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WAC-Kapitän Sollbauer: "Dzeko nicht der Alltag"

WAC-Kapitän gefallen Schulterklopfer. Warum nicht jeder Nachwuchs-Kicker nach Salzburg muss:

WAC-Kapitän Sollbauer: Foto: © GEPA

Das Duell mit AS Roma (Donnerstag, 18:55 Uhr im LIVE-Ticker und bei DAZN) wird das 296. Pflichtspiel von Michael Sollbauer für den Wolfsberger AC.

Der Kapitän der Kärntner zählt somit zur mitunter selten gewordenen Gattung der Vereins-Urgesteine. Seit Sommer 2010 steht der Innenverteidiger beim WAC unter Vertrag.

An Highlight-Spiele wie den 4:0-Triumph bei Borussia Mönchengladbach oder nun das Kräftemessen mit Edin Dzeko und Co. war noch vor eineinhalb Jahren kaum zu denken.

"Es ist wirklich schön zu sehen, was im Fußball in kürzester Zeit möglich ist, wenn Verein und Mannschaft einen klaren Plan haben und eine klare Philosophie verfolgen. Was wir in kürzester Zeit erreicht haben, hätten wenige vorausgesagt. Wenn ihr mich vor eineinhalb Jahren gefragt hättet, hätte ich auch nur augenzwinkernd antworten können", sagt der 29-Jährige im LAOLA1-Interview.

Zudem spricht Sollbauer über das anstehende Duell mit Dzeko, internationalen Medien-Besuch in Wolfsberg, den Beweis, dass man kein One-Hit-Wonder ist und die Vorbildwirkung für den Kärntner Nachwuchs, der seiner Meinung nach nicht zwingend nach Salzburg, Graz oder Wien abwandern muss.

Außerdem: Heißt es für ihn "lebenslänglich" WAC?

LAOLA1: Was spricht dafür, dass es gegen die Roma die nächste magische WAC-Nacht gibt?

Michael Sollbauer: Grundsätzlich einmal freuen wir uns natürlich auf das erste Heimspiel in der Europa-League-Gruppenphase. Nach dem fulminanten Sieg im ersten Spiel ist rundherum eine gewisse Euphorie entstanden. Für uns ist jedoch trotzdem ganz klar, dass AS Roma haushoher Favorit ist. Wir schlüpfen nicht einmal annähernd in die Favoritenrolle. Es kommt ein Riesen-Kaliber nach Österreich, eine ganz, ganz schwierige Aufgabe für uns, auf die wir uns aber riesig freuen.

LAOLA1: Müsst ihr einen Spagat zwischen Euphorie mitnehmen und Euphorie bremsen bewältigen?

Sollbauer: Nein, weil die Mannschaft in den vergangenen Wochen mit der Euphorie sehr gut umgegangen ist. Es ist nie in eine negative Richtung gegangen. Es ist ein gutes Zeichen, dass sich die Mannschaft so auf alle Spiele freut – völlig egal ob Bundesliga, Cup oder Europa League. Bis zu dieser Woche war der Fokus wirklich auf der Bundesliga, seither sind die Augen natürlich auf den Donnerstag gerichtet. Auch wenn die Aufgabe sehr schwierig ist, wollen wir ein gutes Spiel liefern. Es besteht jedoch keine Gefahr, dass es in die falsche Richtung geht.

"Es ist weder für mich noch für den Wolfsberger AC der Alltag, daher freue ich mich auf diese Duelle mit klingenden Namen wie Edin Dzeko oder Justin Kluivert."

LAOLA1: Ist nach dem Triumph in Mönchengladbach die Underdog-Rolle weg oder wird man als Wolfsberger AC von solchen Kalibern wie der Roma unterbewusst trotzdem unterschätzt?

Sollbauer: Trotz des ersten Spiels ist es ganz klar so, dass wir immer als Underdog in solche Spiele gehen. Als Traditionsverein in Italien kommt AS Roma als klarer Favorit und sie können auch gut damit umgehen, dass sie Favorit sind. Sie werden unser Resultat aus dem ersten Spiel aber natürlich auch bemerkt haben, wobei sie gegen Basaksehir ja auch so hoch gewonnen haben.

LAOLA1: Wie geht es dir, wenn du dir die Kaderliste der Roma anschaust? Darin finden sich einige interessante Namen…

Sollbauer: Es ist schön anzuschauen, welche Spieler sie im Kader haben, die den Weg nach Graz finden werden. Solch spannende und schwierige Aufgaben bringt der Wettbewerb mit sich. Wir wollten es auch so haben, dass wir uns mit solchen Mannschaften und solchen Spielern in einem internationalen Bewerbsspiel messen können. Wir wollen sehen, wie weit wir mithalten können. Auch Mönchengladbach hatte im Vergleich zu Wolfsberg große Namen auf dem Spielfeld, trotzdem haben wir uns ganz gut verkauft. Jetzt wartet die nächste Herausforderung.

