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Der WAC reist nicht als "Tourist" durch Europa

Traumtor. Ping-Pong-Tor. Ein echtes Heimspiel. Wie man dieses WAC-Remis einordnet:

"Das ist ein richtig großes Ausrufezeichen für Österreich, den Kärntner Fußball und auch für uns", findet Alexander Kofler.

Der Wolfsberger AC hat mit dem 1:1 gegen die AS Roma bestätigt, dass der 4:0-Triumph beim Europa-League-Auftakt bei Borussia Mönchengladbach kein Zufall war. "In Summe haben wir uns das verdient, weil wir in beiden Spielen richtig gut gespielt haben", erklärt der WAC-Goalie.

Der Underdog hält nach zwei Kräftemessen mit Vertretern aus europäischen Topligen bei vier Punkten und hat bereits bewiesen, dass man in dieser Gruppenphase mittendrin und nicht nur dabei sein will.

"Das ist die Arbeit von Wochen und Monaten, in denen du dieses Selbstvertrauen aufbaust. Ich habe von Anfang an gesagt, ich will eine Gruppe haben, in der wir auf alle Fälle etwas erreichen können und nicht nur als Tourist durch Europa fahren. Klar, bei dieser Auslosung hat jeder geglaubt, es wird extrem schwer, und das ist es auch nach wie vor. Aber es ist schon überragend, wie wir auftreten und unseren Spielstil durchdrücken wollen", freut sich Torschütze Michael Liendl.

Das Remis gegen den Serie-A-Traditionsklub hat diverse Aspekte zu bieten. LAOLA1 beleuchtet sie:

DIE RICHTIGE EINORDNUNG:

Bei aller Freude über den Punktgewinn ist im Prinzip jedes Mitglied im WAC-Lager bemüht, zwar die eigenen Tugenden wie die Mentalität hervorzustreichen, aber nur ja nicht die Rolle als Underdog zu vergessen.

"Wir müssen als Mannschaft extrem ans Limit, damit wir gegen solche Gegner mit so einem Resultat aussteigen. Jeder weiß, wie gespickt dieser Gegner ist, auch wenn durchrotiert worden ist. Da gibt es Nationalspieler aus aller Herren Länder - und wir sind der Wolfsberger AC."

Gerhard Struber

Vor allem Trainer Gerhard Struber ist um die richtige Einordnung der bisherigen Europacup-Heldentaten bemüht:

"Wir müssen als Mannschaft extrem ans Limit, damit wir gegen solche Gegner mit so einem Resultat aussteigen. Jeder weiß, wie gespickt dieser Gegner ist, auch wenn durchrotiert worden ist. Da gibt es Nationalspieler aus aller Herren Länder - und wir sind der Wolfsberger AC", verdeutlicht der 42-Jährige und meint weiter:

"Ich will uns nicht kleiner machen, als wir sind. Aber es ist schon das Gebot der Stunde, die Dinge einfach richtig einzuordnen. Wir trauen uns richtig viel zu. Wir wissen, was wir bewerkstelligen können. Wir wissen aber auch, wie weit wir in diesen Spielen immer wieder unsere persönlichen Grenzen verschieben müssen, damit wir zu solchen Resultaten kommen."

Umso glücklicher ist der Coach, wie sich seine Schützlinge gegen die Roma zurückgekämpft haben: "Wir sind richtig stolz auf die Mannschaft, wie leidensfähig sie ist, wie sie richtig bereit ist zu liefern, wie sie gemeinsam den Matchplan so diszipliniert umsetzt. Großes Kompliment an meine Jungs, die sich mit dem Punkt selbst belohnt haben."

DAS PING-PONG-TOR DER ROMA:

Zurückkämpfen musste sich der WAC, weil die Italiener recht billig durch Leonardo Spinazzola in Führung gegangen sind. "Dieses Ping-Pong-Tor ärgert uns natürlich", erklärt Kapitän Michael Sollbauer, "wir haben sehr gut verteidigt - außer beim Gegentor. Das war etwas skurril, das sollte nicht passieren. Der Ball kullert so ins Tor, weil einfach nicht klar war, wer den Ball aus der Gefahrenzone räumt."

