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Janeschitz: "Möchte meinen Werten gerecht bleiben"

Koller-Co spricht über Beweggründe, Alaba und "Nagelsmänner".

Janeschitz: Foto: © GEPA

Er war Nachwuchs-Teamchef, Leiter der Trainerausbildung und konzentrierte sich bis zuletzt auf den Job als Assistent von Teamchef Marcel Koller.

Nach neun Jahren mit verschiedenen Aufgaben verlässt Thomas Janeschitz den ÖFB auf eigenen Wunsch.

"Ich habe diese Entscheidung getroffen, um meinen Werten gerecht zu bleiben", zeigt der 51-Jährige im LAOLA1-Interview Charakter und verweist auf die Entwicklungen im ÖFB in den vergangenen sechs bis acht Monaten.

Zudem spricht der Wiener über das Dauerthema David Alaba und hält ein "Trainerwunder" wie jenes in Deutschland auch in Österreich für möglich: "Ich denke, dass wir diese 'Nagelsmänner' auch haben."


LAOLA1: Was waren Ihre Beweggründe für den Entschluss, den ÖFB zu verlassen?

Thomas Janeschitz: Ich habe neun lange Jahre im ÖFB verbracht, aber ich denke, dass es jetzt ein guter Zeitpunkt war, die Tätigkeit zu beenden. Als Assistent war ich sportlich der engste Mitarbeiter von Marcel Koller und sehe mich da auch in der Verantwortung. Wenn man die Zusammenarbeit mit dem Teamchef beendet, ist es für mich irgendwo selbstverständlich, dass ich auch meine Konsequenz daraus ziehe. Also habe ich mich sowohl aus sachlich-fachlichen, als auch aus menschlichen Überlegungen zu diesem Schritt entschlossen.

LAOLA1: War es kein Thema, eine andere Funktion im ÖFB anzustreben? Sie hatten zuvor schon andere Aufgaben. Außerdem wären Sie nicht der erste A-Team-Assistenztrainer, der danach zum Beispiel ein Nachwuchs-Nationalteam übernimmt…

Janeschitz: Ich habe den beiden Geschäftsführern gesagt, dass ich für weitere Gespräche zwar zur Verfügung stehe – mein Dienstverhältnis läuft ja noch bis 31. Jänner -, dass ein Weiterverbleib beim ÖFB für mich unter den gegebenen Umständen aber nur sehr, sehr schwer vorstellbar ist.

LAOLA1: Warum?

Janeschitz: Hauptsächlich waren natürlich sportliche Entscheidungen dafür verantwortlich. Es ist aber so, dass natürlich auch die Entwicklungen der letzten sechs bis acht Monate dazu beigetragen haben, dass ich mir gedacht habe: Es ist an der Zeit, diesen Schritt zu setzen.

LAOLA1: Das heißt, wie sich der ÖFB derzeit als Gesamtes darstellt, ist nicht zufriedenstellend und hatte Einfluss?

Janeschitz: Ich habe diese Entscheidung getroffen, um meinen Werten gerecht zu bleiben. Daher bin ich zum Entschluss gekommen, dass es zum jetzigen Zeitpunkt die beste Entscheidung für mich ist.

LAOLA1: Sie hatten in Ihrer Zeit beim ÖFB diverse Aufgaben, zuletzt jene im Trainerstab des A-Teams. Zuletzt gab es vielleicht nicht unbedingt eine Leistungskrise, aber eine Ergebniskrise. Warum?

