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Akademie TSV Hartberg: Ein Coup mit Tücken

Ein Schweizer Investor hat große Pläne. Doch der ÖFB könnte Traum platzen lassen.

Akademie TSV Hartberg: Ein Coup mit Tücken

Die Nachricht Ende der vergangenen Woche kam überraschend.

Der TSV Hartberg verkündete die Gründung einer Fußball-Akademie. Mit an Bord sind ein Schweizer Investor sowie der ehemalige Salzburg-, Ajax- und Basel-Nachwuchschef Percy van Lierop.

Das klingt nach einem großen Coup, wirft aber auch Fragen auf. Nicht zuletzt deshalb, weil der ÖFB den Plänen des Bundesliga-Klubs einen Strich durch die Rechnung machen könnte.

"Wir wollen den nächsten Schritt setzen", sagt Hartberg-Obmann Erich Korherr. Mit Beginn der Saison 2022/23 soll die Nachwuchsschmiede ihren Betrieb aufnehmen.

Die Infrastruktur und das Budget

Infrastrukturell fehle nicht viel, so Korherr. "Die Sportanlagen in Hartberg sind top. Ich gehe davon aus, dass wir mit einem weiteren Platz alles behoben haben", erklärt der 54-Jährige. Diesbezüglich hofft der Verein auf Unterstützung der Gemeinde. In den kommenden Wochen soll es einen Gesprächstermin geben.

Die Pläne sehen zudem ein Internat vor. "Die meisten Spieler sollten schon aus der Region kommen, das ist unser Ziel. Natürlich wird aber auch ein kleiner Teil aus anderen Bundesländern kommen", kündigt Korherr an.

VIDEO: Highlights der Hartberg-Spiele

(Artikel wird unter dem Video fortgesetzt)

Der TSV Hartberg rechnet mit einem "Jahresbudget zwischen 700.000 Euro und einer Million". In diesem finanziellen Rahmen bewegen sich die meisten der 13 Akademien des Landes. Für einen Klub wie Hartberg ist das aber freilich ein ordentlicher Batzen Geld.

Der Schweizer Investor

"Wir brauchen einen Partner, weil eine Akademie erhebliche Kosten verursacht. Wir sind nicht in der Lage, das alles alleine zu stemmen", gibt Korherr zu. Und da kommt ein Mann namens Martin Dellenbach ins Spiel.

Der Schweizer ist mit Auto-Waschstraßen zu Geld gekommen. Die "Delli-Group" hat ein Lizenzsystem für Waschcenter eingeführt, das Geschäft wuchs in den vergangenen 15 Jahren mehr und mehr, expandierte auch nach Deutschland. Seit 2003 sind die unternehmerischen Aktivitäten der Familie in der "Delli Holding AG" zusammengefasst, mit Sitz in der Region Basel.

2018 tauchte Dellenbach im Umfeld des FC Basel auf, nachdem er zuvor schon bei unbedeutenden Schweizer Klubs tätig war. Unter dem damaligen FCB-Eigentümer Bernhard Burgener investierte er in den Nachwuchs des 20-fachen Schweizer Meisters, war aber im Hintergrund und ohne eigentliche Funktion tätig.

Die Basel-Connection

Foto: © GEPA

Ab Jänner 2020 stieß auch Percy van Lierop zum FC Basel. Der Niederländer wurde als Gesamtleiter der Nachwuchsabteilung präsentiert. Ab Juli 2020 hatte dann auch Dellenbach eine offizielle Stelle beim Klub: Leiter Operations. Im Sommer 2021 folgte der Bruch. Beim FC Basel kam es zu einem Machtwechsel, David Degen wurde zum neuen Besitzer und setzte Dellenbach prompt vor die Tür. Aus der Schweiz ist zu hören, dass Dellenbach, der keinerlei fußballerische Ausbildung hat, viele Kompetenzen beanspruchte. Die Zeit unter seiner Leitung wird als chaotisch beschrieben.

Anfang Oktober beendete der Verein auch die Zusammenarbeit mit van Lierop. Was blieb, war die Verbindung zwischen Dellenbach und van Lierop. Das Duo war zuletzt mit Unterstützung des ehemaligen Bundesliga-Vorstands und Rapid-Funktionärs Raphael Landthaler in Österreich unterwegs, um bei einer Akademie den Fuß in die Tür zu bekommen.