"Wenn sie uns wegspielen und ein Tor machen, würde keiner etwas sagen. Aber so ein billiges Tor zu kriegen, wo sie Roma eigentlich selber nicht weiß, wie sie das Tor gemacht hat, ist natürlich doppelt bitter."

Alexander Kofler

Marcel Ritzmaier hat die für alle Beteiligten offenkundig etwas unübersichtliche Szene so erlebt: "Er köpft mich an, dann kriegt er ihn wieder auf den Kopf und mit zwei Aufsetzern kullert der Ball irgendwie ins Tor. Das ist natürlich bitter."

"Absolut unnötig", ärgert sich auch Kofler, "gerade gegen so einen starken Gegner. Wenn sie uns wegspielen und ein Tor machen, würde keiner etwas sagen. Aber so ein billiges Tor zu kriegen, wo sie Roma eigentlich selber nicht weiß, wie sie das Tor gemacht hat, ist natürlich doppelt bitter. Aber umso schöner ist, dass wir in der zweiten Halbzeit zurückgekommen sind und wirklich guten Fußball gezeigt haben."

Auch Ritzmaier streicht hervor, dass sich der WAC durch diese Slapstick-Einlage nicht aus der Ruhe bringen ließ: "Wir hatten eigentlich nie den Gedanken, dass da etwas passiert, wir haben immer Vertrauen behalten. Wir wussten, dass wir auch unsere Chancen bekommen."

LIENDLS TRAUMTOR:

Genutzt hat eine dieser Chancen Liendl - und wie! Mit einem wahren Hammer brachte der Mittelfeld-Regisseur die Kärntner zurück ins Spiel. "Ich habe den Ball schon mal schlechter getroffen", schmunzelt der Routinier und erzählt auch die Vorgeschichte seines Treffers.

"Dass er auch in diesen Spielen so vorangeht, daran sieht man seine Erfahrung, seine Mentalität und dass er in dieser Klaviatur der großen Spieler die gesamte Bandbreite bewerkstelligen kann."

Gerhard Struber

Struber setzte nach Spielende zu einer wahren Lobeshymne auf seinen Führungsspieler an:

"Es wissen mittlerweile viele in Österreich und auch in Deutschland, dass das ein Riesen-Fußballer mit einer unglaublichen Mentalität und ausgestattet mit einem besonderen Siegeswillen ist. Jetzt hat er in Europa eine Duftmarke gesetzt. Mit dem Tor belohnt er sich selbst und uns mit dem Punkt."

"Ich gönne es ihm von ganzem Herzen, weil er damit einmal mehr unter Beweis gestellt hat, welch besonderer Fußballer er ist. Dass ist so schießen kann, ist für mich persönlich nichts besonders Neues. Dass er auch in diesen Spielen so vorangeht, daran sieht man seine Erfahrung, seine Mentalität und dass er in dieser Klaviatur der großen Spieler die gesamte Bandbreite bewerkstelligen kann. Ich bin richtig happy für ihn."

DIE WAC-MENTALITÄT:

"Mentalität" war in Graz-Liebenau generell ein oft gehörtes Wort. Anders geht es als WAC gegen die Roma auch nicht - natürlich in Verbindung mit dem eigenen, für die meisten Gegner unangenehmen Spielstil.

"Man kann die individuelle Klasse bei der Roma nicht abstreiten", verdeutlicht Ritzmaier, "aber man kann über die Mentalität und den Zusammenhalt sehr viel erreichen. Das hat man wieder gesehen."

Sollbauer wies schon im LAOLA1-Interview vor der Partie darauf hin, wie sehr alle Kadermitglieder mitziehen. Nach der Partie präzisiert er: "Ein großes Lob an alle in der Mannschaft, der Zusammenhalt ist riesig und macht uns aus: Alle ziehen mit - auch die Spieler, die nicht so viel Einsatzzeit bekommen. Für diese Spieler ist es schwierig, immer dabei zu bleiben. Aber sie verlangen uns im Training alles ab, hauen sich richtig rein und sind immer da, wenn sie gebraucht werden. Das ist momentan unser Schlüssel zum Erfolg."

Gutes Betriebsklima fördert außergewöhnliche Leistungen, für die man sich jedoch auch außerhalb Vorbilder suchen kann. Sollbauer: "Wir haben natürlich auch Salzburg in Liverpool mitverfolgt. Sie haben vorgezeigt, dass man nicht aufgibt."

