"Im Endeffekt ist Anstoß ein ruhender Ball. Das ist eine Standardsituation. Es gibt verschiedene Möglichkeiten", stellt Austrias Michael Wimmer die Situation vor.
Für Rapids Robert Klauß ist es beim Ankick einfacher an Varianten zu arbeiten, denn "es ist klar, wie ungefähr die Anordnung auf dem Spielfeld ist. Der Zufall ist nicht so gegeben".
"Der Ankick ist ein Zeichen oder Ausdruck, wie du Fußball spielen willst", sieht Sargon Duran in der ersten Spielaktion schon die Chance, seine Handschrift zu präsentieren.
Das Momentum kann mit Anpfiff auf eine Seite gezogen werden. "Wenn das Stadion voll ist und du hast den ersten Pressschlag, bist du im Spiel. Es geht schon darum, solche Momente für einen zu nutzen", meint Wimmer.
"Du kannst einen Gegner total erwischen, wenn er nicht ab der ersten Sekunde da ist", weiß Sargon Duran.
Die Wiener Austria wurde am vergangenen Bundesliga-Spieltag beinahe Opfer einer solchen Aktion. Dort kassierten die Veilchen in Altach nach 36 Sekunden fast ein Tor. Die Vorarlberger agierten mit einem weiten Ball ins Seitenaus, den folgen Einwurf pressten sie erfolgreich an. Eine knappe Abseits-Position rettete die Wimmer-Elf.
"In Altach wäre fast ein Tor passiert, das gibt dir natürlich ein schlechtes Gefühl. Du musst erst wieder rein, und positive Sachen geben dir ein positives Gefühl", meint der Coach der Violetten.
Klauß unterscheidet Ankick in zwei Arten
Für einen guten Start vom Ankick aus gibt es mehrere Möglichkeiten. Der Ball kann nach vorne gespielt, oder in den eigenen Reihen gehalten werden. Mit einer entsprechenden Variante kann der Gegner überrascht werden.
Robert Klauß unterscheidet zwischen Ankick zu Beginn der jeweiligen Spielhälfte und Anstoß nach einem Gegentor. "Da geht es ein bisschen um Wirkung, gerade nach einem Gegentreffer hat der Anstoß eine relativ große Bedeutung, weil es da um das Momentum geht", meint der Rapid-Coach.
Er mache seiner Mannschaft immer klar, "dass wir nach einem Gegentreffer den Ball nicht nach hinten spielen". Das würde den Gegner zum Pressing einladen. "Du spielst nach einem Gegentor aus Sicherheitsgedanken erstmal zurück, das ist klar ein Signal an den Gegner, 'Ok, die sind verunsichert'", so Klauß. Daher sollte seine Mannschaft nach vorne agieren.
Ankick-Variante von eigenen Spielern abhängig
Sargon Duran, der Klauß' These versteht, lässt dies aus einem anderen Motiv machen: "Wir wollen zeigen, abgehakt und wieder nach vorne spielen."
Zu Beginn einer Halbzeit lautet die Devise bei Rapid: "Wir positionieren uns auf einer Seite, um Überzahl herzustellen, flach dort hinzuspielen, und versuchen ein 3-gegen-3 oder 3-gegen-2 herzustellen." Das hat auch damit zu tun, "dass wir nicht die kopfballstärkste Mannschaft sind".
Die Qualiäten der eigenen Spieler müssen beachtet werden. Kopfballstarke Teams könnten beispielsweise mit langen Bällen agieren.
Ankickvariante für Wimmer auch gegnerabhängig
Auch die Wiener Austria tüftelt an Ideen. "Grundsätzlich machen wir uns schon Gedanken, weil es ein ruhender Ball ist. Man kann es trainieren", meint Wimmer. Das Ganze sei auch gegnerabhängig.
"Natürlich schaust du ein bisschen darauf, ob der Gegner vielleicht ins Angriffspressing übergeht. Dann entstehen irgendwo Räume vor der Kette, die du gleich bespielen kannst. Das ist natürlich eine Idee", erläutert Wimmer.
"Wir besprechen es im Video oder mit den einzelnen Spielern, die beteiligt sind. Wir trainieren es nicht direkt", erklärt Robert Klauß eine ähnliche Herangehensweise bei Rapid.
Mit Daniel Seper gibt es in Hütteldorf ebenso einen Spezialisten für Standards. "Wir besprechen es meistens im Team. Ich bin dabei, weiß was passiert. Wenn ich eine Idee habe, dann sage ich sie. Wenn nicht, dann nicht."
Andere Ankick-Trainingsmethoden bei Sturm Graz?
Anders dürfte der Ankick bei Sturm Graz trainiert werden. Dort ist Dominik Deutschl hauptverantwortlich für Standards. Bei der Austria teilte sich Deutschl im Team von Christian Ilzer die Aufgabe mit Sargon Duran.
"Wir haben es, um ehrlich zu sein, einfach isoliert trainiert. Wenn eine Idee oder Variante da war, dann gehst du es durch", berichtet Sargon Duran. In einem Traingsmatch habe man viel zu selten die Anstoßsituation.
Er bestätigt, dass in der ADMIRAL Bundesliga der Ankick meist Co-Trainer-Sache ist. Bei den Sturm-Frauen müsse er sich selbst darum kümmern.
"In meinem Trainerteam bin ich der einzige, der Vollzeit beschäftigt ist. Alle anderen arbeiten nebenbei 40 Stunden pro Woche, sie haben nicht die Ressourcen, das zu übernehmen", erzählt er.
Teams wissen, wer sich Varianten überlegt
Nach den letzten Ereignissen dürften die Teams nun gewarnt sein, denn auch defensiv könnte die Spielsituation zum Thema werden.
"Für mich stellt sich die Frage: Erwartet man was Besonderes? Das ist bei Nationalmannschaften immer so. Es ist schwierig, das vorher zu analysieren, zu scouten", ortet Klauß das Thema eher bei den Länderspielen.
Dort wisse man eher weniger, wer aufläuft bzw. seien die letzten Spiele oft länger her.
Dass es bei Österreich und Deutschland passiert, sei kein Zufall. Klauß arbeitete in Leipzig unter den Trainern Rangnick und Nagelsmann.
"Österreich hat mit Rangnick einen innovativen Trainer, der immer schaut, wie kann man optimieren, wie kann man was verbessern. Er hat sicher einen Trainer beauftragt, eine Idee zu entwickeln, weil er versucht, im Hinblick auf die Europameisterschaft möglichst viel rauszuholen in diesen Bereichen", meint Klauß.