Die Zyprer agierten auf der Linzer Gugl von Beginn an sehr schlitzohrig und versuchten Österreich bei jeder Gelegenheit, den Wind aus den Segeln zu nehmen; wie lange sich Gäste-Goalie Fabiano bei jedem einzelnen Abstoß Zeit ließ, hatte teilweise schon fast Comedy-Charakter.
"Ich kann mich kaum an ein Spiel mit weniger Netto-Spielzeit erinnern. Mich würde es nicht wundern, wenn der Ball insgesamt weniger als 45 Minuten im Spiel war. Ständige Unterbrechungen, jeder Torabstoß hat eine Minute gedauert. So kam kein Spielrhythmus zustande", versucht Teamchef Ralf Rangnick eine Erklärung für den dürftigen Auftritt seiner Mannschaft zu finden.
Allerdings gibt der Deutsche auch zu: "Wir haben es in der ersten Halbzeit auch einfach nicht gut gemacht. Wir waren zu lange am Ball, haben zu viele Abspielfehler gehabt und uns dadurch oftmals selbst in die Bredouille gebracht."
Zypern wird auch den anderen Nationen noch Probleme bereiten
Nach Seitenwechsel sei die Energie in der Mannschaft besser gewesen: "Wir haben den Ball schneller und besser zirkulieren lassen. Es gab eine Leistungssteigerung, die auch notwendig war."
Speziell nach dem 1:0 durch Marcel Sabitzers Elfmeter merkte man, wie das ÖFB-Team an Selbstvertrauen gewann. Zypern kam durch einen von Michael Gregoritsch auf der Linie geklärten Kopfball von Christos Sielis dem Ausgleich zwar zwischenzeitlich ganz nahe, ergab sich in der Endphase der Partie aber gewissermaßen. Ein Unterschied zu den Top-Nationen war schlussendlich also doch zu erkennen.
Insgesamt hinterließ das Team aus dem 1,38 Millionen Einwohner fassenden Inselstaat aber Eindruck in Österreich. "Man muss auch sagen, dass es Zypern gut gemacht hat. Schon gegen Rumänien (ein 0:2 in Bukarest im Juni, Anm.) hätten sie nicht verlieren brauchen. Das wird für uns aber auch für die anderen im Rückspiel nicht einfach", zieht Rangnick den Hut.
Alaba: "Macht was mit der Mannschaft, solche Spiele zu gewinnen"
Auch Gregoritsch findet, dass "die Zyprer es gut gemacht haben. Sie haben schnell verdichtet und geschlossen, immer sehr viele Spieler hinter den Ball gebracht". Selbstläufer gebe es auf Nationalteam-Ebene schlicht nicht mehr:
"Natürlich wünschen wir uns alle, dass solche Spiele deutlicher ausgehen. Aber, und das werden wir bis zum Ende meiner Karriere und darüber hinaus weiter durchkauen: Dass diese Gegner hierher kommen und es für sie ein Riesenspiel ist, darf man auch nicht vergessen."
"Wenn wir uns qualifizieren sollten, können wir uns im November nochmal darüber unterhalten, ob es wichtig war, wie wir gespielt haben, oder, dass wir die drei Punkte geholt haben"
David Alaba fügt an: "Solche Spiele muss man für sich entscheiden, um am Ende erfolgreich zu sein. Es macht was mit der Mannschaft, solche Spiele zu gewinnen." Der Sieg war "kein Leckerbissen", hätte schlussendlich aber auch nicht mehr Punkte gebracht, wenn er glanzvoll eingefahren wäre, so der Wiener sinngemäß.
Deutschland hätte wohl gerne so gewonnen
"Solange wir Spiele, in denen wir nicht so gut spielen, am Ende - auch verdient - gewinnen, können wir zufrieden sein. Mir fallen mindestens zwei Länder ein, die in den letzten Tagen gerne so mit 1:0 gewonnen hätten, wie wir es heute getan haben, die sehr gerne mit uns tauschen würden", sagt Rangnick und stichelt damit freilich in Richtung DFB-Elf, die der Slowakei am Donnerstag mit 0:2 unterlag. Welche die zweite Nation ist, die der Teamchef meint, bleibt sein Geheimnis.
Und eines ist auch klar: Spätestens nach dem (hoffentlich erfolgreich) bewältigten Auswärtsspiel bei Bosnien-Herzegowina wird die Leistung gegen Zypern kein großes Thema mehr sein. Gelingt die WM-Quali, wird sich überhaupt niemand mehr daran erinnern.
"Wenn wir uns qualifizieren sollten, können wir uns im November nochmal darüber unterhalten, ob es wichtig war, wie wir gespielt haben, oder, dass wir die drei Punkte geholt haben", so Gregoritsch.