news

Markus Mader: "Wichtig, aus der Komfortzone auszubrechen"

Der Bregenzer coacht heuer die vereinslosen Kicker im "AMS-Camp" und betritt damit Neuland. Warum ihm das guttut, geteiltes Leid und "Team-Kandidat" Fridrikas.

Markus Mader: Foto: © younion_sportgewerkschaft

Anfang April war die Überraschung groß, als Markus Mader wie aus dem Nichts seinen Trainer-Job bei Zweitligist SW Bregenz an den Nagel hängte. 

Nach nur sechs Spielen nahm er wieder Abschied, die Hintergründe erklärte er damals gegenüber LAOLA1. Nun ist er zurück auf der Fußball-Bühne und coacht die vereinslosen Profis im Camp der younion-Sportgewerkschaft. 

Das sind die diesjährigen Teilnehmer>>> 

Beim Angebot von Thomas Pichlmann, dem Sportlichen Leiter des Camps, habe er sich "recht schnell entschieden", der Möglichkeit auf diese etwas andere Erfahrung nachzukommen.

Im Interview mit LAOLA1 erklärt er, wie es für ihn ist, erstmals außerhalb Vorarlbergs zu arbeiten, was er den "AMS-Kickern" vermitteln will und wie er sich seine Trainer-Zukunft vorstellt.

(Text wird unterhalb fortgesetzt)

LAOLA1: Du arbeitest hier im Camp zum ersten Mal als Trainer außerhalb Vorarlbergs, wie fühlt sich das an?

Markus Mader: Natürlich ist es anders, wenn du am Abend nicht täglich deine Frau siehst, weil du nicht nach Hause kommst. Aber das gehört zum Trainerleben einfach dazu, diese Erfahrungen muss man machen. Ich finde, das ist für die persönliche Entwicklung einfach wichtig. Darum habe ich mich recht schnell entschieden, die Gelegenheit zu nützen, um diese Erfahrungen zu machen. Wie ist es, wenn du weg bist von zuhause? Du musst im Trainerjob immer damit rechnen, dass du irgendwo einen Job bekommst, der nicht in deinem gewohnten Umfeld ist. Ich sage immer, es ist für jeden Menschen wichtig, einmal aus der Komfortzone auszubrechen.

"Ich habe die Entscheidung, Bregenz zu übernehmen, nicht bereut. Aber im Nachhinein wäre der andere, geplante Weg, ein bisschen länger Pause zu machen, vielleicht der bessere gewesen."

Markus Mader

LAOLA1: Du hast nur kurz nach deinem Aus in Lustenau bei Bregenz übernommen. War das aus heutiger Sicht vielleicht ein wenig zu früh?

Mader: Das ist schwer zu sagen und es wäre reine Spekulation. Ich habe die Entscheidung, Bregenz zu übernehmen, nicht bereut. Aber im Nachhinein wäre der andere, geplante Weg, ein bisschen länger Pause zu machen, vielleicht der bessere gewesen. Ich hatte ja schon Hospitationen vom Winter weg bis in den Sommer hinein vereinbart. Aber ich möchte nicht sagen, dass Bregenz deswegen ein Fehler war.

LAOLA1: Du leitest jetzt sechs Wochen lang das Camp in Steinbrunn. Wie soll es danach weitergehen?

Mader: Das weiß ich nicht, das ist wie bei den Spielern, die da sind. Keiner weiß, wie die Zukunft aussieht. Wichtig ist, dass wir das Beste aus dieser Situation machen. Weil momentan sind wir eben die, die noch niemand will. Ich bin der Meinung, dass wir daher mehr tun müssen, als alle anderen. Damit wir in dem Moment, wo wir unsere Chance bekommen, optimal vorbereitet sind. Dafür bietet das Camp alles, was man braucht.

Genau hingeschaut: "Camp-Coach" Markus Mader
Foto: © younion_sportgewerkschaft

LAOLA1: Ihr teilt hier alle das gleiche Schicksal. Du hast gesagt, ihr seid die, die noch keiner will. Was willst du als Trainer diesen Spielern, die um ihre Zukunft kämpfen, mit auf den Weg geben, vor allem aus menschlicher Sicht?