HEIMSPIEL-ATMOSPHÄRE "AUSWÄRTS" IN GRAZ:

Bäume in Klagenfurt, die eigene Arena nicht Europa-League-tauglich - etwas zähneknirschend wich der Wolfsberger AC daher über die Pack nach Graz aus. Für einige Kadermitglieder war es ein "Heimspiel", schließlich sind sie in der steirischen Landeshauptstadt wohnhaft.

"Die Stimmung war unglaublich, ein richtiges Heimspiel, da geht dir als Fußballer richtig das Herz auf."

Michael Sollbauer

Dass es für alle im WAC-Lager ein würdiges Heimspiel wurde, stellten die 11.169 Zuschauer in Liebenau sicher, die phasenweise für eine ausgezeichnete Atmosphäre sorgten und die Kärntner immer wieder nach vorne peitschten.

"Die Stimmung war unglaublich, ein richtiges Heimspiel, da geht dir als Fußballer richtig das Herz auf", meint Sollbauer. Ritzmaier: "Die Fans haben uns nach vorne gepusht. Ich hoffe, dass beim nächsten Heimspiel auch so viele da sind. Das wäre eine willkommene Unterstützung."

Für Kofler war es "eine Megastimmung. Als Fußballer ist es natürlich das Schönste, wenn du vor so einer Kulisse bei so einer Stimmung spielen kannst. Das setzt zusätzliche Energie frei. Deswegen ist es wichtig, dass uns die Fans auch in den nächsten zwei Heimspielen in der Europa League unterstützen."

DAS SAGT DER GEGNER:

"Ich bin nur dann zufrieden, wenn wir gewinnen", tritt Paulo Fonseca die Heimreise nach Rom nicht allzu glücklich an.

Der 46-Jährige setzte auf Rotation, ließ den einen oder anderen Star draußen, allen voran natürlich Goalgetter Edin Dzeko: "Ich habe viel gewechselt, wir haben jedoch das Spiel mit dieser Mannschaft stets kontrolliert gegen einen nicht leichten Gegner. Wir haben eine englische Woche mit schweren Partien, da waren die Wechsel notwendig."

Laut Fonseca sei es ein kampfbetontes Spiel gewesen: "Wir haben den WAC keinesfalls unterschätzt. Es war ein ausgeglichenes Spiel, wir hätten es aber eher verdient gehabt zu gewinnen. Ob es ein verlorener oder gewonnener Punkt war, werden die weiteren Spiele in der Gruppe zeigen."

DER BLICK AUF DIE TABELLE:

Der WAC und die Roma halten nach zwei Spielen bei vier Punkten. Im Parallelspiel zwischen Basaksehir und Mönchengladbach (1:1) nahmen sich die beiden Verfolger gegenseitig Punkte weg, beide halten bei einem Zähler.

"Jetzt wartet wieder das Tagesgeschäft gegen St. Pölten. Da müssen wir nachlegen, weil es für uns als WAC keine einmalige Sache sein soll, dass wir international spielen. Denn wir sehen, was möglich ist."

Alexander Kofler

"Wir haben das Ergebnis des anderen Spiels natürlich gesehen", schmunzelt Ritzmaier, "wir bleiben hungrig und hoffen auf mehr."

Als Tourist reist der WAC in den kommenden vier Spielen aber definitiv nicht durch Europa, dafür ist die Ausgangsposition nach den beiden Duellen mit den Gruppenfavoriten zu gut.

"Wo die Reise hingeht, wissen wir nicht, aber wir wollen es weiter genießen. Wir wollen weiterhin für Furore sorgen. Aber die nächsten Spieln werden ebenfalls extrem hart, wir werden über 90 Minuten hart arbeiten müssen. Darauf stellen wir uns ein und darauf freuen wir uns auch", meint Liendl.

Der Blick auf die Tabelle mache laut Kofler Mut: "Aber jetzt wartet wieder das Tagesgeschäft gegen St. Pölten. Da müssen wir nachlegen, weil es für uns als WAC keine einmalige Sache sein soll, dass wir international spielen. Denn wir sehen, was möglich ist."

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