Janeschitz: Für mich ist ein wichtiger Aspekt, dass es im Fußball hauptsächlich um Ergebnisse geht und daher die tatsächliche Leistung oft nicht korrekt beurteilt wird. Wir haben das mit Marcel immer sehr sachlich und professionell gesehen. Schon zu Zeiten der "Heldenverehrung" wussten wir, dass das völlig überhöht wurde. Man kann im österreichischen Fußball keine Qualifikationen garantieren, das wird auch nie so sein. Es muss sehr viel gut laufen, insbesondere für WM-Turniere, wo es noch etwas schwerer ist als bei Europameisterschaften. Aus unserer Sicht waren die Spieler in allen drei Qualifikationen sehr leistungsbereit, der Zusammenhalt war ein großartiger – auch in der letzten Qualifikation. Ich denke, dass die Leistungen, die sie auf den Platz gebracht haben, das war, was zu diesem Zeitpunkt möglich war. Wie eng es im internationalen Fußball geworden ist, haben sowohl die erfolgreiche, als zuletzt auch die nicht erfolgreiche Qualifikation gezeigt. Wir haben auch diese Gruppe von Anfang an als sehr ausgeglichen und schwierig angesehen. Die Leistungen waren für mich bis auf das Spiel in Serbien, wo es taktisch nicht ganz geklappt hat, in Ordnung. Die Ergebnisse haben leider nicht dazu gepasst.

LAOLA1: Letztlich geht es natürlich um die Ergebnisse. Ist man diesbezüglich auch an manchen Baustellen, zum Beispiel Linksverteidiger, gescheitert? Hat man hier zu spät Lösungen gefunden?

Janeschitz: Im Fußball tauchen immer wieder Problemfelder auf. Als Trainer muss man dann eben Entscheidungen treffen. Da kann ich wirklich nur unterschreiben, dass wir die gemeinsam mit Marcel immer professionell getroffen haben, zu diesen Entscheidungen gestanden sind und sie in der Situation, in der wir damals waren, auch wieder so entscheiden würden. Die Spekulationen "Hätten wir das?" oder "Könnten wir nicht?" sind immer mühsam.

"Es war unsere Entscheidung und ist auch unsere vollste Überzeugung, dass uns David im zentralen Mittelfeld mehr hilft als auf der Außenverteidiger-Position. Und: David hat dort gespielt, wo wir ihn hingestellt haben. Und: Er hätte überall gespielt, wo wir ihn hingestellt hätten."

Janeschitz über Alaba

LAOLA1: Ein Dauerthema ist in diesem Zusammenhang die Rolle von David Alaba. Ihr habt euch für das Mittelfeld entschieden. Der Vorwurf, dass er sich geweigert hätte, eine andere Position zu spielen, ist bekannt. Stimmt das?

Janeschitz: Klare Ansage: Es ist Aufgabe des Trainer-Teams, über die Aufstellung zu entscheiden. Es war unsere Entscheidung und ist auch unsere vollste Überzeugung, dass uns David im zentralen Mittelfeld mehr hilft als auf der Außenverteidiger-Position. Und: David hat dort gespielt, wo wir ihn hingestellt haben. Und: Er hätte überall gespielt, wo wir ihn hingestellt hätten.

LAOLA1: Wie entstehen dann die Einschätzungen, dass es anders wäre?

Janeschitz: Das sind viele Ferndiagnosen, viele Eindrücke, viele Wahrnehmungen. Dazu kommen dann die bekannten Formulierungen wie „Man hört“ oder „Man sagt“ oder „Es könnte sein“ – und das ist mühsam. Aus meiner Sicht wird so etwas manchmal auch sehr einfach „rausgespuckt“ – und du hast im Grunde nie die Chance, das zu entkräften. Außer mit dem Bild, das die Mannschaft nach außen präsentiert. Das war bis zuletzt mehr als in Ordnung. Wie die Spieler reagiert haben, als Marcel und ich uns in Moldawien von der Mannschaft verabschiedet haben, macht einen Trainer schon sehr stolz.

LAOLA1: Sie haben vorher den Umgang mit der Erwartungshaltung bezüglich Qualifikationen angedeutet. Nach der EM-Qualifikation war Österreich gefühlt am Weg zum EM-Titel, nun wird vieles sehr negativ gesehen. Muss Fußball-Österreich, aber auch der innere Kreis samt Mannschaft, daraus lernen?

Janeschitz: Natürlich. Sowohl diese Überhöhung, als auch diese Verteufelung sind schwierig zu verarbeiten. Ich denke, dass die Spieler aus den vergangenen zwei, drei Jahren sehr, sehr viel gelernt haben, genau wie der Betreuerstab.

