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KAC und der seltsame Fall Petter Hansson

LAOLA1-Experte Freimüller über diskutable Entscheidung der Klagenfurter:

KAC und der seltsame Fall Petter Hansson Foto: © GEPA

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Steven Strong, Marco Richter und Philipp Kreuzer mussten zur Trading Deadline in Klagenfurt Jhonas Enroth (oder genauer Rok Ticar) Platz machen – alles schon ausreichend diskutiert.

Aber wäre es für den KAC nicht logischer und vor allem einfacher gewesen, den schwedischen Defender Petter Hansson abzumelden? Die Kadertiefe wäre so zumindest nicht beeinträchtigt geworden.

Worum handelt es sich bei dem 23-jährigen Schweden überhaupt - um einen verschwendeten Importplatz? Um einen Durchschnittsspieler, der auf das Spiel des KAC weder positiven noch negativen Einfluss hat?

Oder hat KAC-Coach Petri Matikainen recht, der Hansson nicht nur vor jüngeren österreichischen Defendern wie Michael Kernberger, Kele Steffler oder Niklas Würschl, sondern eben auch vor einem Nationalteam-Verteidiger wie Strong reiht?

Der Versuch einer Aufarbeitung von LAOLA1-Experte Bernd Freimüller:

EBEL-Playoffs: Viertelfinale 1, Mittwoch ab 19:15 Uhr im LIVE-Ticker>>>

Petter Hanssons Karriere in Schweden

Hansson arbeitete sich bei Linköping, die über eine gute Nachwuchsarbeit verfügen, bis in die erste Mannschaft hoch, wo er von 2014 bis 2016 immerhin 46 SHL-Spiele – allerdings oft mit limitierter Eiszeit – absolvierte. Um mehr zu spielen, wechselte er in die Allsvenskan, erst auf Leihe nach Västerviks, dann nach Södertälje.

Fünf Spiele in der Division 1 bei Huddinge in der letzten Saison deuteten schon darauf hin, dass er sich von der SHL wohl für immer verabschiedet hatte, seine Karriere-Verlauf ging in die falsche Richtung und im heurigen Sommer stand er ohne neues Team da.

Sein NHL-Draftstatus

Sein NHL-Draftstatus

Hansson wurde im Sommer 2015 in der siebten und letzten Runde von den New York Islanders gedrafted. Hansson war damals bereits 19, in seinem ersten Draft-Jahr blieb er noch ungeküsst. Die Saison 2014/15 war seine beste, vor allem von den Scorerzahlen. 34 Punkte (davon 15 Tore) in 38 Spielen mit der U20 stechen in seinen Statistiken klar heraus. Er spielte daneben in der SHL und kam auch auf seine einzigen Nationalteam-Berufungen im U19-Team.

Hansson hinterließ in dieser Saison also den Eindruck eines Spätentwicklers, bei dem man hoffen konnte, dass er im nächsten Jahr ein Fixstarter in der SHL und vielleicht sogar eine kleine Chance auf ein Aufgebot im (allerdings tief besetzten) U20-Nationalteam haben könnte.

Der europäische Islanders-Chefscout, Vellu Kautonen, im Gespräch mit LAOLA1 über Hanssons Draftjahr: "Er hat damals in der U20 eine für ihn neue, offensive Seite gezeigt. Ein Siebtrunden-Pick ist natürlich mit viel Hoffnung verbunden, aber wir haben darauf gesetzt, dass es für ihn nach oben gehen würde."

Die Vorschusslorbeeren, mit denen er in Österreich teilweise empfangen wurde ("Viel zu stark für die AlpsHL") habe ich nie verstanden – worauf hätte dies basieren sollen? Auf seinen Teileinsätzen in der SHL, seinem Mitläuferstatus in der Allsvenskan oder dem Islanders-Pick, der wie alle Siebtrunden-Picks natürlich ein Schuss ins Blaue war? Hansson verließ Schweden als unterdurchschnittlicher und relativ anonymer Allsvenskan-Defender.

Sein Schuss

Das größte Rätsel in Hanssons Spiel: Wo versteckt er seinen Slap Shot während der Spiele? Denn von diesem Aspekt seines Spiels schwärmt jeder und in seinem Draftjahr was dieser ein wesentlicher Faktor. Kautonen: "Sein Schuss kann eine Waffe sein – in den Juniorenspielen sind die Gegner fast zu Seite gegangen, um ihn nicht blocken zu müssen. Vor allem deswegen haben wir ihn auch gedraftet, das allerdings danach nie mehr gesehen."

Auch Södertälje setzte auf diese wesentliche Facette seines Spiels, allerdings vergebens – er war dort nicht mehr als ein Tiefen-Defender mit nur wenigen auffälligen Momenten. In Klagenfurt soll sein Schuss im Training ebenfalls augenfällig sein, bei den Spielen, die ich gesehen habe, wäre mir keine große Offensivkraft und schon gar kein Howitzer aufgefallen.

Das alles deutet darauf hin, dass er im Seniorenbereich – wo die Räume naturgemäß enger sind als im Nachwuchs – einfach gar nicht die Zeit findet, diesen Schuss anzubringen, im Training dagegen schon. Seine Scorerzahlen sind eben mit der Ausnahme seines Draftjahres die eines reinen Defensivverteidigers. Oder fehlt es ihm am Selbstvertrauen, sich von der Masse abheben zu wollen? Ähnliches vermutete man in Södertälje.

Meine Berichte über ihn

Ich habe ihn im September zufällig in seinem ersten Spiel in Österreich – AlpsHL in Salzburg – gesehen. Bei solchen Spielen konzentriere ich mich aber vor allem auf die jungen Österreicher, er fiel mir weder positiv noch negativ auf.