LAOLA1: Es ist immer gefährlich, einen Spieler des Gegners herauszupicken, aber da er für dich positionsbedingt sicher besonders interessant ist: Edin Dzeko ist ein klingender Name im Weltfußball. Wie entschärft man ihn?

Sollbauer: Edin Dzeko gehört international zu den besten Stürmern, auch bei AS Roma ist er der Stürmer schlechthin. Das wird natürlich eine ganz schwierige Aufgabe. Unser Videoanalyst Max Senft wird uns ganz genau darauf vorbereiten. Wir werden uns gewisse Szenen von ihm anschauen, wie sein Spiel ist – er ist natürlich mit extrem vielen guten Fähigkeiten gespickt. Daher wird es für mich eine Riesen-Sache, so einen Stürmer zu verteidigen. Ich werde natürlich versuchen, dass ich ihn so gut wie möglich vom Tor weghalte.

LAOLA1: Du hast schon einiges erlebt. Schlägt aber auch als Routinier das Herz höher, wenn man es mit so einem Gegenspieler zu tun bekommt? Oder nimmt man das mit gewisser Abgebrühtheit?

Sollbauer: Nein, das ist natürlich auch für mich etwas ganz Besonderes. Es ist weder für mich noch für den Wolfsberger AC der Alltag, daher freue ich mich auf diese Duelle mit klingenden Namen wie Dzeko oder Justin Kluivert. Vorfreude und Motivation sind groß, ein richtig gutes Spiel abzuliefern. Ich finde, für solche Highlights wird man Fußballer.

In Mönchengladbach schrieb der WAC internationale Schlagzeilen
Foto: © getty

LAOLA1: Der Sieg in Mönchengladbach hat euch international positive Schlagzeilen gebracht. Ein Reporter der Sportbild zum Beispiel ist sogar extra zum Lokalaugenschein nach Wolfsberg gereist.

Sollbauer: Das war für uns amüsant und gleichzeitig ein Riesen-Lob. Die waren an einem Samstag da und haben sich für ihren Bericht alles angeschaut. Wobei: Viel zum Anschauen hat es natürlich nicht gegeben im Vergleich zu Deutschland (schmunzelt). Aber in meinen Augen ist es etwas Besonderes, dass sie den Weg nach Kärnten gefunden haben. Das hat nochmals unterstrichen, welche Leistung das war, vor allem wenn man auch die Bedingungen vergleicht. Aber daran sieht man eben, dass in 90 Minuten viel möglich ist. Das klingt immer blöd, aber es ist wirklich so. In den 90 Minuten spielen äußere Faktoren wie Infrastruktur nicht wirklich eine Rolle.

LAOLA1: Wie oft hast du in den vergangenen Wochen und Monaten bereits das Erfolgsgeheimnis des WAC erklärt?

Sollbauer: Uns gefällt es sehr gut, dass wir in der Situation sind, dass es viele Schulterklopfer gibt. Uns gratulieren viele zur aktuellen Leistung. Das ist das größte Lob, das wir von außen bekommen können. Aber wir im Team wissen, warum das so ist: Es steckt harte Arbeit dahinter. Viele sagen natürlich auch, dass es momentan ein Lauf ist. Aber diesen Lauf muss man sich auch erst erarbeiten.

"Für mich ist es Fakt, dass wir durch das neue Trainer-Team noch stärker geworden sind, weil noch einmal an den notwendigen Schrauben gedreht wurde."

LAOLA1: Inwiefern ist es das Wichtigste an der bisherigen Saison, dass ihr bewiesen habt, dass die vergangene Spielzeit kein One-Hit-Wonder war?

Sollbauer: Für uns als Mannschaft war das eigentlich die größte Herausforderung – zu zeigen, dass es keine einmalige Sache war, sondern dass wirklich Qualität in der Mannschaft steckt. Dafür war wichtig, dass der Kader großteils zusammenbleibt, weshalb wir natürlich sehr eingespielt sind. Mit dem neuen Trainer-Team ist alles noch mal verfeinert worden. Für mich ist es Fakt, dass wir durch das neue Trainer-Team noch stärker geworden sind, weil noch einmal an den notwendigen Schrauben gedreht wurde. Die größte Erfolgsformel dieser Mannschaft ist aber sicher der extreme Zusammenhalt. Alle sind fokussiert auf die Sache, keiner hebt aufgrund der Erfolge in den letzten Wochen ab. Wenn wir so agieren, wissen wir auch, dass wir eine für den Gegner sehr unangenehme Mannschaft sind.

LAOLA1: So lange ist es noch nicht her, dass der WAC eher in den Niederungen der Tabelle angesiedelt war. Wenn dir vor eineinhalb Jahren jemand gesagt hätte, was ihr ab Sommer 2018 erreicht, hättest du es für möglich gehalten?