Mader: Wir haben hier die Begleitung durch KADA (Laufbahnberatung, Anm.), die den größten Teil des Coachings übernehmen, was die Zukunft der Jungs betrifft. Grundsätzlich ist das also, glaube ich, nicht meine Hauptaufgabe. Ich kenne die Spieler ja erst sehr kurz, wir lernen uns erst kennen. Mein Job ist, den Spielern das Gefühl zu geben, wir sind durch die tägliche Trainingsarbeit auf einem Level, dass es mir als Spieler ermöglicht, bei einem Probetraining so gut wie möglich zu performen. Aber natürlich möchtest du die Spieler kennenlernen, mit ihnen Gespräche führen und die Menschen dahinter kennenlernen. Was sind die Beweggründe, dass sie ins Camp kommen? Wie kann man ihnen helfen? Was kann ich als Trainer tun, dass sie mit Selbstvertrauen aus dem Camp herauskommen?

"Ich glaube, dass das die wichtigste Message für die Burschen ist: Machen wir alle gemeinsam das Beste daraus, dann haben wir vielleicht den Erfolg, den wir brauchen, um wieder ins Geschäft zu kommen."

Markus Mader über das "AMS-Camp"

LAOLA1: Das Camp startete am Montag. Vor der ersten Trainingseinheit habt ihr euch auf dem Platz versammelt, was hast du den Spieler da gesagt?

Mader: Ich habe mich kurz vorgestellt und ihnen deutlich gemacht, dass wir alle in einem Boot sitzen und man aus solchen Situationen einfach das Beste machen muss. Ich bin sowieso ein Mensch, der versucht, aus allen Situationen immer das Beste zu machen. Als ich noch Trainer in Lustenau war, war auch nicht immer alles optimal. Einmal hat der Rhein die Hälfte des Trainingsplatzes verwüstet, da haben wir dann eben auf einer Hälfte trainiert. Ich bin ein positiver Mensch, der immer versucht, das Beste daraus zu machen. Ich glaube, dass das die wichtigste Message für die Burschen ist: Machen wir alle gemeinsam das Beste daraus, dann haben wir vielleicht den Erfolg, den wir brauchen, um wieder ins Geschäft zu kommen.

LAOLA1: Du bist hier in einer anderen Situation, als bei einem Verein, wo man gemeinsam auf ein Saisonziel hinarbeitet. Noch dazu kannst du dir die Spieler nicht aussuchen. Wie gehst du als Trainer damit um und wie legst du dein Konzept an?

Mader: Du musst hier als Trainer sehr flexibel arbeiten. Wir haben beispielsweise vier Rechtsverteidiger im Team, spielen kannst du aber nur mit maximal zwei Spielern auf der Seite. Wir haben auch keinen Stürmer hier. Die Spieler werden so in Situationen gebracht, dass sie auf ungewohnten Positionen spielen müssen. Ich bin der Meinung, dass das jeden in der Entwicklung weiterbringt. Es mag schon sein, dass ein Spieler seine besten Leistungen als Rechtsverteidiger abruft. Aber es ist doch kein Fehler, wenn er auch als Linksverteidiger agieren kann. Auch wenn die Mannschaft nie in dieser Konstellation Meisterschaft spielen wird, bin ich überzeugt, dass du Spieler in so einem Camp trotzdem entwickeln kannst.

LAOLA1: Die Stimmung auf dem Platz ist ziemlich gut, die Jungs funktionieren auch als Gruppe sehr gut. Hat dich das überrascht?

Mader: Ich kenne die Burschen ja noch nicht so lange, aber es sind alles super Charaktere, die voll an einem Strang ziehen. Sie hauen alles rein. Auch das Team rundherum funktioniert super, mit Mario (Sonnleitner, Co-Trainer, Anm.), zu dem die Jungs auch aufschauen können und sich schon anhören, was er sagt. Auch die drei Tommys (Hinum, Co-Trainer, Lenuweit, Tormann-Trainer und Pichlmann "Sportlicher Leiter" Anm.) sind coole Typen. Wir leben den Spaß vor, den wir bei der Arbeit haben und die Spieler nehmen das auf.

Noch wartet Mader auf passende Angebote
Foto: © GEPA

LAOLA1: Siehst du das Camp auch als Plattform, wo du dich als Trainer präsentieren kannst?

