Development Camp habe ich den Championship Ring für das letzte Jahr erhalten, obwohl wir schon den zweiten Stanley Cup gewonnen haben. Es war Wahnsinn, das mitzuerleben. Vom Verein haben wir tolle Erinnerungen erhalten - etwa einen kleinen Stanley Cup, in dem auch mein Name hinten eingraviert war, oder einen Pokal für den Gewinn der Eastern Conference. Das sind Kleinigkeiten, die für mich als Österreicher so viel Wert haben. Beim Rookie Camp den Pokal zu sehen und stemmen zu dürfen, war sehr emotional. Ich werde 43 Jahre alt und bin seit 40 Jahren im Eishockey-Business. Ich habe meinen Spielerpass mit zwei Jahren bekommen. Mein ganzes Leben habe ich nur im und für das Eishockey gearbeitet. Dass ich sowas erlebe und nochmal einen Championship Ring bekommen werde, ist überwältigend. Es ist unbeschreiblich, dass so viele Dinge in den letzten zwei Jahren passiert sind. Es sind Träume in Erfüllung gegangen.

LAOLA1: Ist es möglich, dass nächstes Jahr ein dritter Championship Ring hinzukommen wird?

Penker: Das hängt davon ab, wie die Saison verläuft und ob wir weitere Verletzungen haben werden. Wir sind sicher ein Team, das vorne mitspielen kann - aber um Meistertitel zu gewinnen braucht man neben Qualität auch ein bisschen Glück. Verletzungen sind in der entscheidenden Phase einer der größten Faktoren. Ich hoffe, dass Barkov rechtzeitig zurückkommt, sodass er in den Playoffs eingreifen kann. Wenn das der Fall ist, ist die Chance sicher da, dass wir heuer wieder vorne mitspielen.


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