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"Die Aussage hätte Herzog so nicht tätigen sollen"

Was Herzog nicht hätte sagen sollen. Worauf es im Nachwuchs ankommt.

Foto: © GEPA

Peter Schöttel hat turbulente erste Wochen als Sportdirektor des ÖFB hinter sich.

Die Umstände seiner Bestellung zum Nachfolger von Willi Ruttensteiner führten zu heftigem Gegenwind, auch die Teamchef-Suche und das Finden von Franco Foda weckten bekanntlich zahlreiche Emotionen.

Bishin zur Enttäuschung des unterlegenen Kandidaten Andreas Herzog, der sich verarscht fühlte.

Im LAOLA1-Interview nimmt Schöttel zu dieser Einschätzung seines ehemaligen Mitspielers ebenso Stellung wie zur Kritik an seiner Person und der Teamchef-Suche.

Neben "Vergangenheitsbewältigung" geht der Blick jedoch auch voraus zu anstehenden Aufgaben wie der Trainerausbildung oder der Nachwuchsförderung.


LAOLA1: Sie haben sehr arbeitsintensive Wochen hinter sich. Kehrt langsam Normalität ein oder ist es immer noch sehr hektisch?

Peter Schöttel: Geistig ist man sowieso immer beim Job, vor allem in so einer hektischen Phase. Aber nun kehrt langsam Normalität ein. Die ersten Wochen waren von der Teamchef-Suche geprägt. Jetzt sind wir hier in Spanien, wo wir uns alle miteinander einmal kennenlernen wollen. Das passiert auch und entwickelt sich gut. Spätestens nach dem Länderspiel beginnen andere Aufgaben schlagend zu werden, die auch Priorität haben.

"Dass wir bei meiner Antritts-Pressekonferenz nicht die beste Figur abgegeben haben, ist uns klar."

Peter Schöttel

LAOLA1: Es gab nach Ihrer Bestellung viel Gegenwind. Haben Sie sich unfair behandelt gefühlt?

Schöttel: Unfair ist das falsche Wort. Ich bin in einer turbulenten Phase zum ÖFB gestoßen. Dass wir bei meiner Antritts-Pressekonferenz nicht die beste Figur abgegeben haben, ist uns klar. Ich arbeite jetzt nach und nach die Dinge auf.

LAOLA1: Nicht die beste Figur abgegeben – in welchen Punkten üben Sie diesbezüglich Selbstkritik?

Schöttel: Wir hätten uns für die Pressekonferenz mehr Vorbereitungszeit nehmen sollen. Aber die Vergangenheit lässt sich nicht mehr ändern. Mein Ansatz: Ich werde mit meiner Arbeit überzeugen.

LAOLA1: Auch die Teamchef-Kür führte zu Diskussionen. Andreas Herzog meinte, verarschen kann er sich selber. Was sagen Sie als Sportdirektor dazu?

Schöttel: Dass er sein Herz auf der Zunge trägt, dass er natürlich enttäuscht ist, dass er jetzt schon mehrmals ein Kandidat war, der es bis ganz zum Schluss geschafft hat und nicht genommen wurde. Ich kann nur sagen, dass ich in den vergangenen Wochen sehr penibel vorgegangen bin. Andi hat es unter die letzten Drei geschafft. Es waren nicht nur irgendwelche Phrasen von mir, dass ich mir jeden der Drei als Trainer vorstellen hätte können – obwohl sie unterschiedliche Typen sind, obwohl sie unterschiedlich mit der Mannschaft umgehen, obwohl sie unterschiedliche Stationen als Trainer hatten. Andi ist enttäuscht, was verständlich ist. Trotzdem hätte er diese Aussage so nicht tätigen sollen.

Schöttel teilt Foda seine Beobachtungen von außen mit
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LAOLA1: Den Zuschlag bekam Franco Foda. Ihr Vorgänger Willi Ruttensteiner war unter Marcel Koller im Betreuerstab mit dabei. Bei Ihnen ist angedacht, dass Sie das nicht sind. Wie ist das genau geregelt?

