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Klopp begründet Liverpool-Aus: "Habe keine Energie mehr"

Nach neun Jahren ist Schluss. Der Deutsche spürt seine Kräfte schwinden und will dem Klub Planungssicherheit verschaffen. So begründet er den Schritt weiters.

Klopp begründet Liverpool-Aus: Foto: © getty

Jürgen Klopp wird den FC Liverpool am Ende der Saison verlassen (HIER nachlesen>>>).

Eine Entscheidung, die die Fans kalt erwischt, denn der Deutsche hätte eigentlich noch einen laufenden Vertrag bis 2026. Aber die Kräfte für diese fordernde Aufgabe haben den 56-Jährigen verlassen.

In einem ausführlichen Interview nimmt "Kloppo" zu diesem Entschluss Stellung, den er bereits vor zwei Monaten gegenüber dem Klub äußerte.

"Ich liebe alles über diesen Klub, diese Stadt, unsere Fans. Ich liebe das Team, ich liebe den Staff. Alles. Aber dass ich diese Entscheidung trotzdem treffe, beweist, dass ich von ihrer Notwendigkeit überzeugt bin."

Ihm fehle die Möglichkeit, weiterzumachen: "Ich habe keine Energie mehr. Ich habe kein handfestes Problem, es geht mir gut. Aber ich kann den Job nicht immer und immer und immer wieder machen."

Ein gesundheitliches Problem habe er nicht, er sei "so gesund, wie ich in meinem Alter sein kann".

Der Klub braucht Planungssicherheit

Die Planungen in diesem Geschäft wären so langfristig angelegt, dass die Gespräche über Verpflichtungen für das nächste Jahr und das Sommercamp vor Wochen starteten.

Und dabei habe sich Klopp mit einem Gedanken erwischt: "Ich weiß gar nicht, ob ich dann noch hier sein werde. Das hat mich selbst überrascht. Die letzte Saison war sehr schwer und bei anderen Klubs hätte es damals vielleicht schon eine Überlegung gegeben, die Zusammenarbeit zu beenden. Hier ist das nicht passiert."

Als er erkannte, dass ein gutes Team zusammen ist, das den Turnaround schaffen konnte, kamen die Gedanken an die eigene Situation zurück.

"Es ist nicht, was ich machen will. Aber es ist das, wovon ich denke, dass es zu 100 Prozent richtig ist."

Lieber zu früh als zu spät

Der Zeitpunkt der Bekanntgabe hänge mit einer Welt zusammen, in der solche Geheimnisse nicht bewahrt bleiben könnten: "Es ist sogar eine Überraschung, dass wir es bis jetzt geheim halten konnten. Es hängt so viel daran, besonders Personalsituationen."

"Ich habe jetzt sehr lange kein normales Leben geführt. Ich möchte nicht warten, bis ich für so ein Leben zu alt bin."

Er hatte gehofft, nicht noch einmal einen Klub von sich aus verlassen zu müssen. "Aber von einer Sache bin ich überzeugt: Wenn du so eine Entscheidung treffen musst, dann triff sie lieber etwas zu früh als zu spät."

Er sei auch davon überzeugt, dass der Zeitpunkt nicht für Ablenkungen im weiteren Saisonverlauf sorgen werde: "Das hängt nur an uns. Die Umstände sind komplett andere, aber es ist eine ähnliche Situation wie damals in Dortmund."

Der Erfolg der letzten Jahre hänge nicht nur an Jürgen Klopp, und es solle auch im weiteren Ablauf der Spielzeit nicht zu sehr um ihn gehen.

"Ich bin als normaler Typ hergekommen und das bin ich immer noch. Ich habe jetzt nur sehr lange kein normales Leben geführt. Ich möchte nicht warten, bis ich für so ein Leben zu alt bin. Ich hatte das zuvor noch nie und ich glaube, es ist der richtige Moment, es zu versuchen."

So ist nicht nur auf Basis dieser Aussage davon auszugehen, dass sich Klopp erst einmal eine Auszeit gönnen wird. Genauere Angaben zu seiner Zukunft macht er noch nicht.

"Brauche keinen Liebesbeweis"

Zum Abschluss bekundet Klopp einmal mehr seine Liebe für den Klub und die Fans - und bittet die Anhänger um eine Sache.

"Bitte akzeptiert meine Entscheidung. Und bitte singt mein Lied nicht zu früh. Macht nicht, dass sich in den Spielen alles um mich dreht. Dazu gibt es keinen Grund. Ich habe immer den vollen Support für das Team gewollt, nicht für mich. Ich weiß über unsere Beziehung Bescheid, ich brauche keinen Beweis."

