news

Welche NHL-Rookies dürfen schon bleiben?

Kotkaniemi dankt Montreal-Vertrauen, aber wie sieht es bei Alterskollegen aus?

Welche NHL-Rookies dürfen schon bleiben? Foto: © getty

Manchmal dauert es exakt zwölf Spiele, ehe ein NHL-Rookie so richtig auf sich aufmerksam machen kann. Im Falle von Jesperi Kotkaniemi etwa - der nun mit zwei Treffern zum zweitjüngsten Torschützen der Montreal Canadiens wurde und ihnen zum 6:4 über die Washington Capitals verhalf (Bericht).

Aber zwölf Spiele sind in den meisten Fällen zu viele. Denn nach den ersten zehn Auftritten eines Youngsters in der besten Eishockey-Liga der Welt steht eine entscheidende Deadline an, die den Auftritt vieler Jünglinge vorerst wieder beendet.

Warum dem so ist, und welche weiteren kritischen Momente im ersten Karriere-Jahr eines NHL-Spielers auf ihn und die Teams warten, erklärt LAOLA1-Experte Bernd Freimüller:

Was bedeutet die 10-Spiele-Deadline? Wen betrifft sie?

Jeder Spieler in seinem "Entry Level Deal" (sprich seinen Eintrittsvertrag in die NHL) kann neun Spiele in der Liga ohne Probleme spielen. Damit sind seine absolvierten Spiele, nicht die des Teams gemeint, theoretisch könnte er diese also noch erst viel später als jetzt erreichen, sogar erst während der Playoffs.

Doch nach dem neunten Spiel muss das Team eine Entscheidung fällen: Tritt er nochmals an, ist das erste Jahr seines Vertrags verbrannt, es bleiben nur zwei Jahre über. Wird er weggeschickt, wird das Jahr nicht angerechnet, sein Vertragsende bleibt drei Jahre entfernt, verschiebt sich also nach hinten.

Das gilt aber nur für Spieler, die 18 oder 19 Jahre alt sind, sprich in ihrem ersten oder zweiten Jahr nach Vertragsabschluss. Für 20-Jährige gilt das nicht mehr. Ebenso nicht für Spieler, die am 15. September ihres ersten Vertragsjahres 19 Jahre alt sind und zwischen dem 16. September und 31. Dezember 20 Jahre alt werden.

Aus einem Dreijahres-Vertrag können so eigentlich fünf Jahre werden, obwohl der Spieler schon bis zu 18 Spiele in der NHL bestritten hat.

Bestes Beispiel dafür: Winnipeg-Center Mark Scheifele. Aufgrund körperlicher Mängel schickten ihn die Jets zwei Jahre hintereinander zu seinem Junioren-Team zurück. Nach diesem zweimaligen "Entry-Level-Slide" schaffte er dann den Durchbruch zu einem der besten NHL-Center, sein Einstiegsvertrag lief damit aber erst im Sommer 2016 statt 2014 aus.

Nochmals: Das gilt für Spieler, die im ersten oder maximal zweiten Jahr ihrer Draftberechtigung einen NHL-Vertrag unterschrieben haben.

 

Wie lauten die Kriterien bei der Entscheidung der Teams?

Vor allem hohe Draft Picks bekamen in den letzten Jahren stets die Möglichkeit, sich in der NHL zu beweisen, die Liga wird immer jünger und jünger. Die Gründe dafür: Die Spieler werden schon in jungen Jahren geistig und körperlich besser betreut und die abnehmende physische Spielweise gibt auch zarteren Spielern (bestes Beispiel: Vancouvers Elias Pettersson) die Möglichkeit zu brillieren.

Einem hohen Draft-Pick heute früh zu sagen, dass er für das NHL-Team noch nicht in Frage kommt? Fast undenkbar...

Viele junge Cracks werden also gleich zu Leistungsträgern, bei anderen dauert es etwas länger. Der Quasi-Tryout von neun Spielen gibt den Teams also die Möglichkeit, sich ihre Cracks auf NHL-Niveau genau anzusehen, bevor eine Entscheidung fallen muss.

Natürlich ist auch die jeweilige Kadertiefe ein Kriterium: Montreal etwa hat schon seit Jahren keine körperlich starken Center hervorgebracht. Daher überraschte es auch nicht, dass der Finne Jesperi Kotkaniemi auch nach zehn Spielen im Team blieb, obwohl er in diesem Zeitraum keinen Treffer beisteuern konnte.

Er dankte es im 12. Spiel dafür gleich mit einem Doppelpack, der ihn zum zweitjüngsten Canadiens-Torschützen der Geschichte machte.

 

Welche Spieler haben es geschafft? Wer muss noch zittern?

Dass Nummer-1-Draftpick Rasmus Dahlin weiter in Buffalo bleibt, überrascht wohl niemanden.

Auch Andrei Svechnikov (Carolina) und der Schwede Isac Lundeström (Anaheim) wurden im Juni gedraftet und haben bereits mehr als zehn Spiele bestritten. Die finnische Defender-Troika Henri Jokiharju (Chicago), Juuso Välimäki (Calgary) und Miro Heiskanen (Dallas) wurde schon 2017 gedraftet, feierte aber erst heuer die NHL-Debüts.

Der tschechische Flügel Filip Chytil wurde nach neun Spielen in der letzten Saison in die AHL geschickt, bevor er heuer (bis jetzt) zum Full-Timer bei den Rangers wurde.

