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James Rodriguez nicht im Kolumbien-Kader

"Los Cafeteros" müssen gegen England auf den Bayern-Star verzichten.

James Rodriguez nicht im Kolumbien-Kader Foto: © getty

Kolumbien muss im letzten WM-Achtelfinal-Duell gegen England auf Superstar James Rodriguez verzichten (ab 20:00 Uhr im LIVE-Ticker).

Der Bayern-Star musste im letzten Gruppenspiel gegen den Senegal schon in der 31. Minute verletzungsbedingt ausgewechselt werden. Rodriguez laboriert an einer Unterschenkelverletzung. England muss auf Fabian Delph verzichten, da seine Gattin vor Entbindung steht.

Startaufstellung Kolumbien: Ospina; Arias, Mina, Davinson Sanchez, Mojica; Barrios, Carlos Sanchez, Lerma; Juan Cuadrado, Falcao, Quintero.

Bank: Zapata, Murillo, Bacca, Aguilar, Vargas, Muriel, Uribe, Diaz, Izquierdo, Jose Cuadrado.

Startaufstellung England: Pickford; Trippier, Walker, Stones, Maguire, Young; Henderson; Lingard, Alli; Sterling, Kane.

Bank: Rose, Dier, Vardy, Butland, Welbeck, Cahill, Jones, Rashford, Loftus-Cheek, Alexander-Arnold, Pope.

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Seit März tägliches Elfer-Training

Wenn England heute (ab 20:00 Uhr im LIVE-Ticker) gegen Kolumbien das letzte WM-Achtelfinale bestreitet, könnten die "Three Lions" wieder mit ihrem größten Schreckgespenst konfrontiert werden: Dem Elfmeterschießen.

Gareth Southgate will in diesem Bereich aber längst keinen Zufall mehr gelten lassen und setzt auf akribische Methoden - ausgerechnet er, der den wohl fatalsten aller Fehlschüsse in der englischen Turniergeschichte bei der EURO 1996 leistete, der England bei der Heim-EM im Halbfinale rauskegelte.

"Elfmeterschießen ist definitiv kein Glück. Und es hat auch definitiv nichts mit Zufall zu tun", sagt der Coach, der sein eigenes Trauma längst überwunden hat: "Ich hatte ja ein paar Jahrzehnte Zeit dazu", schmunzelt er.

"Penalties" - schon alleine das Wort treibt englischen Fans Angst und Wut in die Glieder. Siebenmal ist die Entscheidung über das Weiterkommen in K.o.-Spielen der "Three Lions" bei einer WM oder EM im Elfmeterschießen gefallen - sechsmal verlor England. Zuletzt fünfmal in Folge. Kein anderes Team hat eine schlechtere Bilanz.

Es ist kein Problem ausschließlich des A-Teams der Männer: Zählt man das A-Team der Frauen und die U21 bei den großen Turnieren hinzu, steht Englands Bilanz bei 2:12.

Englands Fußball-Verband geht das Reizthema wissenschaftlich an. "Es gibt mehrere Parameter, die das beeinflussen, durch die man die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs deutlich steigern kann", erklärt Southgate.

Aus diesem Grund trainieren die Spieler der "Three Lions" seit März nach jeder Einheit Elfmeter. Und sie haben sich alle psychologischen Tests unterziehen müssen. So sollte zum einen herausgefunden werden, wer der Situation am ehesten gewachsen zu sein scheint und den Spielern umgekehrt ein Gefühl der Sicherheit gegeben werden.

Auch Verzicht ist Verantwortung

Beim Halbfinale 1996 gegen den späteren Europameister Deutschland habe Coach Terry Venables auf dem Feld spontan gefragt, wer schießen wolle, berichtet Southgate. Er habe sich gemeldet, weil er dachte, Verantwortung übernehmen zu müssen. "Heute weiß ich: Es ist vielleicht mutiger zuzugeben, dass man sich nicht sicher fühlt."

Über den heutigen Kader existiert eine ausführliche Liste, wer in der bestmöglich simulierten Situation im Training am häufigsten getroffen hat. "Sie haben eine gewisse Routine und Sicherheit entwickelt", sagt Southgate.

Und vor allem glaubt er, die Routine jedes Spielers zur Vorbereitung zu kennen. "Der eine will nicht gestört werden, der andere braucht Hilfe und Ermutigung." Auch das ist alles festgehalten. Und zu guter Letzt ist auch das Verhalten aller Nicht-Schützen klar geregelt.

