news

WM-Analyse von Löw: "Das war mein größter Fehler"

DFB-Teamchef Joachim Löw erklärt das WM-Debakel und spricht über Özil:

WM-Analyse von Löw: Foto: © getty

DFB-Teamchef Joachim Löw hat am Mittwoch die mit Spannung erwartete Analyse des WM-Debakels präsentiert. 

Dabei spricht der 58-Jährige zwei Punkte an, die für das frühe Scheitern ausschlaggebend waren. "2014 sind wir Weltmeister geworden. Wir sind immer mehr zu einer Mannschaft geworden, die über totale Dominanz und Ballbesitz ein Spiel gewinnen wollte. Dass wir uns 2014 bis 2018 in puncto Ballbesitz weiterentwickeln mussten, war ein Resultat aus dem WM-Titel 2014, weil die Mannschaften sich immer weiter zurückgezogen haben. Mein größter Fehler war, dass ich geglaubt habe, wir kommen in Russland mit diesem dominanten Spiel, mit diesem Ballbesitz, zumindest durch die Vorrunde", so Löw. 

Löw: "Das war fast schon arrogant"

Für ein Erreichen der K.o.-Phase bei der WM hätten aber alle Rahmenbedingungen stimmen müssen. "Das war nicht der Fall. Und meine größte Fehleinschätzung. Das war fast schon arrogant. Ich wollte das auf die Spitze treiben. Ich hätte die Mannschaft frühzeitig auf eine etwas stabilere, sichere Spielweise vorbereiten müssen. So wie 2014", so Löw. "Ich wollte erst nach der Vorrunde die Spielweise adaptieren. Eigentlich war das Spiel gegen Mexiko schon ein K.o.-Spiel. Das habe ich falsch eingesetzt. Wir müssen unsere Spielweise adaptieren, variabler und flexibler sein."

Der zweite Punkt, der in Russland gefehlt habe, sei der nötige Enthusiasmus gewesen. "Nach dem WM-Titel 2014 haben wir es nicht geschafft, neue Schlüsselreize zu setzen und ein neues Feuer zu entzünden. Wir hatten ein kleine Flamme - und meine Spieler haben normalerweise Feuer - aber konnten kein Feuer daraus machen. Es wäre auch meine Aufgabe gewesen, dass durch verschiedene Maßnamen mehr zu forcieren", meint Löw. 

Özil reagiert nicht auf Löws Anrufe

Darüber hinaus gibt Löw auch zu, dass die Schlagzeilen rund um Mesut Özil und Ilkay Gündogan ein ständiger Störfaktor gewesen sind. 

"Wir haben die ganze Geschichte mit den Fotos unterschätzt. Auch ich habe das unterschätzt. Wir haben alles versucht, auch mit Präsident Steinmeier, um das auszuräumen. Das Thema hat Kraft gekostet und war nervenaufreibend, weil es immer wieder da war. Aber das soll kein Alibi für unser Ausscheiden sein. Es war für mich immer klar, dass ich Ilkay und Mesut aus sportlichen Gründen nominiere", erklärt Löw. 

Dass Özil aus dem DFB-Team zurücktritt, habe der Teamchef nur von dessen Berater erfahren. "Der Spieler selbst hat mich nicht angerufen. Normalerweise war das in der Vergangenheit immer so. Ich habe ihn in den letzten eineinhalb, zwei Wochen versucht, zu erreichen. Das ist mir auch nicht gelungen. Er hat sich für diesen Weg entschieden und das muss ich so akzeptieren."

Die Rassismus-Vorwürfe von Özil seien laut Löw "überzogen": "Es gab niemals auch nur im Ansatz eine Art von Rassismus und in meiner Mannschaft."

Löw streicht Khedira aus Kader

Neben dem zurückgetretenen Özil wird in den anstehenden Länderspielen auch Sami Khedira fehlen. Löw verzichtet in den Spielen gegen Weltmeister Frankreich in der Nations League (6.9.) und dem anschließenden Freundschaftsspiel gegen Peru (9.9.) auf den Mittelfeldspieler. 

"Mit Sami Khedira habe ich ein längeres Gespräch geführt. Er hat mir gesagt: Aus der Nationalmannschaft tritt man nicht zurück. Ich habe ihm aber auch gesagt, dass ich jetzt Raum und Platz schaffen möchte, auch auf dieser Position und dass wir zu gegebener Zeit weitersprechen. Er hat sich klare Ziele gesetzt und hat sich nach dieser WM auch in der Verantwortung gesehen", so Löw. 

Wieder zurück im DFB-Team sind hingegen Leroy Sane, der überraschend nicht mit zur WM durfte, und Nils Petersen. Mit Thilo Kehrer, Nico Schulz und Kai Havertz rücken drei Neue nach. 

"Es ist ein Mix aus Erfahrung, jungen Spielern und unseren Weltmeistern. Ich weiß, was sie für Qualitäten haben. In so einer Phase ist es wichtig, junge, alte und erfahrene Spieler dabei zu haben. Die Aufgabe wird sein, Spannung zu erzeugen, Feuer zu entfachen, taktische Aspekte einfließen zu lassen. Dann wird diese Mannschaft wieder ein ganz anderes Gesicht zeigen", sagt Löw. 

Kommentare