Sollbauer: Ehrlich gesagt überhaupt nicht. Vor eineinhalb Jahren war es eine schwierigere Zeit, in der wir nicht annähernd so erfolgreich waren, wirklich weiter unten herumgekämpft haben. Was im Sommer 2018 passiert ist, war notwendig. Wir haben einen wirklich großen Umbruch in der Mannschaft erlebt, und auch die Art und Weise, wie wir spielen und auftreten, hat sich um 180 Grad gedreht. Es ist wirklich schön zu sehen, was im Fußball in kürzester Zeit möglich ist, wenn Verein und Mannschaft einen klaren Plan haben und eine klare Philosophie verfolgen. Was wir in kürzester Zeit erreicht haben, hätten wenige vorausgesagt. Wenn ihr mich vor eineinhalb Jahren gefragt hättet, hätte ich auch nur augenzwinkernd antworten können. Aber wir haben mit dem dritten Platz hochverdient die Europa League erreicht und dort im ersten Spiel so einen Sieg eingefahren – schöner hätte es nicht passieren können.

LAOLA1: Du bist inzwischen seit Sommer 2010 beim WAC, hast viele Höhen, aber auch Tiefen miterlebt, bist jedoch immer treu geblieben. Inwiefern macht es sich jetzt bezahlt, dass du immer an dieses Projekt geglaubt hast?

Sollbauer: Ich bin schon die zehnte Saison in Wolfsberg und habe wie angesprochen viele Höhen und Tiefen miterlebt – auch persönlich: Von Stammspieler über Tribünenplatz bishin zu jetzt wieder sehr oft in der ersten Elf. Das zeigt auch, dass es nicht immer nur in Richtung bergauf geht, sondern dass es in einer Karriere auch immer wieder Phasen gibt, in denen es nicht so läuft, wie man sich das vorstellt. Aber für mich war immer klar: Die Flucht wäre die leichteste Option gewesen, deswegen war es für mich nie so richtig ein Thema. Ich wollte einfach zeigen, dass auch ich in diese Mannschaft gehöre, dass ich viel beitragen kann. Persönlich war ich vor einigen Jahren nicht am höchsten Level – da muss man dann wieder zu sich finden, weiter an sich glauben, hart arbeiten. Jetzt ist es natürlich eine schöne Belohnung, dass es sich so bezahlt macht, wenn man einfach dran bleibt und an das Projekt glaubt. Dass wir vor ein paar Jahren wirklich so ein Projekt im Auge hatten, glaube ich eben nicht, aber natürlich wollten wir erfolgreich sein. Wir wissen auch, dass es in Zukunft wieder Phasen geben kann, in denen es nicht so läuft. Aber die Qualität, die jetzt in der Mannschaft steckt, ist sehr hoch, wenn wir alles abrufen. Dass es auch persönlich zu einer schönen Wende kommt, macht einen auch ein bisschen stolz.

"Es war ein wichtiges Zeichen an den Kärntner Nachwuchs, dass man nicht unbedingt sofort nach Salzburg, Graz oder Wien gehen muss, sondern dass man auch im eigenen Bundesland in der Bundesliga vorne spielen und international vertreten sein kann."

LAOLA1: Läuft es bei dir auf "lebenslänglich WAC" hinaus?

Sollbauer: Ich persönlich hätte nichts dagegen, wenn ich es entscheiden könnte, aber man weiß ja nie, was passiert. Auch durch diverse Rückschläge halte ich es für mich persönlich so, dass ich wirklich nur von Saison zu Saison schaue. Aber grundsätzlich ist meine Denkweise schon so, dass ich mich in Wolfsberg sehr wohl fühle. Zehn Jahre bei einem Verein – das gibt es nicht mehr so oft. Ich bin jetzt auch im besten Alter, fühle mich körperlich topfit und möchte meiner Mannschaft und meinem Verein so lange wie möglich helfen. Ich glaube, dass es momentan auch schlechtere Adressen gibt. Ich möchte meinen Teil dazu beitragen, dass der WAC eine sehr gute Adresse bleibt.

LAOLA1: In einer Zeit häufiger Vereinswechsel fällt es auf, wenn man ein Jahrzehnt beim selben Verein ist.

Sollbauer: Natürlich, und mich macht es auch sehr stolz, schon so lange dabei zu sein. Das gibt es ganz selten, aber mir gefällt die Rolle. Die jungen Spieler drücken immer mehr nach, auch einige einheimische. Es macht mich auch sehr stolz, dass wirklich Kärntner Kicker nachkommen, die auf einem guten Weg und nah bei der Mannschaft sind. Ich freue mich, wenn ich das eine oder andere weitergeben und auch vorleben kann, dass man nicht immer sofort die Flucht ergreifen muss, wenn es nicht so läuft, sondern dass auch mit dem eigenen Verein sehr viel möglich ist. Es war ein wichtiges Zeichen an den Kärntner Nachwuchs, dass man nicht unbedingt sofort nach Salzburg, Graz oder Wien gehen muss, sondern dass man auch im eigenen Bundesland in der Bundesliga vorne spielen und international vertreten sein kann. Es muss einfach das Ziel für die nächsten Jahre sein, dass wir immer wieder um diese Plätze mitspielen und somit weiter für positive Schlagzeilen sorgen.

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