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Munas Dabbur: Sport statt Religion

Warum so wenige Tore für Israel? Das erste "Problem" scheint überwunden:

Munas Dabbur: Sport statt Religion Foto: © getty

Nach den polnischen Weltklasse-Angreifern nun Munas Dabbur.

Während man im ÖFB-Team über die eigene Torflaute rätselt, ist man im zweiten EM-Qualifikations-Spiel gegen Israel (18 Uhr im LIVE-Ticker) mit dem nächsten Goalgetter konfrontiert. Einen, den man bestens kennt.

Entsprechend groß ist der Reiz für die Salzburg-Fraktion im Nationalteam, auf den Vereins-Kollegen zu treffen.

"Ich habe ihn gefragt, ob er schon Angst hat. Er hat nur gelacht und gesagt: 'Jaja, kommt nur, wir freuen uns schon.' Es ist sicher interessant, einmal gegen Munas zu spielen. Während der Partie wird die Freundschaft ein bisschen in Vergessenheit geraten, aber nach dem Spiel sind wir wieder Freunde", meint Stefan Lainer.

Nun steht der Fußball und nicht die Religion im Vordergrund

Dabbur ist der Akteur mit dem am Abstand höchsten Marktwert im Kader von Israel. Sein Sommer-Transfer zum FC Sevilla wird seinen Stellenwert wohl nur weiter erhöhen.

Die Nationalteam-Karriere des 26-Jährigen ist bislang jedoch keineswegs mit den Klub-Erfolgen vergleichbar. Erst 14 Länderspiele stehen zu Buche, in denen erst drei Treffer gelangen - einer im Herbst 2015 gegen Andorra, vergangenen November bereits unter Andreas Herzog ein Doppelpack beim 7:0-Kantersieg gegen Guatemala.

Eine der Begründungen ist kein Geheimnis: Der Stürmer ist Araber, was ihm einen schwereren Stand verschafft haben dürfte.

Dabbur selbst spricht weniger gerne darüber, meint nur: "Jeder hat darüber geredet, warum ich nicht spiele, viele haben die Gründe nicht verstanden. Aber die Trainer haben andere Spieler einberufen. Es ist wichtig, dass wir jetzt einen Trainer haben, für den der Fußball im Vordergrund steht."

Jüdische und arabische Spieler: One Heart - One Goal

Zwei Jahre lang wurde Dabbur unter Herzogs Vorgängern Elisha Levy und Alon Hazan nicht mehr einberufen, ehe er beim Debüt des Österreichers im September 2018 sein Comeback feierte.

Unter der rot-weiß-roten Führung durch Herzog und Sportdirektor Willi Ruttensteiner spielt die Religions-Zugehörigkeit keine Rolle - der Slogan "One Heart - One Goal" vereint sowohl die jüdisch- als auch die arabisch-stämmigen Spieler.

"Munas ist Araber, und das ist ein Thema im Land. Aber in der Nationalmannschaft haben wir es geschafft, dass es kein Thema ist, sondern dass es eine Einheit ist. Diese Spieler sind Freunde geworden."

Willi Ruttensteiner

"Wenn der Fußball etwas tun kann, ist es sehr positiv. In der Nationalmannschaft ist viel Positives passiert, was in der Bevölkerung gut ankommt. Der Fußball zeigt, dass man gemeinsam viel erreichen kann", meint Ruttensteiner allgemein und verdeutlicht am Beispiel Dabbur:

"Munas ist Araber, und das ist ein Thema im Land. Aber in der Nationalmannschaft haben wir es eben geschafft, dass es kein Thema ist, sondern dass es eine Einheit ist. Diese Spieler sind Freunde geworden. Sie haben gemeinsame Zielsetzungen und ein gemeinsames Herz für das Land. Ich denke, das ist für das Land auch ein bisschen ein Vorbild geworden, was diese Spieler im Fußball zeigen. Jeder für jeden und gemeinsam sind wir stark. Munas trägt in diesem Bereich irrsinnig viel bei."