Dazu gebe es am Ende der Saison noch genug Zeit.

"Wir sind Liverpool, wir sind gemeinsam durch härteres gegangen. Das seid ihr auch schon vor mir. Machen wir eine Stärke daraus. Lasst uns alles aus dieser Saison rausholen und einen weiteren Grund zum Lächeln haben, wenn wir in Zukunft zurückblicken."

Auf Liverpool-Abschied folgt ein Jahr Pause

Jürgen Klopp verkündete auf einer Pressekonferenz am Freitag-Nachmittag, dass er ab Sommer mindestens ein Jahr nicht als Fußballtrainer arbeiten wird.

"Keinen Klub, kein Land für das nächste Jahr", versicherte Klopp. Zudem werde er nie wieder einen anderen englischen Verein trainieren. Das gelte auch für den Fall, wenn er "nichts mehr zu essen hätte", bekräftigte der Fanliebling, der Liverpool nach langen Durststrecken zu neuem sportlichen Glanz verholfen hat.

Der Meistertitel 2020 war der erste seit 1990. Auch in dieser Saison liegt der Traditionsklub mit fünf Punkten Vorsprung auf Titelverteidiger Manchester City bei einem Spiel mehr gut im Rennen. Am Sonntag geht es im FA-Cup gegen Norwich City.

Er verstehe, dass seine Entscheidung ein "Schock" für viele Leute sei, aber er müsse sie treffen, meinte Klopp. Ihn verlasse die Kraft. "Es gibt so viele Dinge in diesem Job, in denen man sein Bestes geben muss", schilderte der Erfolgscoach am Freitagnachmittag in der PK.

"Und vor allem bei einem Verein wie Liverpool, denn es bedeutet so viel und ist so vielen Menschen so wichtig. Ich kann nicht auf drei Rädern fahren. Das ist nicht erlaubt. Und ich wollte auch nie nur der Beifahrer sein."

Beendet Klopp auch seine Trainer-Karriere?

Die Klubspitze hätte der Deutsche bereits im November über seinen geplanten Rückzug zu Saisonende informiert, sagte der 56-Jährige. Auch ein Karriereende als Fußballtrainer schloss Klopp dezidiert nicht aus. "Was auch immer in der Zukunft passiert, weiß ich jetzt noch nicht."

Vor Liverpool hatte Klopp in Deutschland erfolgreich den FSV Mainz (Aufstieg in die Bundesliga) und Borussia Dortmund (Meister 2011 und 2012) betreut. Zuletzt war er in seiner Heimat auch als möglicher Kandidat für den Nationaltrainer-Posten gehandelt worden.

Der Vertrag von Amtsinhaber Julian Nagelsmann läuft vorerst nur bis zur Heim-EM im Sommer. Mit seiner selbstverordneten Fußball-Pause nach dieser Saison nahm sich Klopp aber vorzeitig selbst aus dem Spiel.

"The Normal One" nimmt nach neun Jahren Abschied

In Liverpool hatte Klopp am 8. Oktober 2015 angeheuert. In Anlehnung an Jose Mourinhos selbstgegebenen Spitznamen "The Special One" stellte er sich als "The Normal One" vor. Für Liverpool ist Klopp mehr, als der Portugiese es für Chelsea war oder Pep Guardiola es aktuell für ManCity ist.

Er ist nicht nur ein Trainer, der den Stil des Klubs prägte und dessen Trophäenschrank füllte. Klopp verkörpert in den Augen vieler Liverpool-Fans genau das, wofür der gesamte Verein steht: Leidenschaft, Hingabe, Weltoffenheit und Identifikation.

Bei der Auswahl seines Nachfolgers sei er nicht involviert, betonte Klopp. Dafür seien andere zuständig. "So viele Leute arbeiten hier und haben nur eins im Sinn, die perfekte Lösung für Liverpool zu finden", sagte der scheidende Coach.

"Ich bin sicher, dass das passieren wird. Und das Letzte, was sie brauchen, ist ein Ratschlag von dem alten Mann, der sich verabschiedet." Ein Kandidat könnte Xabi Alonso sein. Der Spanier war als Spieler für Liverpool tätig - und erlebt in Deutschland mit Bayer Leverkusen aktuell einen Höhenflug.

"You'll never walk alone" - Klopps Liverpool-Ära in Bildern

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