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Insider Moritz Bauer: "Falsches Bild von Russland"

ÖFB-Insider Moritz Bauer schwärmt von Russland - sportlich und vom Land selbst:

"Über Russland wird in den Medien zum Teil ein falsches Bild vermittelt", betont Moritz Bauer.

Es liegt auf der Hand, dass niemand im ÖFB-Team Land, Leute und den russischen Fußball so gut kennt wie der Stoke-Legionär, der ab Sommer 2016 eineinhalb Jahre für Rubin Kazan aktiv war.

Als Insider kann er natürlich im Hinblick auf den Test am Mittwoch gegen Russland in Innsbruck (20:45 Uhr im LIVE-Ticker) wertvolle sportliche Tipps geben. Gleichzeitig ist er jedoch bemüht, mit Vorurteilen über das WM-Gastgeberland aufzuräumen.

Gastfreundlichkeit statt verrosteter Autos

"Viele Freunde, die mich in Kazan besucht haben, hat es interessiert, wie es dort ausschaut. Bei Russland denkt man irgendwie an alte Häuser oder verrostete Autos. Dabei ist alles herausgeputzt, das sind absolute Metropolen. Alle, die zurück in den Flieger nach Europa gestiegen sind, haben gemeint: 'Wir verstehen, warum du dich hier so wohl fühlst, wir haben die Tage hier genossen und kommen auf jeden Fall zurück.' In unseren Breitengraden kriegt man hin und wieder ein falsches Bild vermittelt", erläutert Bauer.

Der 26-Jährige erzählt, dass nach dem Confed Cup im vergangenen Sommer noch einmal in die Infrastruktur der Städte investiert wurde, bezüglich der Spielstätten und der Gastfreundlichkeit müsse man sich ohnehin keine Sorgen machen:

"Das ganze Land freut sich auf das Großereignis. Ich habe schon in vielen Stadien gespielt, die sind wirklich allererste Sahne. Die Organisation hat schon bei uns in der Liga hervorragend geklappt. Für den Confed Cup haben sie auch positives Feedback bekommen. Die Städte sind schön, es wird alles hergerichtet sein. Russland will sich im allerbesten Licht präsentieren, da wird nichts dem Zufall überlassen. Auch die Leute sind sehr gastfreundlich und offen. Ich würde sofort zurückgehen. Ich habe meine eineinhalb Jahre dort wirklich sehr genossen."

Gastgeber eine heikle Aufgabe

Beruflich wird es Bauer vermutlich nicht zurück nach Russland verschlagen, auch wenn ein Abschied von Stoke City nach dem Abstieg eine Option zu sein scheint (alle Infos!). Eine Reise zur WM steht jedoch auf Einladung von Freunden vor Ort im Raum.

"Gastgeber zu sein, ist eine heikle Aufgabe. Nach dem Confed Cup war die Stimmung realistisch. Sie wissen schon, dass sie nicht zu den Topfavoriten aufs Finale gehören."

Moritz Bauer

Der Rechtsverteidiger ist bereits gespannt, wie sich Österreichs erster Gegner im Rahmen des aktuellen Lehrgangs bei seinem Heim-Turnier schlagen wird: "Gastgeber zu sein, ist eine heikle Aufgabe. Nach dem Confed Cup war die Stimmung realistisch. Sie wissen schon, dass sie nicht zu den Topfavoriten aufs Finale gehören. Aber wenn Euphorie entfacht wird, kann ein Lauf passieren - das kennen wir aus der Vergangenheit, zum Beispiel vom Sommermärchen. Ich bin selbst gespannt, wie sie auftreten werden."

Bauer streicht beim russischen Team vor allem die Eingespieltheit hervor: "Fast das ganze Team spielt in Russland, sie haben kaum einen Legionär. Das heißt, sie kennen sich alle sehr gut, spielen auch einen ähnlichen Fußball. Ich würde sagen, es ist eine sehr ausgeglichene Truppe. Die russische Liga darf man nicht unterschätzen. Ich finde, dass es eine anspruchsvolle Liga ist, die es mir ermöglicht hat, ohne große Anpassungsschwierigkeiten in die Premier League zu wechseln. Das Niveau in Russland ist wirklich passabel, das sieht man auch in der Europa League. Man darf dieses Team nicht unterschätzen."

Stärken in der Offensive, Mängel in der Defensive

Bauers Stärken- und Schwächen-Analyse der Sbornaja deckt sich mit diversen Experten-Meinungen: "Im Mittelfeld und der Offensive sind sie individuell schon sehr gut aufgestellt. Die Mängel haben sie eher in der Defensive."

Besonders hervor streicht der gebürtige Schweizer den eingebürgerten Rechtsverteidiger Mario Fernandes, Mittelfeldspieler Alan Dzagoev ("Der war schon bei großen europäischen Vereinen im Gespräch"), die 21-jährigen Zwillinge Aleksey und Anton Miranchuk, sowie den routinierten, 1,96 Meter großen Stürmer Artyom Dzyuba: "Gegen den zu spielen, fand ich immer ganz eklig - ein großer, sehr kopfballstarker und schneller Stürmer."

Vor allem in der Abwehrzentrale plagen Russland indes personelle Probleme, ist die Kadertiefe überschaubar groß. Mit Vladimir Granat und Fedor Kudryashov verteidigen dabei bisweilen zwei ehemalige Mitspieler bei Rubin Kazan, die auf diesen Positionen jedoch eher aushelfen: "Beide sind nicht unbedingt die gelernten Innenverteidiger. Kudryashov hat bei uns oft auf der linken Außenbahn gespielt."

Tipps für die Mitspieler

Mit Stanislaw Tschertschessow verfüge Russland jedoch über einen guten Teamchef, der auch die Defensive im Auge habe: "Der wird sie schon richtig einstellen. Es wird nicht einfach, sie zu knacken. Das wird für uns auf jeden Fall eine richtig anspruchsvolle und interessante Aufgabe."

In der Vorbereitung auf diese Aufgabe kann Bauer ÖFB-intern natürlich wertvolle Tipps geben: "Ich kenne natürlich mehr oder weniger jeden russischen Spieler aus der Liga oder der eigenen Mannschaft. Wenn sich herauskristallisiert, wie wir spielen werden, kann ich meinen Mitspielern beispielsweise schon sagen: 'Der Spieler schlägt den Haken immer auf diese Seite.' Das gehört dazu und ist ganz normal."

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