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Thomas Raffl: "Ich bin selbst das erste Mal 39"

Der 40er naht, doch ans Aufhören denkt Salzburgs Kapitän noch lange nicht. Wenngleich er weiß, wie rasch sich das ändern kann.

Thomas Raffl: Foto: © GEPA

Das Feuer in Thomas Raffl - es brennt nach wie vor.

Besonders jetzt, wo er mit seinem jüngeren Bruder Michael Raffl wieder vereint ist. Gemeinsam will das Brüderpaar die win2day ICE Hockey League unsicher machen. Wie einst zu Villacher Zeiten, nur in anderen Lebensabschnitten.

Damals noch jung und unerfahren, haben beide mittlerweile Familien gegründet und befinden sich im Herbst ihrer Karrieren. Mit 39 respektive 36 Jahren zählen die Raffls nichtsdestotrotz zu den Aushängeschildern im österreichischen Eishockey.

Deshalb ist der Medienauflauf beim ersten gemeinsamen Pressetermin in Salzburg auch groß. Und die Stimmung beim Duo locker.

Thomas Raffl geht im LAOLA1-Interview nicht nur auf seine ersten Gedanken ein, als klar wurde, dass sein Bruder nach Salzburg kommen würde. Er spricht auch über den Erfolgshunger in der Mozartstadt und was ihn immer noch antreibt.

Michael Raffl: Ist mehr als ein Jahr in Salzburg möglich?

 

LAOLA1: Vor rund zwei Monaten hat Österreich mit dem Einzug ins WM-Viertelfinale einen der größten Erfolge der heimischen Eishockey-Geschichte gefeiert. Mir stellt es alleine beim Gedanken daran die Gänsehaut auf - wie geht es dir dabei?

Thomas Raffl: Es war einfach unglaublich, ein überwältigendes Gefühl. Heuer haben so viele Sachen mitgespielt, die Mannschaft ist über diese zwei Wochen in Stockholm tadellos aufgetreten. Als älterer Spieler hat es mich enorm stolz gemacht, wie professionell sich die Spieler verhalten haben. Das hat sich dann auch in den Ergebnissen widergespiegelt.

LAOLA1: Wie sind die nächsten Tage verlaufen, als man das gesamte Erlebnis einmal sacken lassen konnte?

Raffl: Das schönste Gefühl bei einer WM ist, dass man sich mit den besten Spielern der Welt messen kann. In den Spielen gegen die Slowakei oder Lettland, in denen wir in den letzten Jahren meist den Kürzeren gezogen haben, haben wir auf der Bank ein dominantes Gefühl gespürt - das war unglaublich. Es war ein sehr großer Schritt für das österreichische Eishockey. Jetzt heißt es dranbleiben, nicht zu viel nachdenken, sondern einfach einen Schritt nach dem anderen machen.

LAOLA1: Der Trend geht stetig bergauf. Woran liegt das?

Raffl: Es ist ganz eigenartig. Wir treten in der Liga gegeneinander an - da ist natürlich ein gewisser Hass dabei, wenn man aufeinander trifft. Den muss man haben, um für die Spiele bereit zu sein. Aber wir treffen uns als Mannschaft beim Nationalteam, es versteht sich jeder mit jedem. Das Mannschaftsgefüge hatte auch für Teamchef Roger Bader stets die höchste Priorität. Jeder hat sich eingefügt und respektiert seine Rolle im Nationalteam, auch wenn diese teilweise von jener im Klub abweicht. Und es macht jedem Spaß, zum Nationalteam zu kommen. Das ist der größte Erfolgsfaktor.

"Ich bin selbst das erste Mal 39. Ich weiß nicht, wie sich der Körper und die Regeneration verändern werden."

Thomas Raffl weiß, wie schnell es gehen kann

LAOLA1: Du bist 39 Jahre alt und topfit. Wie lange wird man dich noch im Nationalteam sehen?

Raffl: Zum jetzigen Zeitpunkt bin ich nicht bereit, meine Nationalteam-Karriere zu beenden. Aber ich muss ganz ehrlich sagen: Ich bin selbst das erste Mal 39. Ich weiß nicht, wie sich der Körper und die Regeneration verändern werden. Bis jetzt merke ich noch nichts. Ich glaube, ich brauche diese Challenge. Solange ich sie annehmen kann, werde ich es machen. Der Rest liegt in der Zukunft.

LAOLA1: Es macht nicht den Anschein, als müsstest du dich im Sommer beim Training groß überwinden, um in Form zu kommen.