Schöttel: Was die Tätigkeit beim Nationalteam betrifft, orientiere ich mich nicht an Willi Ruttensteiner, denn das war eine andere Situation. Am Schluss hatte Marcel Koller nur noch Thomas Janeschitz als Co-Trainer, und es war von Marcel definitiv gewünscht, dass Willi immer mit dabei ist. Franco hat sein bewährtes Trainer-Team mit zwei Co-Trainern. Mein Eindruck nach ein paar Tagen ist, dass sie wirklich sehr, sehr gut aufeinander abgestimmt und eingespielt sind. Ich werde Franco meine Beobachtungen von außen mitteilen, trotzdem nah bei der Mannschaft sein und Franco auf meine Art und Weise in meinem Bereich so gut es geht unterstützen.

LAOLA1: Auch Foda-Kritiker anerkennen sein Fachwissen. Bedenken gibt es bezüglich Umgang mit Spielern und Betreuern. Sie haben ihn nun einige Tage hautnah erlebt. Ist diese Kritik berechtigt?

Schöttel: Ich kenne ihn ja schon länger. Ich weiß, wie er als Trainer arbeitet. Aber es stimmt schon, jetzt arbeiten wir eng zusammen. Er ist wirklich sehr umgänglich. Er ist sehr, sehr klar in seinen Ansagen, das ist aber auch gut so. Im Moment finde ich es total spannend, wie fokussiert die Spieler sind, wie sie wirklich alles aufsaugen, was er sagt. Ich finde, das Niveau ist richtig gut. Es ist wirklich toll, wie die Mannschaft die ersten paar Tage gemeinsam mit dem Trainerteam absolviert hat.

LAOLA1: Gibt es noch Änderungen, die bezüglich Betreuerstab angedacht sind? Momentan gibt es zum Beispiel keinen Mentaltrainer.

Schöttel: Das ist ein Thema, das uns natürlich aufgefallen ist, da wir in den Nachwuchs-Nationalteams ausnahmslos einen Mentaltrainer mit dabei haben. Das ist auch mit Franco besprochen worden. Bei diesem Lehrgang ist es einmal so, wie es ist. Das hatte jetzt in der kurzen Zeit, in der wir zueinander finden mussten, nicht die oberste Priorität. Aber ich schließe auch nicht aus, dass noch jemand dazukommt. Das wird man sehen.

LAOLA1: Auch abseits des Nationalteams ist ihr Aufgabengebiet riesig. Worauf liegen momentan die Schwerpunkte?

Schöttel: In der Trainerausbildung müssen wichtige personelle Entscheidungen getroffen werden. Nachdem Willi Ruttensteiner Leiter der Trainerausbildung war und die Zusammenarbeit beendet wurde, werde ich mir dieses Thema gemeinsam mit Dominik Thalhammer und Walter Konir sehr genau anschauen. Die Entscheidung muss so rasch wie möglich fallen, weil viele Ausbildungen und Termine dran hängen. Eventuell geht es auch darum, das personell neu zu strukturieren. Aber das lässt sich derzeit noch nicht genau sagen. Dann gilt es natürlich für mich selbst einen Nachfolger als U19-Teamchef zu finden, was mir nicht leicht fällt, weil es wirklich eine sehr schöne Zeit mit dieser Mannschaft war. Die Teamchef-Suche war für mich in den ersten Wochen das Wichtigste, aber ich habe bereits sehr viele Gespräche mit meinen Mitarbeitern in der Direktion Sport geführt, um mir ein Bild über die verschiedenen Aufgabenbereiche zu machen.

LAOLA1: Bis wann sollen die Personalentscheidungen über die Bühne gehen?

Schöttel: Die U19 hat im Februar ein Trainingslager, im März startet die Eliterunde, also wird die Entscheidung sicher noch heuer fallen. Das gilt auch für die Trainerausbildung.

LAOLA1: Thomas Janeschitz, der frühere Leiter der Trainerausbildung, hat im LAOLA1-Interview betont, dass es zehn bis 15 Jahre dauern kann, bis die initiierten Änderungen Früchte tragen. Muss man weiter Geduld haben, oder wollen Sie in der Ausbildung auch inhaltlich noch einmal eingreifen?

Schöttel: Ich habe nicht vor, etwas radikal zu verändern. Aber ich denke, was 2010 noch gut war, ist jetzt unter Umständen nicht mehr am letzten Stand. Das muss man sich ganz genau anschauen.