In den zwei EBEL-Spielen, die ich danach gesehen haben, habe ich mir Folgendes notiert: "Guter Körper, fast massig. Steht stark auf den Eisen, gute Balance. Gute Beweglichkeit, verteidigt mit Positionsspiel und Stock. Nicht soft oder im Zweikampf überwältigt, aber sicher auch kein aktiv physischer Spieler. Nimmt ab und zu etwas Risiko mit der Scheibe, grundsätzlich aber kein Gambler. Kaum Offensive, Spiel mit Scheibe ohne große Finesse. Penaltykilling, kein Powerplay."

"Physisches Spiel adäquat, kein Einschüchterungspotenzial"
Foto: © GEPA

Samstag gastierte der KAC wieder in Wien, da konnte ich mich nochmals auf ihn konzentrieren: "Aktiver Defensiv-Partner für unroutinierten Mitspieler (Würschl), stets anspielbar, hält Beine in Bewegung, öffnet Hüften für Passoptionen. Kopf pendelt, hat sowohl Zone mit Puck als auch vor das Tor gleitende Stürmer im Auge. Gute Backhand, kann Zone klären oder Scheibe weiterleiten. Ab und zu mit Risiken, grundsätzlich mit Scheibe aber solide. Nach wenigen Sekunden schon in den offensiven Slot geskatet, Abschluss zu zentral. Sonst nur noch ein schwacher Schuss, Offensive minimal, eher ein Halbeis-Spieler. Physisches Spiel für EBEL adäquat, aber kein Einschüchterungspotenzial."

Das mangelnde physische Spiel war u. a. auch ein Grund dafür, dass Kautonen den Islanders schon zu Beginn der letzten Saison keinen Vertrag für Hansson empfehlen konnte – vier Jahre nach seinem Draft hätten sie dies tun müssen, so ließen sie die Rechte für ihn verfallen. Kautonen: "Charakterlich keine Probleme, guter Junge, aber halt keine Weiterentwicklung. Hätte wohl auch in der AHL keine großen Wellen geschlagen."

Sein (relativer) Status in Klagenfurt und im österreichischen Eishockey

Spielen wir ein Spielchen: Hansson wäre ein Österreicher, der aber schon in jungen Jahren nach Schweden gegangen und so vom Radar verschwunden, bevor er im letzten Sommer zurückgekehrt wäre. Er hätte also den rot-weiß-roten-Pass und im Nachwuchs auch die erforderlichen Jahre für einen Nationalspieler-Status angehäuft.

Für mich wäre Hansson dann ein Spieler für den erweiterten Teamkader, der sich im November oder Februar sicher schon eine Chance verdient und wohl auch erhalten hätte. Mit 23 Jahren ist er gut mit jüngeren Österreichern zu vergleichen, etwa Gerd Kragl (22) oder Eric Kirchschläger (23), mit denen er für mich jederzeit mithalten könnte.

Wäre er ein Fixstarter für eine WM? Nicht unbedingt, aber am Weg dorthin. Ist er für mich besser als der ausgemusterte (und natürlich auch ältere) Steven Strong? Ist er (noch) nicht. Ist er für mich besser als seine Konkurrenz am KAC-Kaderrand, Kernberger (23), Steffler (21), Würschl (20) oder Christoph Duller (26)? Ja, und das nicht knapp.

In der Relation der Dinge liegt Matikainen also nicht daneben, auch wenn ich persönlich in Strong mehr Feuer und Aufopferungsbereitschaft sehe.  

Nur: Hansson ist eben ein Legionär und als solcher derzeit EBEL-Durchschnitt oder knapp darunter. Natürlich kann der KAC ihn oder ähnliche Spieler Jahr für Jahr für kleines Geld aus Schweden holen, die Allsvenskan scheidet jedes Jahr Cracks wie ihn aus. Allerdings führt das natürlich ein Konzept mit einem sicher nicht billigen Farmteam ad absurdum.

Und die Personalentscheidungen nur dem Chefcoach zu überlassen, wie es er der KAC zur Trading Deadline tat? Auch das eine EBEL-Eigenheit, die weder dem österreichischen Eishockey noch dem Klub selbst weiterhelfen wird.

Sollte Hanssons Bombenschuss doch noch aus der Versenkung auftauchen, könnte er seinen Status als derzeitiger Legionärs-Tiefendefender sicher noch erhöhen. Wenn nicht, wäre Hansson – auch neben einigen älteren Österreichern – einer jener Spieler, die für einen (nicht nur puunktemäßig) übervollen Kader sorgen, der spätestens im Sommer stromlinienförmiger gemacht werden muss.

Thimo Nickl ist jedenfalls zu seinem Entschluss, im letzten Sommer den KAC gen Übersee zu verlassen, nur zu gratulieren und auch David Maier oder Fabian Hochegger sollten sich eine vorschnelle Rückkehr aufgrund der personellen Überbesetzung überlegen. Immerhin können aufgrund der nachrückenden (starken) 2002- und 2003-Jahrgänge einige Platzhalter im Farmteam abgegeben werden. 

Petter Hansson für die umstrittenen KAC-Personal-Entscheidungen zur Deadline verantwortlich zu machen, wäre nicht gerecht, ihn als unabkömmlich zu bezeichnen, allerdings auch übertrieben. Würde das österreichische Eishockey mehr Defender seiner Spielstärke produzieren, stünde es besser da, Imports wie ihn zu beschäftigen, kann aber kontrovers diskutiert werden...

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