Michael Rasmussen steht weiter im Team von Thomas Vanek bei den Detroit Red Wings. Edmontons Defender-Hoffnung Evan Bouchard bräuchte noch drei Spiele zur Überschreitung der Deadline, steht noch im Oilers-Roster, obwohl er offensiv noch nicht so produziert wie erhofft. Ebenfalls noch offen, was mit Powerforward Brady Tkachuk in Ottawa passiert. Er liegt derzeit wegen einer Knieverletzung flach.

Umgekehrt hatten die offensiv ohnehin tief besetzten Jets von Flügel Kristian Vesalainen nach fünf Spielen schon genug gesehen und schickten ihn vorläufig in ihr AHL-Team. Er kann natürlich jederzeit wieder zurückkommen, wenn er benötigt wird, die AHL-Spiele zählen nicht für die Berechnung.

 

Ab in die AHL anstelle der NHL – wo ist das Problem?

Wenn das nur so einfach wäre – viele dieser Cracks dürfen gar nicht in der AHL (oder ECHL) spielen. Die NHL und die CHL (WHL, OHL, QMJHL) haben nämlich ein Abkommen, dass Youngsters zu ihren Junioren-Team zurückkehren müssen, wenn sie in der NHL keinen Platz haben. Auch das gilt wieder für Spieler im Alter von 18 und 19, nicht aber für Overager. Bei 20-Jährigen können die NHL-Teams entscheiden, ob sie noch Major Juniors oder schon in der AHL (oder ECHL) spielen sollen.

Wenn ein Spieler also aus der CHL gedraftet wird und für die NHL noch nicht ganz bereit ist, muss er in die Junioren-Liga zurück und kann nicht in der AHL auflaufen. Theoretisch wäre auch eine Leihe nach Europa möglich, aber das kommt eigentlich nur bei Europäern vor.

Spieler, die aus Europa oder anderen Ligen (USHL, College, US-U18-Nationalteam) gedraftet werden, können in die AHL geschickt werden. Das gilt etwa für Sniper Filip Zadina – im Gegensatz zu Michael Rasmussen, der aus der CHL gedraftet wurde, konnten ihn die Red Wings ohne Probleme in die AHL schicken. Das wäre natürlich auch für Rasmussen die ideale Liga, dominierte er doch die WHL schon in der letzten Saison. Eine nochmalige Rückkehr zu den Junioren war daher kaum sinnvoll, auch deswegen wollten ihn die Red Wings weiter beim Team behalten, auch wenn er öfters auf der Tribüne sitzt.

So weit sind die Regeln ja noch überschaubar, aber es gibt auch Hybrid-Fälle: Ein Spieler hat in seinem NHL-Draftjahr in Europa gespielt, geht aber danach in die CHL. Diese Spieler sind für die AHL spielberechtigt.

Alles klar – oder auch nicht: Defender Julius Honka spielte in seinem Draftjahr für Swift Current in der WHL, bevor ihn Dallas draftete und ihn in der nachfolgenden Saison zu ihrem AHL-Team schickte. Wie das? Honka war damals 18, hätte also eigentlich nie und nimmer in der AHL auflaufen dürfen. Doch keine (NHL-)Regel ohne Loophole: Honkas ehemaliges finnisches Team JYP hatte ihm keine absolute Freigabe für Swift Current erteilt, sondern ihn nur ausgeliehen. Das Junioren-Team hatte damit keine Rechte auf ihm, Dallas konnte mit Honka nach Vertragsunterschrift machen, was sie wollten...

 

Die 40-Spiele-Regel 

Die Deadline mit den zehn Partien wird oft diskutiert, eine andere, für viele General Manager weit wichtigere, aber oft vergessen: Einige Cracks überleben zwar die ersten zehn Spiele, werden dann aber im Laufe der Saison doch noch weggeschickt. Der Grund dafür muss nicht unbedingt eine nachlassende Leistung sein, sondern vielmehr ein ökonomischer: Nach 40 Spielen gilt ein Vertragsjahr als komplett abgeleistet, egal was danach noch kommt. Das erste von (meist) sieben Jahren Richtung "Unrestricted Free Agency" ist damit verbrannt. Bei nur 39 Spielen (wieder persönliche, nicht die des Teams) dagegen verschiebt sich die UFA um ein Jahr nach hinten. Ein Spieler wird nämlich entweder mit 27 Jahren automatisch zum UFA oder früher, wenn er bereits sieben Saisonen absolviert hat. Warum ihm also eine Saison am Silbertablett servieren, wenn es nicht unbedingt sein muss?

Ein Beispiel für so einen Fall: Leon Draisaitl spielte in seinem ersten Vertragsjahr 37 Spiele für die Oilers, ehe sie ihn zurück zu seinem Junioren-Team nach Kelowna schickten. Seine Bilanz bis dahin: Zwei Tore und sieben Assists. Durchaus verständlich, dass die Oilers ihm also noch gerne etwas Reifezeit in der WHL verschafften wollten, doch natürlich war es kein Zufall, dass das nach 37 und nicht etwa nach 41 Spielen passierte.

 

So sehr NHL-Fans das Schicksal der jungen Cracks verfolgen und darüber diskutierten, in welcher Liga diese am besten aufgehoben wären: Klar dominieren die sportlichen Belange, doch Regeln und kaufmännische Belange sind stets mit zu bedenken. Das tun die GMs und ihre "Capologists" nämlich definitiv...

Kommentare