Über mangelnde Davis-Cup-Stimmung wird sich Österreich beim Final-Turnier der besten acht Nationen in Bologna wohl wahrlich nicht beklagen müssen.
Seit Mittwoch-Mittag wissen wir: Die ÖTV-Truppe von Kapitän Jürgen Melzer bekommt es in der circa 10.000 Zuschauer fassenden Sporthalle am Messegelände der siebentgrößten Stadt Italiens mit dem Gastgeber zu tun.
Ein echtes Hammerlos! Die Mannschaft von Ex-Profi Filippo Volandri ist zweifacher Titelverteidiger und mittlerweile seit bereits 11 (!) Länderkämpfen ungeschlagen.
Nicht nur aufgrund der aktuellen Davis-Cup-Rangliste gilt Italien als die derzeit größte Tennis-Nation der Welt.
Neun Top-100-Spieler inklusive Jannik Sinner
Der italienische Davis-Cup-Kapitän hat bei seiner Aufstellung zudem die Wahl der Qual. Mit Superstar Jannik Sinner (2) und Lorenzo Musetti (9) hat Volandri nicht nur zwei Top-10-Spieler zur Verfügung, sondern auch noch sieben (!) weitere Top-100-Spieler.
Hinzu kommt das eingespielte Doppel Bolelli/Vavassori, das im aktuellen Jahres-Race auf Position sechs liegt und heuer bei den Australian Open das Endspiel erreichte.
"Mehr Außenseiter kann man nicht sein", bringt es Melzer, der in Ungarn ohne Top-100-Spieler auskommen musste, auf den Punkt. Der ehemalige Weltranglisten-Achte verweist allerdings auch darauf, dass es "hin und wieder mal" Überraschungen gibt. "Darauf müssen wir bauen!"
Das Motto kann also nur lauten: "Wir haben keine Chance, also nützen wir sie!" An Motivation wird es keinem rot-weiß-roten Spieler mangeln, der in der SuperTennis Arena auflaufen wird. Wer spielt nicht gerne vor einer ausverkauften Halle gegen die besten Spieler der Welt?
Sechs Kandidaten für fünf Plätze
Wobei wir schon beim nächsten spannenden Punkt wären: Wer wird von den Österreichern in Bologna überhaupt mit dabei sein? Denn auch Jürgen Melzer könnte eine schwierige Entscheidung bevorstehen, kann er doch nur fünf Mann nominieren.
Mit Sebastian Ofner, Filip Misolic, Jurij Rodionov, Lukas Neumayer, Alexander Erler und Lucas Miedler stehen jedoch sechs Namen auf der Liste, die sich eine Einberufung mehr als verdient hätten.
Doppel-Duo fix gesetzt
Fix gesetzt ist wohl das Doppel-Duo Alexander Erler/Lucas Miedler – es würde wenig Sinn machen, die in den letzten Jahren eingespielte Paarung zu zerreißen. Die besten Karten im Einzel hat Jurij Rodionov nach seiner Gala-Vorstellung in Ungarn.
Auch Lukas Neumayer hat in Debrecen mit seinem Drei-Satz-Sieg über Marton Fucsovics einen wesentlichen Beitrag zum Final-Einzug geleistet. Zudem stand er auch in Runde eins gegen Finnland erfolgreich seinen Mann.
Filip Misolic ist Österreichs aktuelle Nummer eins und einziger rot-weiß-roter Top-100-Spieler. Bleibt der zuletzt am Handgelenk verletzte Sebastian Ofner, seines Zeichens ehemaliger Top-40-Spieler auf dem Weg zurück. Der Steirer hat seine Qualitäten auf Hartplatz schon des Öfteren unter Beweis gestellt.
Eine Statistik spricht für Österreich
Leicht wird die Entscheidung für Jürgen Melzer also nicht – für einen dieser sechs Akteure wird der Niederösterreicher leider kein Foto dabei haben (können).
Da wir im Head-to-Head gegen Italien ebenfalls deutlich mit 1:5 zurückliegen, stellt sich abschließend die Frage, ob eigentlich überhaupt eine Statistik für das ÖTV-Team spricht? Ja, die gibt es.
Unvergesslicher Länderkampf mit Thomas Muster
Das bislang letzte Duell mit den Italienern haben die Österreicher klar mit 5:0 für sich entscheiden können. Und wer - wie ich - auch damals schon im fernsehtauglichen Alter war, wird sich auch mit Sicherheit daran erinnern können.
Unsere "drei Musketiere" Thomas Muster, Horst Skoff und Alex Antonitsch stellten mit dem damaligen Erfolg im Ferry-Dusika-Stadion den historischen Halbfinal-Einzug im Jahr 1990 sicher.
Strafpunkt nach Schläger-Attacke
Unvergessen bleibt dabei vor allem der emotionale Fünf-Satz-Erfolg von Muster im zweiten Einzel gegen Paolo Cane.
Der Italiener kassierte damals sogar einen Strafpunkt, weil er einen Zuschauer, von dem er sich durch Zwischenrufe gestört fühlte, mit seinem Schläger attackierte (siehe Video am Ende des Artikels).
Ein kleines Denkmal haben sich die ÖTV-Asse schon vergangene Woche in Debrecen setzen können. Vielleicht gehen Rodionov und Co. nun auch in Bologna den nächsten kleinen Schritt zur Unsterblichkeit.