Mader: Das wäre schön. Grundsätzlich glaube ich aber, dass ich mich da nicht so profilieren kann, wie ein Spieler. Meine Vita ist bekannt. Seit Jahren habe ich sowohl sportliche Erfolge (viermal Meister 2015,2017,2019 und 2022, ein Cupsieg 2019, Anm.) sowie nicht so wichtige persönliche Erfolge (Trainer des Jahres 2022 in der 2. Liga, zweitbester Trainer des Jahres 2023 in der Bundesliga) erreicht. Ich glaube, ich muss niemandem mehr etwas beweisen. Für mich ist wichtig, dass sich die Jungs entwickeln. Ich möchte die Jungs gemeinsam mit dem Trainerteam entwickeln, damit sie nochmal eine Chance bekommen. Wenn sich in dem Zuge auch für mich eine Chance ergibt, dann hätten wir im Camp alles richtig gemacht.

LAOLA1: Hast du schon erste Angebote erhalten?

Mader: Nein, obwohl die gerade aufgezählten Erfolge dafürsprechen würden, aber das muss ich so akzeptieren. Trotzdem fragst du dich schon…wenn du jedes zweite Jahr aufsteigst…oder ich kann mich erinnern, vor einem Jahr waren wir (mit Lustenau, Anm.) in der Europacup-Qualifikation, aber ein Jahr später zählt das alles nicht mehr…warum du momentan nicht gefragt bist. Aber so ist das Geschäft und die Vereine werden ihre Vorstellungen haben. Jedenfalls hat es noch kein Verein bereut, mich zu verpflichten, weil ich erfolgreich war.

LAOLA1: Lass uns abschließend noch ein wenig über die Europameisterschaft sprechen. Wie hast du Österreichs Leistung gegen Frankreich gesehen?

Mader: Ich finde, es war eine sehr gute und ambitionierte Leistung. Schlussendlich war es von den Chancen her wahrscheinlich ein verdienter Sieg für Frankreich. Aber es hätte auch anders laufen können, wenn "Baumi" (Christoph Baumgartner, Anm.) die Chance reinmacht und es steht 1:0. Dann weiß ich nicht, ob die Mannschaft dann nicht so über sich hinauswächst, dass sogar ein Sieg möglich wird. Aber sie machen es gut und ich bin total überzeugt, dass sie die Gruppenphase überstehen. Und ich traue ihnen danach sogar noch einen Aufstieg zu, weil ich einfach spüre, dass das Team super funktioniert. Wir haben einen Trainer, der seine Philosophie hineinbringt und vor allem eines schafft: Dass alle zusammen wie ein Team agieren. Das ist, glaube ich, der wesentlichste Faktor. Dass der Trainer das Gefühl hat, die Individualisten zu einem Team geformt zu haben.

"Er hat mich dann nach Lukas Fridrikas gefragt, wie ich ihn sehe und ob er für das Nationalteam interessant sein könnte."

Mader über ein Gespräch mit Rangnick-Co-Trainer Perchtold

LAOLA1: Gibt es aus der aktuellen Nationalmannschaft Spieler, die du als unersetzlich bezeichnen würdest?

Mader: Ich bin kein Typ, der einzelne Spieler heraushebt. Ich finde, das muss übers Kollektiv gehen und in diesem hat jeder seine Stärken. Ob das jetzt die Laufbereitschaft eines Seiwald oder Laimer, die Individualität eines Baumgartner oder die Stürmer sind. Michael Gregoritsch gefällt mir extrem gut. Auch die Außenverteidiger, die immer wieder Druck machen. Ich finde, dass jeder von ihnen Stärken hat und der Trainer schafft es, diese Stärken hervorzuheben. Da geht es nicht um den Einzelnen und deswegen will ich auch keinen herausheben. Sie sind ein starkes Kollektiv, gepaart mit der Spiel-Philosophie. Deswegen haben wir momentan so viel Erfolg.

LAOLA1: Hattest du in deiner Zeit als Bundesliga-Trainer bei Lustenau auch Kontakt zu Ralf Rangnick?

Mader: Mit ihm direkt gab es keinen Kontakt. Er hat aber einmal ein Spiel von uns auf der Tribüne verfolgt. Ich habe aber seinen Co-Trainer Peter Perchtold, der mit mir die Pro-Lizenz gemacht hat, einmal zufällig auf dem FAC-Platz getroffen. Er hat mich dann nach Lukas Fridrikas gefragt, wie ich ihn sehe und ob er für das Nationalteam interessant sein könnte. Aber mit dem Teamchef selbst gab es keinen Kontakt. Ich weiß ja nicht einmal, ob er mich kennt (lacht).

Ein Neuer, viele Abgänge: Die Teilnehmer am "AMS-Camp" 2024



Kommentare