LAOLA1: Sie sind tendenziell nicht der einzige Abgang aus diesem Betreuerstab. Der Teamchef ist weg, der Sportdirektor muss gehen, mit Zlatko Junuzovic ist ein Stammspieler zurückgetreten. Fühlt es sich für Sie an, als würde eine Ära zu Ende gehen?

Janeschitz: Es geht auf jeden Fall sehr viel Kompetenz verloren, das steht für mich außer Frage. Neben dem Teamchef, dem Sportdirektor und meiner Person ist zuvor auch Andreas Heraf gegangen, Wolfgang Gramann ist gegangen – in den letzten Monaten ist sehr viel Wissen verloren gegangen. Aber ich sehe das auch als Chance für den Verband, neue Gesichter zu präsentieren. Die Lücke, die hinterlassen wurde, muss aber erst einmal gefüllt werden.

LAOLA1: Stimmt Sie der Rücktritt von Junuzovic nachdenklich?

Janeschitz: Nein. Er wird sich das gut überlegt haben. Tatsache ist, dass er im letzten Jahr viele Verletzungen erlitten hat. Zu dieser Entscheidung gibt es von mir keine Fernkommentare, das ist zu akzeptieren.

LAOLA1: Nach vorangegangen Rücktritten wurde von außen der Eindruck erzeugt, dass es mannschaftsintern nicht stimmt.

Janeschitz: Wenn ich jetzt wieder betone, dass das absoluter Schwachsinn ist, werden diese Gerüchte trotzdem nicht verstummen. Es ist müßig, überhaupt darüber zu sprechen.

LAOLA1: Bevor Sie sich auf die Rolle als Kollers Assistent konzentriert haben, haben Sie unter anderem die Trainerausbildung geleitet. Wie fällt Ihre Bilanz aus?

Janeschitz: Ich habe die Trainerausbildung von 2009 bis 2015 geleitet. In diesen sieben Jahren ist wirklich ein großer Wurf gelungen. Hier ist unter meiner Führung ein starkes Produkt entstanden – eine neue Ausbildungsstruktur, die sehr praxisorientiert und der Erwachsenenbildung geschuldet ist. Ich habe dieses Amt 2015 aus verschiedenen Gründen zurückgelegt. Willi Ruttensteiner hat dann quasi die Leitung übernommen und die Pro-Lizenz im Grunde alleine geführt. Dominik Thalhammer war Verantwortlicher für die unteren Ausbildungsstufen. Aber hier wurde eine Struktur geschaffen, wo die Namen relativ unwichtig und professionelle Abläufe gewährleistet sind. Ich habe Skripten geschrieben, Lernziele erarbeitet und sämtliche Kompetenzen für alle Kurse gemeinsam mit den Verantwortlichen ausgearbeitet.

"Ich habe damals schon gesagt, diese ganzen Veränderungen werden zehn, zwölf, vielleicht auch 15 Jahre brauchen. Ich habe aber auch damals schon betont, dass es ein Ziel sein muss, dass österreichische Trainer international auf sich aufmerksam machen. In bescheidenen Verhältnissen ist das mit Peter Stöger und Adi Hütter schon passiert."

Janeschitz über Trainerausbildung

LAOLA1: Wenn man bei Spielern Nachwuchs-Konzepte aufsetzt, dauert es, bis diese Früchte tragen. In welchem Zeitrahmen haben Sie hier bezüglich der Trainer gedacht?

Janeschitz: Ganz ähnlich. Bei meinem ersten Auftritt in der Trainerfortbildung im Jänner 2009 habe ich meine Visionen vorgestellt. Ich habe damals schon gesagt, diese ganzen Veränderungen werden zehn, zwölf, vielleicht auch 15 Jahre brauchen. Ich habe aber auch damals schon betont, dass es ein Ziel sein muss, dass österreichische Trainer international auf sich aufmerksam machen. In bescheidenen Verhältnissen ist das mit Peter Stöger und Adi Hütter schon passiert, auch mit Damir Canadi in Griechenland und Andi Herzog, der in den USA arbeiten konnte. Durch die Verbesserung des Stellenwerts des österreichischen Fußballs haben sich auch für Trainer bessere Möglichkeiten aufgetan. Wir sind jedoch sicher noch nicht am Ende der Fahnenstange, es gibt durchaus noch Verbesserungsmöglichkeiten. Aber es wurde eine Struktur geschaffen, die eben diesen 10-15-Jahres-Zeitraum braucht.