Zu diesem Zweck wurden die "Delli Sport Invest AG" und die "Delli Sport Management AG" gegründet – beide Unternehmen sind in der Schweiz seit Mitte September 2021 eingetragen. Dellenbach führte zuletzt Gespräche mit mehreren ÖFB-Akademien, unter anderem jener im Burgenland.

Das Geschäftsmodell

Geeinigt hat man sich letztlich mit dem TSV Hartberg. Das Konzept von Dellenbach und van Lierop sieht vor, Unterschiedsspieler auszubilden, die auf höchster Ebene reüssieren können. Der Vertrag mit den Oststeirern läuft vorerst für fünf Jahre mit Option auf Verlängerung um weitere fünf Jahre.

Aus der Schweiz ist zu hören, dass das Duo seine Nachwuchs-Visionen im Erfolgsfall auch bei anderen Klubs umsetzen will. Die Franchise-Idee ist Dellenbach bekanntlich nicht fremd.

Dazu will oder kann TSV-Obmann Korherr nichts sagen. Er meint: "Es soll ein Modell sein, das anders als die anderen Akademien ist. Es war ihnen wichtig, einen Partner zu finden, der den Weg mitgeht. Es soll etwas komplett Neues werden." Was konkret die Hartberger Akademie von anderen unterscheiden soll, will er erst in den kommenden Wochen verraten.

Auch zu den finanziellen Hintergründen bleibt er vage: "Ob es ein Geschäftsmodell wird, ist nicht vorhersehbar. Wir können nicht sagen, dass wir in zwei Jahren Spieler en masse verkaufen können und die Investment-Firma da mitpartizipiert. Das ist auch nicht so wichtig. Das Geldverdienen war in keinem einzigen Gespräch ein Thema."

LAOLA1-Informationen zufolge war die Idee in den (gescheiterten) Gesprächen mit der AKA Burgenland, dass die "Delli Group" rund 50 Prozent von eventuellen Transfereinnahmen kassiert.

Der Österreicher im Bunde

Foto: © GEPA

Geht es nach den Verantwortlichen in Hartberg, könnte sich die Zusammenarbeit mit dem Schweizer Investor gerne ausweiten. "Wir hoffen, dass die Kooperation über den Akademie-Bereich hinausgeht, das ist unser Wunsch. Wir haben ein sehr gutes Gesprächsklima mit Martin Dellenbach und erhoffen uns einen Mehrwert in alle Richtungen", sagt Korherr.

Welche Rolle van Lierop konkret einnehmen wird, ist ebenfalls noch offen. Korherr: "Die Positionen sind noch nicht besetzt. Ich kann noch nicht sagen, ob er als Akademieleiter oder im sportlichen Bereich am Platz tätig sein wird." Der eloquente Niederländer verfolgt seine Ideen konsequent, Abweichungen von seiner Philosophie kann er aber nur schwer akzeptieren, der Zusammenhalt innerhalb der Basel-Akademie unter seiner Führung war überschaubar, die Personal-Fluktuation groß. Es ist damit zu rechnen, dass der TSV Hartberg wenig zu sagen haben wird.

Mit Michael Steiner dockt noch ein bekannter Name in der Hartberger Akademie an. Der Salzburger hat unter van Lierop im Nachwuchs des FC Red Bull Salzburg gearbeitet, war dann 2014/15 zwischenzeitlich sogar Chefcoach des SKN St. Pölten, ehe er in der Rapid-Akademie und der ÖFB-Frauen-Akademie in St. Pölten arbeitete.

Sein Engagement als Jugendleiter beim FC Basel 2021 war nur von sehr kurzer Dauer, Steiner fiel ebenfalls dem Machtwechsel an der Klubspitze zum Opfer.

Die Namen Dellenbach, van Lierop und Steiner werden im Antrag zur Zulassung der Akademie und Teilnahme am Spielbetrieb der ÖFB-Jugendligen stehen. Er soll in den kommenden Wochen beim Fußball-Bund eingebracht werden.

Der neue ÖFB-Beschluss

Wie der ÖFB darauf reagiert, ist allerdings völlig offen. Denn ein Präsidiumsbeschluss vom 17. Oktober, dem Tag der Amtsübernahme von Gerhard Milletich als neuer Präsident, sieht aktuell gar keine neuen Akademien vor. Damit reagiert die ÖFB-Spitze auf die Gründung der Akademie von Bundesliga-Aufsteiger Austria Klagenfurt vor einem halben Jahr.

