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Leiser Glaube an das "Wintermärchen 2.0.20"

Hohe Hürden in der Hauptrunde - aber erste ÖHB-Träume von mehr:

Leiser Glaube an das Foto: © GEPA

Österreich wollte in die Hauptrunde, Österreich ist in der Hauptrunde - mit drei Siegen aus drei Vorrunden-Spielen hat das ÖHB-Nationalteam sein Mindestziel bei der Heim-EURO 2020 souverän unter Dach und Fach gebracht.

Und die Vorstellung beim 32:28 über Nordmazedonien war fast schon als kleine Warnung an die Handball-Riesen, die in den folgenden vier Spielen in der Wiener Stadthalle warten, zu verstehen. Immerhin ist das Land des amtierenden Champions-League-Siegers Vardar Skopje in jüngerer Vergangenheit kein Lieblingsgegner Österreichs gewesen.

Die mitgenommenen zwei Punkte aus dem Spiel gegen Tschechien, das Selbstvertrauen aus dem bisherigen Turnierverlauf und die volle Wiener Stadthalle im Rücken stellen gegen Weißrussland, Kroatien, Deutschland und Europameister Spanien zumindest dankbare Bedingungen dar, vielleicht weiter für eine Überraschung zu sorgen.

Das Turnier wird auf der sportlichen Seite mit diesen Handball-Kalibern allerdings spürbar mehr Gegenwind für das ÖHB-Team erzeugen, als das in einer ausgeglichenen Gruppe mit Nordmazedonien, der Ukraine und eben Tschechien der Fall war.

Kontinuierlich am Selbstvertrauen geschraubt

Teamchef Ales Pajovic war auch nach der Gala gegen Nordmazedonien um den Spagat zwischen Jubel, Realismus und Geduld bemüht.

"Jetzt kommen die Kandidaten für die Medaillen. Wenn wir so in Form sind und Selbstvertrauen haben, können wir vielleicht eine Überraschung schaffen. Aber meine Jungs sind keine Roboter. Und sollte es nicht laufen, bekommen die Jungs zumindest die Erfahrung, die wir für die Zukunft brauchen", meinte der Slowene.

"Wenn wir es schaffen, das Spiel gegen Deutschland ausgeglichen zu gestalten, dazu gegen Weißrussland gewinnen - dann spielen wir vielleicht um Platz fünf. Das muss in Wahrheit unser nächster Entwicklungsschritt sein."

Tobias Wagner träumt

Speziell das Selbstvertrauen ist aber eine erfrischende Neuerung in Österreichs Handball-Team, denkt man an die jüngsten Großereignisse zurück. Der EM-Silberne von 2004 leistete in nur zehn Monaten Vorbereitungszeit speziell in diesem Bereich Aufbau-Arbeit.

"Ich habe das Spiel für Spiel aufgebaut. Wir haben gegen Spanien überrascht, uns gegen Schweden und Norwegen gut gehalten. Das ist in einem guten Rhythmus gelaufen", zeigte sich der Slowene mit seiner Anfangszeit beim ÖHB zufrieden.

Spanien wurde schon geärgert

Gleich im ersten Spiel der noch jungen Amtszeit des Teamchefs wurde Europameister Spanien im Test 29:28 geschlagen. Vielleicht ein gutes Omen für die kommenden, sehr hohen Hürden.

Pajovic wollte realistisch bleiben - manch ein Spieler zeigt aber das hohe Selbstvertrauen, etwa Tobias Wagner: "Drei Hauptrunden-Gegner sind über uns zu stellen. Weißrussland ist in etwa so gut wie wir. Aber wir haben gegen Nordmazedonien mit elf Toren geführt, gegen die wir vor sechs Jahren noch klar verloren haben. Das ist ein riesiger Schritt."

Der Kreisläufer wagte eine erste kleine Rechnung, wie eine Sensation gelingen könnte. Eine solche wäre eine Teilnahme am Final-Turnier in Stockholm, die den ersten drei Teams der Hauptrunden-Gruppe vergönnt ist.

Spanien wurde im April geschlagen
Foto: © GEPA

"Wenn wir es schaffen, das Spiel gegen Deutschland ausgeglichen zu gestalten, dazu gegen Weißrussland gewinnen - dann spielen wir vielleicht um Platz fünf. Das muss in Wahrheit unser nächster Entwicklungsschritt sein", träumte Wagner.

Mit zwei Punkten hat Österreich immerhin einen Vorteil auf seiner Seite, auf den die Deutschen nicht bauen können, den sie erst einmal aufholen müssen. Weißrussland wurde in der WM-Qualifikation 2018 geschlagen.

Und das gute Testspiel gegen Spanien ist auch noch im Kopf: "Wir haben schon gesehen: Die Außenseiter-Rolle tut uns gut. Wir haben keinen Druck mehr, aber viele Menschen, die uns die Daumen drücken. Es macht riesigen Spaß - und jetzt messen wir uns mit den Besten Europas und der Welt. Jetzt sehen wir, wo wir wirklich stehen."

Weber wieder ein "junger Wilder"

Ein Ziel ist aber auf jeden Fall in Griffweite: Eine Wiederholung des "Wintermärchens" von vor zehn Jahren, als bei der ersten Heim-EM Rang neun erklommen wurde. Unter den besten zwölf Teams - einer im Vergleich zu damals vergrößerten Endrunde - steht Österreich schon.

Einer, der schon damals dabei war, sieht die Voraussetzungen aber als noch besser an - Robert Weber: "Damals sind wir gerade so in die Hauptrunde gerutscht, diesmal war es souverän."

Wie viel Spaß es dem Rechtsflügel im Nationalteam momentan macht, war ihm ins Gesicht geschrieben: "Es ist eine andere, eine junge wilde Generation. Ich passe mich an die Jungen an und bin auch wieder ein junger Wilder."

Und was junge Wilde eben so machen: Sie träumen. "In diesem Turnier kann so viel passieren. Die Franzosen sind schon ausgeschieden. Dänemark fast. Wenn wir in der Hauptrunde wieder so ein Publikum haben, vielleicht ein paar Prozent mehr, wer weiß, was dann möglich ist."

Wer weiß.

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