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Billas neue Rolle im ÖFB-Team: "Es ist nicht immer leicht"

2021 wurde Nicole Billa in Deutschland und Österreich Fußballerin des Jahres. Aktuell steht sie an einem schwierigen Punkt in ihrer Karriere.

Billas neue Rolle im ÖFB-Team: Foto: © GEPA

Die österreichische Nationalspielerin Nicole Billa (28) hat im deutschen Frauenfußball Legendenstatus. 2020/21 schoss sie die TSG Hoffenheim in die Champions League - und wurde Torschützenkönigin der Frauen-Bundesliga. Am Ende des Jahres folgte die Auszeichnung Fußballerin des Jahres in Österreich und Deutschland.

Lange Zeit war sie sowohl bei der TSG als auch im Nationalteam gesetzt. Aktuell läuft es nicht wirklich nach Plan. Eine Reservisten-Rolle in Hoffenheim drängt sie zu einem Abschied nach neun Jahren, und auch im Nationalteam muss sie sich derzeit hinten anstellen.

Mit LAOLA1 spricht sie über den mentalen Umgang mit dieser schwierigen Situation, den bevorstehenden Kracher gegen Deutschland und dem möglichen Ziel, Rekordtorjägerin Österreichs zu werden.

Die 20 ÖFB-Frauen mit den meisten Länderspiel-Einsätzen


LAOLA1: Ihr habt das Länderspieljahr mit einem Test-Doppel in Marbella gestartet. Gegen England setzte es eine 2:7-Pleite. Es folgte ein 1:1 gegen Dänemark. Wie bewertest du das Ganze?

Nicole Billa: Solche Lehrgänge sind da, um Dinge auszuprobieren. Dass nicht immer alles gleich funktionieren kann, ist logisch. Die Höhe der Niederlage gegen England entspricht definitiv nicht unseren Ansprüchen. Das Unentschieden gegen Dänemark war auch nicht hervorragend. Wir haben gesehen, woran wir noch arbeiten müssen und was wir in diesem Lehrgang besser machen müssen.

LAOLA1:  Das ÖFB-Frauen-Team war im Jahr 2023 mit Platz 16 zwischenzeitlich im Allzeithoch. Aktuell seid ihr auf Rang 17. Du bist schon einige Jahre dabei. Ist es das beste ÖFB-Team, indem du je gespielt hast?

Billa: Es sind stetige Entwicklungen da. Das zeichnet uns aus. Wir sind Jahr für Jahr weiter nach oben gekrabbelt in der Weltrangliste. Das liegt einerseits an der Arbeit hier. Andererseits werden die Strukturen und die Arbeit in den Vereinen und Ligen besser. Davon profitieren wir insgesamt.

 

"Es ist nicht immer ganz leicht mit dieser Situation umzugehen. Da bin ich ganz ehrlich. Es ist eine Herausforderung, dass ich das akzeptiere."

Billa über ihre Reservistenrolle im Nationalteam

LAOLA1: Du stehst bei 98 Länderspielen. In diesem Lehrgang könntest du die 100er-Marke knacken (Die 20 ÖFB-Frauen mit den meisten Länderspiel-Einsätzen >>>). Was würde dir das bedeuten?

Billa: 100 ist eine magische Zahl. Wenn du 100 Mal im ÖFB-Trikot auflaufen darfst, zeigt das, wie viel du in das Ganze investiert hast. Das macht einen sehr stolz. Du musst dich glücklich schätzen, das mitzuerleben.

Sechs Treffer fehlen auf ÖFB-Rekordtorjägerin Nina Burger
Foto: © GEPA

LAOLA1: Mit 47 Länderspieltoren fehlen dir nur mehr sechs Treffer auf die Rekordmarke von Nina Burger. Ist das ein Ziel für dich?

Billa: Ich würde es jetzt nicht als Ziel ausschreiben. Nina hat sehr gut vorgelegt. Es wird immer schwieriger, Tore zu machen. Es ist aber schon eine Herausforderung, wenn du sagst, du willst es erreichen. Es ist kein Muss. Es wäre cool. Wenn ich es nicht schaffe, ist es auch in Ordnung.

