Wenn der WAC am Donnerstag in Thessaloniki bei PAOK gastiert, ist für Stefan Schwab klar: Die Stimmung wird elektrisierend sein.
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"Für mich sind sie in Griechenland die lautstärkste und treueste Fanszene", schwärmt er von den Anhängern seines Ex-Klubs. Schnell wird im Gespräch klar: Für Schwab war PAOK mehr als nur ein Arbeitgeber.
Ein Schlachtruf, der ein ganzes Stadion beben lässt
Fünf Jahre lang trug der gebürtige Salzburger das Trikot des Traditionsklubs, gewann mit ihm Meisterschaft und Pokal – und wurde zur Ikone. Besonders die Fans haben bei ihm einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
In drei Schlagworten ließe sich der PAOK-Anhang am besten beschreiben, meint Schwab: treu, leidenschaftlich und lautstark.
Unvergesslich sei etwa der Moment vor jedem Heimspiel, wenn ein Fan im Mittelkreis den traditionellen Schlachtruf anstimmt. Ein ohrenbetäubendes "PAOK, PAOK", begleitet vom rhythmischen Klatschen der Menge, erfüllt dann den Nachthimmel von Thessaloniki.
Auswärts lauter als daheim
"Egal gegen wen es geht, die Kurve ist immer gut gefüllt" - das sei bei anderen Großklubs in Griechenland nicht immer so, wo der Support erfolgsabhängiger sei.
Besonders auswärts wird die Wucht der Fans spürbar - denn dort verfügen die Stadien meist über ein Dach. Im eigenen Stadion, dem alten Toumba, fehlt diese bauliche Verstärkung. "Dann ist es noch einmal viel, viel lauter", schildert Schwab.

Diese Gelegenheit gibt es allerdings nur im Europacup, denn im Liga-Alltag gibt es kaum Gästefans. Seit 2004 sind sie in Griechenland, mit wenigen Ausnahmen, verboten. Ausschreitungen sollen so vermieden werden.
Längerfristig will PAOK neue Maßstäbe setzen: Eine Arena für bis zu 42.000 Zuschauer ist geplant. Eigentlich sollte sie schon 2026 eröffnet werden. Doch es fehlt noch die Baugenehmigung. Und auch bei der Finanzierung herrscht Uneinigkeit zwischen Klubpräsident Ivan Savvidis und dem involvierten Geschäftsmann Telis Mystakidis.
Kulinarisch spendable Griechen
Gerne erinnert sich Schwab an die besonderen (Fan-)Momente aus seiner PAOK-Zeit zurück. Etwa an die Meisterfeier im Vorjahr. Bei der Fahrt durch die Stadt hätten die Fans ihre Freude auch auf ihre ganz spezielle Art zum Ausdruck gebracht. "Sie haben uns Essen und Getränke auf den Bus geschmissen", erinnert er sich.
Auch was danach passierte, ist ihm bis heute im Gedächtnis. "Wir sind um vier Uhr früh ins Hotel gekommen – und draußen haben immer noch tausende Fans gewartet. Sie singen deinen Namen, du bist mitten in der Menge - das ist schon etwas Besonderes."
Heimatverbunden
Die Stadt sei fußballverrückt, sagt Schwab. "Entweder bist du PAOK- oder Aris-Fan - aber die PAOK-Fans sind in der Überzahl", schildert er die Verhältnisse in Thessaloniki. Die leidenschaftliche Fußballkultur sei tief verankert - auch, weil sich viele Griechen viel stärker für den heimischen Fußball interessieren als für die Premier League oder Bundesliga.
"Wenn du auf den Markt gehst, hängen vorne die Trikots von PAOK, Panathinaikos oder AEK - und erst dahinter kommen Barcelona oder Real"
"Das spiegelt sich nur nicht in den Zuschauerzahlen wider, weil viele sich die Tickets schlicht nicht leisten können", sagt Schwab mit Blick auf die schwierige wirtschaftliche Lage des Landes.
Trotzdem: Die Identifikation mit den eigenen Klubs sei riesig. "Wenn du auf den Markt gehst, hängen vorne die Trikots von PAOK, Panathinaikos oder AEK - und erst dahinter kommen Barcelona oder Real."
Es wird "sehr schwierig" für den WAC
Daran, dass es für den WAC kein Vorteil ist, dass das Hinspiel auswärts stattfindet, besteht kein Zweifel. Die Kärntner erwartet ein Hexenkessel - und erfahrene, eingespielte Griechen. "PAOK ist enorm heimstark. An der Startelf hat sich im Vergleich zur Vorsaison nicht viel geändert", erklärt Schwab.
Ein Pluspunkt für den WAC könne sein, dass man - im Gegensatz zu PAOK - schon Pflichtspiele in den Beinen hat. In Thessaloniki zu bestehen, werde für den WAC jedenfalls "sehr schwierig. Aber wenn sie es schaffen, haben sie im Rückspiel ihre Möglichkeiten".
"Man braucht keine Angst zu haben, als Gästefan dort Probleme zu bekommen. Der Grieche ist offen und gastfreundlich"
Auch die klimatischen Bedingungen sprechen im Hinspiel für die Gastgeber - und eher gegen den WAC, wie Schwab betont: "Sie steigen vom Flieger aus und es hat um acht oder neun Uhr abends noch 35 Grad, das ist schon ein großer Unterschied."
Sehenswerte U-Bahn
WAC-Fans, die die Reise auf sich nehmen, erwartet jedenfalls ein intensives Erlebnis, sportlich wie kulturell. Mit einem Vorurteil will Schwab aber aufräumen: "Man braucht keine Angst zu haben, als Gästefan dort Probleme zu bekommen. Der Grieche ist offen und gastfreundlich". Dieses Vorurteil könne man komplett streichen.
Und wenn es sportlich nicht klappt, hilft Sightseeing. Schwabs Tipps? Der Weiße Turm, die Altstadt - und überraschenderweise: die U-Bahn.
Die lokale Metro-Linie wurde erst im Vorjahr eröffnet - rund 20 Jahre nach Baubeginn. Die Ursache dafür ist gleichzeitig der Grund, der die Metro zur Sehenswürdigkeit macht. Denn beim Bau stieß man immer wieder auf antike Ausgrabungen. Diese mussten von Archäologen freigelegt und gesichert werden.
There are no words to describe the beauty of the Venizelou station of the Thessaloniki metro which was inaugurated one hour ago.#thessalonikimetro #venizelou #μετρό_θεσσαλονίκης #μ pic.twitter.com/h1vcybKG6V
— Carpe Vinum (@LAWFA9) November 30, 2024
Die Verantwortlichen machten aus dem Problem eine Lösung und integrierten die Funde in die Metro-Stationen. So wurden viele davon zu kleinen Museen mitten im Alltag.
Ein bleibender Eindruck
Dass Schwab Thessaloniki noch immer im Herzen trägt, spürt man in jedem Satz. Die Gegenwart heißt nun Holstein Kiel, die 2. deutsche Bundesliga ist sein neues Zuhause. Die Umstellung war groß, doch langsam kommt er an – bald auch mit seiner Familie, die nach abgeschlossenen Umbauarbeiten mitzieht.
Was von seiner Zeit in Griechenland bleibt, ist ein prägender Lebensabschnitt voller Titel, Emotionen und einer Fankultur, die ihresgleichen sucht. Am Donnerstag wird auch der WAC einen Eindruck davon gewinnen.