LAOLA1: Halten Sie so etwas wie das deutsche Trainerwunder in Österreich für möglich?

Janeschitz: Ich denke, dass wir diese „Nagelsmänner“ auch haben. Es wird ja immer nur über den höchsten Bereich gesprochen, aber wir haben im Entwicklungsbereich, in den Akademien oder im LAZ-Bereich, hervorragende junge Trainer. Meine Anregung ist, dass die Vereins-Verantwortlichen auch der österreichischen Trainerausbildung Wertschätzung entgegenbringen. Die Kompetenz ist absolut vorhanden, viele haben die Fähigkeiten, ihnen wird jedoch von den Vereinen nicht zugetraut, dass sie auch für Höheres fähig wären.

LAOLA1: Sie haben Konzepte ausgearbeitet, kennen auch eine Universität von innen. Wie geht es Ihnen mit der Forderung, die Wissenschaft aus dem Fußball rauszunehmen?

Janeschitz: Es ist immer gefährlich, wenn man Bereiche rausnimmt, die eine wichtige Rolle spielen. Für mich ist diese Trennung in Praktiker und Theoretiker immer schon ein kompletter Unsinn gewesen. Beides ist sehr wichtig. Aus der Praxiserfahrung als Spieler kann man sehr viel mitnehmen, wenn man im Spitzenbereich gespielt hat. Das ist ein Startvorsprung. Aber zu sagen, die Wissenschaft zu eliminieren, ist genauso falsch wie umgekehrt, dass es ja auch schon Trends gegeben hat, wo es nur noch um die Wissenschaft gegangen ist. Ich persönliche vertrete beides: Ich habe Sport studiert, war selber als Spieler durchaus erfolgreich. Theorie und Praxis – von beiden Seiten das Beste wird am meisten bringen, und das hat sich in meiner Karriere auch immer wieder bewiesen.

LAOLA1: Warum kommen in Österreich trotzdem gerne solche Tendenzen auf? Ist das Fortschrittsfeindlichkeit?

Janeschitz: Der Österreicher war immer schon traditionell veranlagt. Das waren ja auch die Lieblingssprüche von Marcel und mir: "Das war schon immer so" oder "Wie soll das gehen?" Vielleicht liegt es auch daran, dass manche Bereiche des absoluten Spitzenfußballs auch gar nicht gesehen werden können. Sowohl Trainer, als auch Funktionäre oder Spieler wissen manchmal gar nicht, was international wirklich abläuft. Das kann natürlich mitspielen, wenn dann die Professionalität relativ leichtfertig aufs Spiel gesetzt wird.

LAOLA1: Wo sehen Sie ihre Zukunft?

Janeschitz: Ich bin auf dem stürmischen Trainer-Markt (lacht). Ich möchte natürlich auch weiterhin meine Fähigkeiten im Fußball weitergeben und denke auch, dass da Möglichkeiten kommen werden. Das Ausland ist sicher ein Wunsch von mir. Das wäre schön, um etwas anderes sehen und die dort herrschenden Arbeitsvoraussetzungen kennenzulernen. Wenn man die deutsche oder andere internationale Ligen hernimmt, ist es schon noch einmal ein Riesen-Schritt.

LAOLA1: Streben Sie eine Rückkehr in die Rolle des Cheftrainers an?

Janeschitz: Es ist eine Option, selbst wieder eine Mannschaft zu führen, es gibt aber auch andere Möglichkeiten. Dass Marcel und ich sehr eng miteinander verbunden sind, ist auch kein großes Geheimnis. Man wird sehen. Ich denke, dass wir uns beide keine großen Sorgen machen müssen. Es werden sich neue Möglichkeiten ergeben.

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