LAOLA1: Im Herbst konntet ihr in Wien mit über 10.000 Fans einen Zuschauerrekord knacken. Es folgte ein ausverkauftes Stadion in Altach, und jetzt ein Match im LASK-Stadion. Was bedeutet das für den österreichischen Frauenfußball?

Billa: Das zeigt die Wertschätzung für unser Team. Es wird nach außen gezeigt, es interessiert die Leute, wie wir spielen. Wir wollen begeistern. Es ist schön, daheim vor so vielen Fans aufzulaufen. Lange Zeit war das nicht der Fall. Die Leute haben Bock. Die richtigen Spielorte sind wichtig. Die Werbetrommel muss so gerührt werden, dass möglichst viele im Stadion sind.

LAOLA1: Im Nationalteam hast du deinen Stammplatz verloren. Wie gehst du mit der neuen Situation um?

Billa: Es ist nicht immer ganz leicht mit dieser Situation umzugehen. Da bin ich ganz ehrlich. Es ist eine Herausforderung, dass ich das akzeptiere. Ich versuche mein Bestes zu geben und die Mannschaft zu unterstützen, wann immer ich gebraucht werde. Mehr kann ich nicht machen. Es gibt immer Wechsel. Das ist im Fußball normal. Es können nur elf spielen.

Billa erlebte einige Duelle mit Deutschland.
Foto: © GEPA

LAOLA1: In der Quali-Gruppe warten auf euch Deutschland, Polen und Island. Für die Top 2 geht es fix zur EM. Der Rest muss in die Playoffs. Wie siehst du die Gruppe?

Billa: Mit Deutschland haben wir einen sehr guten Kracher. Das ist eine sehr coole Challenge. Polen und Island sind zwei unangenehme Gegner. Sie wissen, sie haben nichts zu verlieren. Wir sind mit Topf zwei höher gesetzt. Ich glaube, das wird unangenehm. Trotzdem: Uns muss klar sein, wir wurden nicht zu Unrecht aus diesem Topf gezogen. 

LAOLA1: Lautet das Ziel also Top 2?

Billa: Das wäre unser Wunsch, aber jeder weiß, wie Fußball ist. Es kann schnell gehen, dass du Punkte liegenlässt. Wenn wir es nicht schaffen, haben wir immer noch die Möglichkeit über den Umweg Playoffs, uns zu qualifizieren.

LAOLA1: Du hast schon einige Duelle mit Deutschland erlebt. Wie besonders ist es, bei so einem Spiel auf dem Platz zu stehen?

Billa: Natürlich freust du dich gegen einen Gegner zu spielen, wo du fast alle Spielerinnen aus der Liga kennst. Ich würde nicht sagen, dass es umso mehr motiviert. Es ist aber ein eigenes Feeling. Wünschenswert wäre eine große Zuschauerzahl. Es gibt definitiv schlechtere Spiele, um in die EM-Quali zu starten.

Traumsaison! 2020/21 schnappt sich Billa in Deutschland die Torjägerkanone.
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LAOLA1: Der Höhepunkt war die Saison 2020/21. Du wurdest Torschützenkönigin in der Deutschen Bundesliga. 2021 wurdest du in Deutschland und Österreich Spielerin des Jahres.

Billa: In dieser Mannschaft hat sehr viel ineinander gegriffen. Es hat alles funktioniert. Am Ende der Saison habe ich klargemacht, ich schieße nicht von alleine Tore. Ich bin nicht die Dribbelkönigin oder die Schnellste am Platz. Die Mitspielerinnen wussten, wie sie mich bedienen müssen und wo ich stehe. Es ist sehr viel aufgegangen. Am liebsten hätte ich jedem ein Stück von der Torschützenkanone gegeben, weil sie einen großen Teil beigetragen haben.

LAOLA1: In der aktuellen Saison steht ihr aktuell auf Platz drei. Im Kalenderjahr 2024 musstet ihr nur eine knappe Niederlage gegen Bayern hinnehmen, ein Remis gegen Bremen und sonst lauter Siege, unter anderem gegen Wolfsburg. Wie ist die Stimmung im Team?

Billa: Sehr gut. Es ist eine sehr lustige Mannschaft mit vielen verschiedenen Charakteren. Wenn es darauf ankommt, siehst du, wie viel mit einem funktionierenden Team möglich ist.