Der ÖFB erklärt gegenüber LAOLA1: "Nach dem Anlassfall der Eröffnung der AKA Austria Klagenfurt und den damit einher gehenden Herausforderungen wird derzeit eine Evaluierung des bestehenden AKA-Systems (Anzahl Standorte etc.) durchgeführt. Das ÖFB-Präsidium hat beschlossen, bis zum Ergebnis dieser Evaluierung keine weiteren Lizenzen zu vergeben.

Im Bedarfsfall hinsichtlich Lizenzkriterien werden selbstverständlich individuelle Lösungen erarbeitet. Die Situation in Kärnten hat aufgezeigt, dass zwei Akademien in einem Einzugsgebiet massive Herausforderungen hinsichtlich Spielergewinnung, Leistungsdichte, Trainingsmöglichkeiten, Liga-Stärke, finanzielle Stabilität etc. mit sich bringen und damit Auswirkungen auf die gesamte Talenteförderung in Österreich nach sich ziehen.

Es ist eine große Verantwortung, nachhaltige AKA-Standorte zu gewährleisten, da ja auch Schulkooperationen und speziell zugeschnittene Schulformen - und damit die schulische Ausbildung der Spieler - direkt damit in Verbindung stehen.“

Das Hartberger Bundesliga-Argument

Im vergangenen Mai nutzten die Klagenfurter das 2016 beschlossene Lizenzierungsverfahren – dadurch waren dem ÖFB praktisch die Hände gebunden, sollte ein Akademie-Betreiber alle notwendigen Auflagen erfüllen.

Übersicht über die aktuellen Akademien:

(Artikel wird unter der Tabelle fortgesetzt)

Akademien in Österreich seit Sommer 2021
Red Bull Akademie
Akademie RZ Pellets WAC
Akademie FK Austria Wien
Akademie Tirol
Akademie SK Rapid
Akademie FC Flyeralarm Admira
Akademie Steiermark-Sturm Graz
Akademie St. Pölten
Akademie Hypo Vorarlberg
Akademie SV Ried
Fußballakademie Burgenland
Akademie LASK Juniors OÖ
Akademie SK Austria Klagenfurt

Weil sich nun allerdings immer mehr Vereine mit der Gründung einer eigenen Fußball-Akademie beschäftigen, unter anderem der GAK und die Vienna, läuten im ÖFB aus den in der Stellungnahme genannten Gründen die Alarmglocken.

Hartberg-Obmann Korherr gibt sich entspannt: "Wir gehen davon aus, dass wir die Lizenz vom ÖFB bekommen." Er argumentiert so: "Dieser Beschluss steht im Widerspruch zur Bundesliga-Lizenz. Die Bundesliga schreibt uns vor, dass wir eine Akademie führen müssen."

Tatsächlich ist in den Lizenzbestimmungen der Bundesliga Folgendes zu lesen: "Der Lizenzbewerber muss den Nachweis erbringen, dass eine Nachwuchsakademie im Sinne des ÖFB-Fußball-Akademien-Regulativs (zumindest in Kooperation) geführt wird oder alternativ eine Zahlung in Höhe von 150.000 Euro bis zu Beginn der zu lizenzierenden Spielzeit für den Fußball-Akademien-Fördertopf geleistet wird."

Bisher konnte der TSV Hartberg die Lizenzbestimmungen aufgrund einer Kooperation mit der Akademie, die der SK Sturm gemeinsam mit dem steirischen Landesverband führt, erfüllen.

Die Fördergeld-Frage

Zu klären ist auch noch die mögliche Förderung vom Land Steiermark. Dem Vernehmen nach ist eine Erhöhung der Fördergelder nicht vorgesehen, die bestehende Akademie in Graz müsste sich also die Summe fortan mit der neuen Nachwuchsstätte in Hartberg teilen.

"Wir haben in diese Richtung noch keine Gespräche geführt", meint Korherr.

Es sind also noch einige Hürden zu nehmen, ehe die Hartberger Akademie ihren Betrieb aufnehmen kann. Das ist den Verantwortlichen bewusst, deshalb wurde eben schon im Herbst gehandelt. Korherr: "Unser Ziel war es, eine entsprechende Vorlaufzeit zu haben, um alles in Ruhe vorbereiten zu können."

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