"Um die Spieler herum muss es ruhig sein, es darf keine Nervosität herrschen", erklärt Englands Manager. "Es dürfen nur bestimmte Menschen auf dem Spielfeld sein. Die Spieler sollen nicht so viele Stimmen im Ohr haben."

Was er damit schon erreicht hat: Der natürliche englische Pessimismus ist Selbstsicherheit gewichen. Auf die Frage, ob er schießen wolle, antwortet WM-Debütant Dele Alli: "Natürlich. Wir sind gut vorbereitet. Jeder würde gerne schießen." Ob das reicht, den Fluch zu beenden, wird sich zeigen.

England denkt schon weiter

Nach der guten Gruppenphase und mit der Verlockung der wahrscheinlich leichten Turnierhälfte denkt man auf der Insel schon ans Viertelfinale gegen die Schweiz oder Schweden. Danach würde es gegen Russland oder Kroatien um die erste Endspiel-Teilnahme seit dem Titelgewinn 1966 gehen.

Ex-Nationalspieler Michael Owen schrieb in einer Kolumne für die "Daily Mail", England habe vielleicht "eine riesige Chance, das Turnier zu gewinnen". Teamkapitän Kane strotzt nur so vor Tatendrang. "Jetzt kommt der Moment der Wahrheit", sagt der fünffache Turniertorschütze. "Mein Selbstvertrauen ist unendlich und ich bin zu allem bereit."

Der Euphorie im eigenen Lager traut Southgate nicht ganz. Deshalb war er sogar froh über Kritik an seinen Wechselspielen gegen Belgien. Der 47-Jährige weiß, dass nach den gewonnenen Partien gegen Tunesien und Panama mit Kolumbien der erste echte Gradmesser des Turniers wartet.

"Sie haben Topspieler, besonders in der Offensive", wusste Southgate mit Blick auf Akteure wie Radamel Falcao oder Juan Cuadrado. Dennoch hält er fest: "Aber wir haben auch wirklich gute Spieler, die voll Glauben an sich selbst sind und der Herausforderung entgegentreten wollen."

Nicht nur die Elfmeter schuld

Dies war nicht immer der Fall. Die Angst vor dem Scheitern war oft groß in Englands Auswahl - zu groß. Dass England seit einem 1:0 im WM-Achtelfinale 2006 gegen Ecuador dank eines Freistoßtores von David Beckham kein K.o.-Spiel gewonnen hat, lag laut Southgate jedoch nicht nur an der Nervenschwäche.

"Dafür gab es viele verschiedene Gründe", sagt der Ex-Teamverteidiger. "Elfmeter, ja. Aber auch disziplinarische Gründe. Und manchmal waren wir einfach nicht gut genug."

So auch 2010, als im Achtelfinale gegen Deutschland mit 1:4 das Aus kam. Vier Jahre später gelang in Brasilien nicht einmal der Aufstieg aus der Gruppe. Nun soll alles anders sein. "Uns ist egal, was in der Vergangenheit war. Wir haben einen anderen Trainer, wir sind ein anderes Team. Wir schauen nur nach vorne", sagt Mittelfeldmann Dele Alli zur schwarzen Serie.

Die große Frage um James

Bei Kolumbien dreht sich indes alles um die Frage, ob James Rodriguez spielen kann. Bluterguss in der Wade lautet die Diagnose. Das medizinische Team arbeite an einem "Wunder", heißt es in den Medien. Im Training ist James nicht mehr gesehen worden, seit er vergangenen Donnerstag nach einer halben Stunde gegen Senegal ausgetauscht im Kabinengang verschwunden war - mit gesenktem Haupt und verzweifelter Miene.

Kolumbien stand bei der vergangenen WM im Viertelfinale, darf nun dennoch als Außenseiter in die Partie starten. Der mögliche Ausfall von James bereite Coach Pekerman zwar Sorgen, der Gegner aber nicht. "Ich denke schon, dass England alles hat, um erfolgreich zu sein. Aber es wird ein Spiel, in dem Kolumbien weiß, dass es bestehen kann", betont der Argentinier.

Der 68-Jährige stand bei einer WM schon als Teamchef seiner Heimat 2006 in der Runde der letzten acht und könnte dies somit am Dienstag auch im dritten Versuch schaffen.

Englands Nationalteam sei jung, harmonisch und habe viel Glauben an sich selbst, urteilt Pekerman. Im Achtelfinale warte aber "eine Extremsituation. Das sind Spiele, in denen es schonungslos bis zum Tod geht", stellt er martialisch fest. Mittelfeldabräumer Carlos Sanchez stößt ins selbe Horn: "Sie haben eine große Geschichte und Topspieler. Aber ich bin sicher, wir haben auch unsere Waffen."

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