"Es ist schön, jemanden zu haben mit dem du gemeinsam zur Nationalmannschaft reisen kannst. Es ist gut zu wissen, da ist noch ein Ösi mit dem du auch mal im Dialekt reden kannst. Das ist ganz lustig. Wir haben eigene Schmähs."

Billa über die österreichische TSG-Kollegin Julia Hickelsberger-Füller

LAOLA1: Für dich persönlich läuft es zuletzt weniger. Du bist nur mehr Rotationsspielerin. Wie gehst du damit um?

Billa: Die letzten eineinhalb Jahre waren alles andere als einfach. Es wurde mir von Anfang an klar kommuniziert, wie meine Rolle ausschauen wird. Das war wichtig für mich. Ich weiß, wo ich stehe und wie ich die Rolle annehme. Leistungssport ist ein Lernprozess. Einige machen Verletzungen durch. Andere wechseln oft den Verein und müssen sich immer wieder anpassen. Für mich ist es eine Challenge, mit der Situation umzugehen, die für mich nicht alltäglich war. Im Endeffekt sind es Erfahrungen, die einen weiterhelfen. Du versuchst da rauszukommen, dich selbst zu verändern, um wieder eine andere Rolle einzunehmen. Aktuell ist die Rolle so, ich hoffe, das bleibt nicht so.

LAOLA1: Mit Julia Hickelsberger-Füller hast du bei Hoffenheim eine ÖFB-Kollegin. Wie wichtig ist das?

Billa: Es ist schön, jemanden zu haben mit dem du gemeinsam zur Nationalmannschaft reisen kannst. Es ist gut zu wissen, da ist noch ein Ösi mit dem du auch mal im Dialekt reden kannst. Das ist ganz lustig. Wir haben eigene Schmähs.

LAOLA1: Sie hatte es zuletzt auch nicht leicht, war lange verletzt. Bei ihrem Comeback erlitt sie immer wieder Rückschläge.

Billa: Genau. Das ist nicht einfach, da rauszukommen. Die Rückschläge zu verkraften. So ist der Leistungssport. Alle ungewohnten Situationen sind nicht einfach. Wenn du ganz oben stehst und es nicht gewohnt bist, kann das auch einengen. Du lernst aus allen Situationen. Sie hat in ihrer Situation sicher viel gelernt. Sie weiß jetzt, wie sie umgehen muss mit ihrem Körper, wie sie ihn einschätzen muss.

Nach neun Jahren verlässt Nicole Billa im Sommer die TSG.
Foto: © getty

LAOLA1: Im Sommer folgt für dich der Wechsel zu Köln. Wie ist das Ganze zustande gekommen?

Billa: Köln hat sich sehr interessiert gezeigt. Ich wollte neue Strukturen kennenlernen. Ich habe Bock auf diese Challenge. Ich habe Bock darauf, wieder Spielzeiten zu sammeln. Ich will mir eine neue Chance geben. Ich gehe befreit dort hin und versuche mein Glück.

LAOLA1: Mit über 30.000 Fans sorgte der 1. FC Köln zuletzt gegen Werder Bremen für eine Rekordkulisse in dieser Saison. Die Partie hatte mehr Fans wie die Männerbegegnung zwischen Leverkusen und Wolfsburg am selben Tag. Wie groß ist die Vorfreude?

Billa: Du kannst nicht davon ausgehen, dass das jedes Wochenende so ist. Trotzdem kann ich sagen, dass das sehr cool ist. Das musst du strategisch klug angehen. Sie haben immer wieder bewiesen, dass sie es schaffen. Köln ist eine sportverrückte Stadt. Sie haben sehr gute Voraussetzungen.

LAOLA1: Köln befindet sich zwei Punkte über den Abstiegsrängen. Macht dir ein drohender sportlicher Gang in die zweite Liga Sorgen?

Billa: Ja, das wäre nicht schön. Ich hoffe, dass dies nicht der Fall ist. Ich habe es nicht in der Hand, kann nur von außen zuschauen. Natürlich wünsche ich mir, dass sie in der ersten Liga bleiben.


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