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Corona genügt nicht: Formel 1 droht Zerreißprobe

FIA bringt mit Vorgehen gegen Ferrari die anderen Teams gegen sich auf:

Corona genügt nicht: Formel 1 droht Zerreißprobe Foto: © GEPA

Eigentlich sollte die Formel 1 in Jubelstimmung sein.

Heuer wird das 70-Jahr-Jubiläum gefeiert (wenn es auch die 71. Saison ist, aber der erste Grand Prix wurde am 13. Mai 1950 in Silverstone ausgetragen).

Doch dann kam das Coronavirus, und niemand kann derzeit definitiv sagen, welche der ersten Saisonrennen laut Kalender tatsächlich stattfinden, mit wie vielen Teams und wie viele Personen an Einreisen in die entsprechenden Länder gehindert werden.

So weit, so schlecht.

Doch die Steigerung der Probleme resultiert aus einem Statement des Automobilverbandes FIA, der die „Causa Ferrari“ für abgeschlossen erklärte.

Untersuchungen gegen Ferrari

Was war passiert: Ferrari war offenbar in den Herbstrennen 2019 mit einer illegalen Treibstoffmenge und manipulierter Durchflussmenge unterwegs, was mehr Leistung und sensationelle Top-Speeds von Vettel und Leclerc auf Geraden ermöglicht hatte. Der Argwohn der Konkurrenz veranlasste die FIA zu einer tiefgreifenden Untersuchung, die wohl ergab, Ferrari war etliche Zeit der Vorsaison illegal unterwegs.

Damit hätte bei konsequenter Behandlung ein rückwirkender WM-Ausschluss samt hoher Geldstrafe oder gar Sperre für heuer folgen müssen.

Geheimes Abkommen zwischen FIA und Ferrari

Geheimes Abkommen zwischen FIA und Ferrari

In einer sechszeiligen Pressemitteilung vom 28. Februar war zu lesen: „Die FIA gibt bekannt, dass man nach gründlicher technischer Untersuchung die Analyse der Antriebseinheit von Ferrari abgeschlossen und eine Einigung mit dem Team erzielt hat. Die Details der Übereinkunft bleiben vertraulich.“

Und weiter: „Die FIA und die Scuderia Ferrari haben sich über eine Reihe technischer Maßnahmen geeinigt, die die Überprüfung aller Antriebseinheiten der Formel 1 in kommenden Saisonen erleichtern werden. Auch wird die FIA in der Definition von Regularien unterstützt, ebenso in der Erforschung von CO2-Emissionen und nachhaltigen Treibstoffen.“

Eine offene Verurteilung von Ferrari hätte wohl eine Anfechtung der Italiener und damit einen langen Rechtsstreit nach sich gezogen, den wollte man tunlichst vermeiden. Doch wozu soll Ferrari Forschungen der FIA unterstützen, wenn alles korrekt gewesen wäre?

Wolff: "Eine Riesensauerei"

Die „Vereinbarung von Verschwiegenheit“ ist es, die die Gerüchte nährt und die anderen Teams buchstäblich auf die Palme bringt. Reaktion dazu von Mercedes-Teamchef Toto Wolff: „Die ganze Sache ist eine Riesensauerei. Es ist nicht in Ordnung, was Ferrari machte, aber noch weniger, wie die FIA das behandelt. Alle anderen Teams sind aufgebracht.“

Und Red Bulls Motorsportboss Helmut Marko meint: „Das Verhalten der FIA ist der eigentliche Skandal. Wir müssten Horner (Christian Horner, Teamchef Red Bull Racing, Anm.) anweisen, auf 24 Mill. Dollar Preisgelder zu klagen, die uns für Platz zwei in der Konstrukteurswertung zugestanden wären, hätte man Ferrari entsprechend bestraft. Es ist eigentlich unglaublich, was da von einem ‚Settlement‘ geschrieben wird.“

Die „Bombe“ platzte Mittwochmittag: Ein gemeinsames Statement der sieben Teams (alle außer Ferrari und dessen Kunden Alfa Romeo und Haas): Man sei „überrascht und geschockt“ über die FIA-Mitteilung vom 28. 2. Dass die FIA die Causa überhaupt untersuchte, sei auf ständiges Nachfragen der anderen Teams geschehen, die sich nun „vehement gegen das getroffene, vertrauliche Übereinkommen“ stellen, dass die FIA mit Ferrari erzielte.

Die Teams (Mercedes, Red Bull Racing, McLaren, Renault, Racing Point, AlphaTauri, Williams) fordern eine „völlige Offenlegung” der Affäre, „damit unser Sport alle Teilnehmer gleich und fair  behandelt“. Darüber hinaus behalte man sich rechtliche Schritte des Regresses im Rahmen der FIA-Prozesse und vor ordentlichen Gerichten vor.

Damit ist die Formel 1 am Scheideweg. Die FIA muss nun reagieren und kann die Affäre nicht weiter unter den Teppich kehren.

Vielleicht wäre ein Aufschub des Saisonstarts bis Zandvoort (3. Mai) nicht nur wegen Corona sinnvoll. Doch da wird sich der kommerzielle Rechteinhaber (Liberty) dagegenstellen. Der will die Rennen in Melbourne, Sakhir und Hanoi auf jeden Fall – da geht es um geschätzte Pauschalgebühren der Veranstalter von rund 90 Mill. Dollar….

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