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Austria Lustenau: Identitätswechsel auf Zeit

Um zu überleben, setzt Austria Lustenau auf eine neue Philosophie. Doch langfristig kann der Klub so nicht überleben. Ein Balanceakt.

Austria Lustenau: Identitätswechsel auf Zeit

Am Ende kann es maximal ein Pyrrhussieg werden. Und selbst das wäre eine Sensation mittelgroßen Ausmaßes.

Drei Punkte nach 17 Spielen, kein einziger Sieg. Der Herbst des SC Austria Lustenau wurde hinlänglich besprochen.

Aufstiegstrainer Markus Mader musste Mitte November seinen Posten räumen. Andreas Heraf hat ihn in der Winterpause übernommen. Und das ist nicht weniger als eine komplette Kehrtwende.

"Pragmatismus", nennt das Sportchef Alexander Schneider. Statt Offensivfußball wird im Ländle künftig gemauert. Stand Mader für begeisternden Angriffskick, ist Heraf ein Mann des beinharten Kalküls. Das Ergebnis zählt.

Auf den ersten Blick sinnvoll

Auf den ersten Blick ist das natürlich sinnvoll. In der Situation der Vorarlberger geht es im kommenden Halbjahr einzig und alleine darum, Punkte zu sammeln. Heraf hat bei diversen Vereinen bewiesen, dass er das kann.

Die Chancen, dass es am Ende zum Klassenerhalt reicht, sind intakt. Es wäre aber übertrieben, sie als gut zu bezeichnen. Ist es das also wert, die Philosophie einfach mal auf links zu drehen?

"Es ist ein Balanceakt. Man baut eine Identität auf, geht einen Weg konsequent. Wie weit kann man ihn dann für ein halbes Jahr adaptieren, ohne komplett die Identität zu verlieren?", fragt Schneider.

"Es braucht lange, eine Identität aufzubauen"

Er selbst gibt zu: "Es braucht lange, um eine Identität aufzubauen. Das haben wir in den letzten Jahren sehr konsequent gemacht." Der 30-Jährige ist im Jänner 2020 als Sportkoordinator zum Klub gekommen, im Sommer 2021 holte er dann Mader zum Verein.

Nicht zuletzt dank hochkarätiger Leihspieler von Kooperationsklub Clermont Foot schaffte Austria Lustenau die langersehnte Rückkehr in die Bundesliga, entwickelte zahlreiche Spieler, die inzwischen bei größeren Klubs ihre Qualitäten unter Beweis stellen, zum Teil Nationalspieler wurden.

Man denke nur an Haris Tabakovic, Muhammed Cham, Bryan Teixeira, Brandon Baiye, Hakim Guenouche und Jean Hugonet.

Sportchef Alexander Schneider
Foto: © GEPA

Im Winter wurde die Transfer-Philosophie über den Haufen geworfen. Geholt wurden eher gestandene Spieler, die oft bereits bei früheren Stationen unter Heraf gearbeitet haben.

Schneider sagt: "Wir mussten für dieses halbe Jahr ein bisschen die Philosophie wechseln. Davor waren es viele junge Spieler mit Potenzial. Jetzt sind es eher Spieler, wo wir wissen, was wir bekommen. Wo man nicht mehr die große Entwicklung erwarten kann."

Dennoch haben diese Spieler teilweise Verträge über den Sommer hinaus erhalten. Halst sich der Klub hier Ballast auf, den er nicht so schnell los wird?

Die Kehrtwende wird im Idealfall eine Pirouette

Schneider verteidigt die Entscheidung: "Im Endeffekt muss man im Fußball auch den Spagat zur Kurzfristigkeit zu schaffen. Es bringt uns nichts, konsequent einen Weg zu gehen und dann unterzugehen."

Es soll ja alles nur auf Zeit sein. Die Kehrtwende wird im Idealfall eine Pirouette, wenn die Klasse dann gehalten ist.

Dass der neue, zwischenzeitliche Weg keine Zukunft hat, ist Schneider nämlich klar: "Es ist wichtig, die Identität für die Zukunft im Blick zu haben. Nur Pragmatismus wird Austria Lustenau auf Perspektive nicht weiterhelfen. Wir haben nicht die finanziellen Rahmenbedingungen, um damit durchzukommen."

Im Sommer läuft Herafs Vertrag schon wieder aus. Wie konsequent der Klub im Falle des Klassenerhalts mit Herafs Zweckfußball dem Freudentaumel zum Trotz dann wieder auf die ursprüngliche Identität umschwenkt, daran werden Schneider und Co. zu messen sein.

Wenn es denn überhaupt klappt...

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