Raffl: Nein, ich mache das sehr gerne. Natürlich ist es ein Vorteil, wenn man mit Erfolgen belohnt wird. Auf der anderen Seite hatte ich in 22 Jahren Profi-Karriere auch Jahre, in denen man nicht belohnt wurde. Das heißt, ich kann diese Erfahrung an junge Spieler weitergeben: Dranbleiben, weiterarbeiten - der Erfolg wird kommen. Leider kann man nicht sagen, wann genau, aber es zahlt sich auf alle Fälle aus.

LAOLA1: Du wirst erstmals seit 16 Jahren wieder mit deinem Bruder Michael für denselben Klub spielen. Musstest du ihn in irgendeiner Art davon überzeugen?

Raffl: Nein. Wir sind Brüder, aber gleichzeitig auch beste Freunde. Wir haben den gleichen Freundeskreis und verbringen jede freie Minute zusammen. Wenn man dann in diesem Lebensabschnitt die Möglichkeit hat, zusammenzuspielen und unsere Familien zusammenzubringen, ist das das Schönste, was man sich vorstellen kann. Wir wollen jetzt diese Familienzeit mit der sportlichen Zeit verbinden und unser bestes Leben leben.

Nicht nur Brüder, sondern auch beste Freunde: Thomas und Michael Raffl
Foto: © EC Red Bull Salzburg/Gintare Karpaviciute

LAOLA1: Was waren deine ersten Gedanken, als Michael dir vom Angebot aus Salzburg erzählt hat?

Raffl: Das Erste, was ich mir gedacht habe, war: Cool, ich kann mit meinem Bruder zusammenspielen. Unmittelbar danach kam: Cool, wir werden wieder eine Chance haben, um den Titel mitzuspielen. Die Erfahrung, die er in seiner Karriere gemacht hat, sucht ihresgleichen. Ich glaube, speziell in unserer Mannschaft mit sehr vielen jungen Spielern gibt es nichts Besseres, als direkt von jemandem zu lernen, der alles durchlebt hat.

LAOLA1: Salzburg geht mit dem Ziel, den fünften Meistertitel in Folge zu holen, in die Saison. Wie bleibt man nach all den Jahren so erfolgshungrig?

Raffl: Indem man als Mannschaft, als Kollektiv versteht, dass vergangene Erfolge einem in der Zukunft nicht helfen. Dieses Gespräch führen wir jedes Jahr und solange jeder einzelne Spieler bereit ist, die nötigen Investitionen zu tätigen und sich täglich zu verbessern, wird die Chance wiederkommen.

LAOLA1: Mit Manny Viveiros gibt es einen neuen Cheftrainer, der Michael und dich seit der Kindheit kennt. Was ist er für ein Typ Mensch und Trainer?

Raffl: Manny ist ein toller und sehr ehrlicher Mensch. Wenn er dir etwas sagt, meint er es genauso. Er ist eine enorme Respektperson. Ich kann einem Menschen keinen größeren Respekt entgegenbringen, als wenn er dir die Wahrheit ins Gesicht sagt. Wenn man seine Laufbahn betrachtet (u.a. Trainer in der AHL, WHL, Anm.), sieht man: Genau solche Trainer werden dort gesucht, die junge Spieler ausbilden können. Diese zwei Faktoren bringen genau das auf den Punkt, wofür Red Bull Salzburg steht – junge Spieler ausbilden und erfolgreich sein. Es wird eine aufregende Saison, und ich freue mich, Manny mit dem Zepter in der Hand zu sehen und ihm nachzueifern.

LAOLA1: Die Konkurrenz hat wieder kräftig aufgerüstet, um euch endlich vom Thron zu stoßen. Treibt dieser Umstand einen als Team und Spieler persönlich an?

Raffl: Man geht jedes Jahr davon aus, dass in einer Liga mit 13 Mannschaften jeder den Titel haben will – egal, ob die Chance realistisch ist oder nicht. Wir versuchen, uns auf uns selbst zu konzentrieren. Wir haben die besten Voraussetzungen: Eine super Vorbereitung mit dem Red Bulls Salute und der Champions Hockey League, wo wir uns auf das höchste Niveau einstellen können. Alles andere wird am Eis entschieden. Es ist eine lange Saison und wir müssen schauen, dass wir die Faktoren, die wir beeinflussen können, richtig treffen. Dann mache ich mir keine Sorgen, dass wir wieder um den Titel mitspielen werden.


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