Auf dem Platz für Frieden sorgen

Israel befindet sich bekanntlich in einem politisch-religiösen Spannungsfeld. Jeder kleine Schritt vorwärts ist so gesehen wohl ein guter. Dabbur selbst meint im "Kurier" zu dieser Thematik:

"Fußball kann Leute zusammenbringen, zumindest auf dem Platz für Frieden sorgen. Wenn ein jüdischer Spieler ein Tor erzielt, dann freue ich mich, umarme ihn und gratuliere ihm. Wenn ich als Araber treffe, freuen sich die anderen auch. Warum denn nicht?"

Ja, warum denn eigentlich nicht?

Der Unterschied zwischen Salzburg und Israel

"Wenn man das Spiel von Salzburg anschaut, ist es in der österreichischen Bundesliga eigentlich auf den Sechzehner des Gegners zugeschnitten: Viele Flanken, viele vertikale Bälle, er ist oft in der Box, wo er unglaublich gefährlich ist. Also schießt er natürlich viele Tore."

Willi Ruttensteiner

In Österreich lassen sich Debatten über Torsperren ohne diese Begleiterscheinungen diskutieren, und auch bei Dabbur geht dies, womit wir nach der Religion beim Sport wären.

61 Tore in 118 Pflichtspielen hat der Goalgetter inzwischen für den FC Red Bull Salzburg erzielt. Die vergleichsweise magere Ausbeute für Israel mit Politik oder Religion zu begründen, greift zu kurz. Denn unter Herzog ist Dabbur gesetzt, so richtig ist der Knoten dennoch noch nicht aufgegangen.

"Wenn man das Spiel von Salzburg anschaut, ist es in der österreichischen Bundesliga eigentlich auf den Sechzehner des Gegners zugeschnitten: Viele Flanken, viele vertikale Bälle, er ist oft in der Box, wo er unglaublich gefährlich ist. Also schießt er natürlich viele Tore. Er hat aber auch im Europacup bewiesen, dass er gegen starke Mannschaften die wichtigen Tore erzielt", meint Ruttensteiner, der auf eine ähnliche Entwicklung für Israel hofft:

"Ich glaube, dass er auf dem Weg ist, auch in der Nationalmannschaft Spiele zu entscheiden. Aber in einer vermeintlich schwächeren Mannschaft ist es natürlich wesentlich schwerer, als Stürmer bedient zu werden, herauszustechen und die Spiele zu entscheiden. Das gelingt nur den ganz, ganz Großen. Munas hat schon bewiesen, dass er Tore erzielen kann. Aber es ist ein großer Unterschied, ob man für Polen oder Israel spielt und das Spiel bei der am Papier schwächeren Mannschaft entscheidet."

Eine riesige Persönlichkeit

Im ÖFB-Team wird man tendenziell hoffen, dass Dabburs Nationalmannschafts-Knoten nicht ausgerechnet gegen Österreich platzt. Wenn dem so sein sollte, würde sein Stellenwert im israelischen Fußball weiter steigen.

Ruttensteiner: "Er ist eine außergewöhnliche Persönlichkeit, die sehr geschätzt wird. Man nimmt seine Leistungen bei Red Bull Salzburg wahr. Von der Jugend her hatte er nicht diesen Status. Wenn man seine Karriere anschaut, ist er ja fast ein Spätstarter. Der richtige Durchbruch kam erst bei Red Bull, wo er sich zum Klassespieler entwickelt hat. Jetzt mit dem Transfer im Sommer zu Sevilla zählt er schon zu den ganz Großen. In unserer Mannschaft hat er einen gewaltigen Stellenwert, ist Führungsspieler, trägt enorm zum Teamspirit und zum Klima bei. Für mich ist er eine riesige Persönlichkeit geworden."

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