"Es gibt eine Reihe von durchaus erfolgreichen Trainern, die – meiner Einschätzung nach - nicht zu 100 Prozent für die Teamchef-Rolle geeignet sind."

Peter Schöttel

LAOLA1: Verstehen Sie aber die Kritik, dass es zu wenige österreichische Trainer gibt, die auf absolutem Top-Level arbeiten können und denen man auch den Teamchef-Job zutraut? Mit Ausnahme von Ralph Hasenhüttl, Peter Stöger und Adi Hütter natürlich.

Schöttel: Die genannten Drei sind zurzeit nicht verfügbar. Diese Drei plus Andi Herzog hatten zu 100 Prozent mein Vertrauen. Dann gibt es aber eine Reihe von durchaus erfolgreichen Trainern, die – meiner Einschätzung nach - nicht zu 100 Prozent für die Teamchef-Rolle geeignet sind.

LAOLA1: Wie wäre es mit folgender Vision: Das Ziel sollte es sein, in fünf bis zehn Jahren so viele österreichische Trainer "heranzuzüchten", dass man nicht lange im Ausland schauen muss, sondern in Österreich die Qual der Wahl hat?

Schöttel: Das ist das Ziel, richtig!

LAOLA1: Kommen wir zur Spielerentwicklung. Sie haben bei Ihrer Präsentation darauf hingewiesen, dass man im Nachwuchs den körperlichen Bereich forcieren muss. Mit Ausnahme von Salzburg-Spielern haben Bundesliga-Kicker, die ins Ausland wechseln, anfangs immer wieder das Problem körperlicher Defizite. Was soll in der Ausbildung geändert werden?

Schöttel: Das ist ganz sicher ein wichtiges Thema für die Akademien. Wir haben uns schlau gemacht, wie zum Beispiel in Belgien Athletik- oder Krafttraining passiert. Dort wird das von oben gesteuert, während es bei uns Sache der jeweiligen Standorte ist. Ein Ansatz ist, dass wir das als Verband vermehrt steuern als zuletzt. Ich habe schon öfters gesagt: Ich denke, dass wir fußballerisch wirklich gut ausbilden. Nur du merkst, wenn wir mit der U19 gegen Dänemark oder Norwegen spielen – abgesehen davon, dass sie einen Kopf größer sind, geht es dann schon um Durchsetzungsvermögen oder Zweikampfverhalten. Unsere Talente müssen schon früher die Robustheit bekommen, um sich international auf höchstem Level durchsetzen zu können.

LAOLA1: Muss man schon in jüngeren Jahren das Bewusstsein schaffen, körperlich mehr für sich selber und mehr als andere zu machen?

Schöttel: Das sowieso. Wenn man schaut, wer aktuell bei uns im Nationalteam spielt: Die haben das alle ganz sicher schon im Nachwuchs begriffen. Ohne Eigenverantwortung wirst du es nicht bis ganz nach oben schaffen. Vor 15 arbeitet man eher mit dem eigenen Körpergewicht, aber dann muss man gezielt ins Kraft- und Athletiktraining einsteigen. Darauf muss man in den Akademien vermehrt den Schwerpunkt setzen.

LAOLA1: Wie schaut es mit der Spielphilosophie im Nachwuchs aus?

Schöttel: Mein Ziel ist, dass wir in den Akademien und speziell in den Nachwuchs-Nationalmannschaften schlussendlich mehrere Systeme spielen können. Für mich ist wichtig, im Spiel sehr rasch zu reagieren, aber vor allem auch selbst aktiv zu agieren. Es gibt auch den Ansatz, dass du alles einheitlich und klar machst, was natürlich vom Anlernen her einfacher ist. Aber ich glaube, dass es heutzutage im Top-Fußball enorm wichtig ist, flexibel zu sein. Es wird so viel getüftelt im Fußball, die Gegner überlegen sich viel, und da müssen wir am letzten Stand sein.

LAOLA1: Wie schaut es inzwischen mit Visionen aus?

Schöttel: Die Vision ist, in jedem Bereich erfolgreich zu sein, auf der guten Arbeit, die bis jetzt passiert ist, aufzubauen, meine eigenen Ideen einzubringen und sportlich nachhaltig Erfolg zu haben.



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