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Wie gut war Franz Wohlfahrt bisher?

Drei Jahre Sportdirektor bei Austria Wien: Eine Bilanz und ein Ausblick.

Wie gut war Franz Wohlfahrt bisher? Foto: © GEPA

Am Anfang waren Zweifel.

Etwas mehr als drei Jahre sind vergangen, seit Austria-Präsident Wolfgang Katzian Mitte Jänner 2015 aus den Sitzungsräumen der Generali Arena schritt und den „einhelligen“ Beschluss der Führungsgremien verkündete, Franz Wohlfahrt zum neuen Sportdirektor zu machen.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Kärntner keinen ähnlichen Job ausgeübt, wurde direkt von seinem Posten als Tormanntrainer des Nationalteams in die Führungsebene des Traditionsvereins gehievt.

Inzwischen ist der 53-Jährige längst angekommen, mehr als 1000 Tage sind vergangen, Wohlfahrt hat Dutzende Transfers abgewickelt. Und er hat den Verein nach einer äußerst unruhigen Phase in den letzten Monaten der mehr als ein Jahrzehnt andauernden Ära Thomas Parits in ruhige Fahrwasser geführt.

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Nein, der Kärntner ist weiterhin nicht unumstritten, wird es auch nie sein, und vor allem nicht uneingeschränkt beliebt, bei Fans gegnerischer Vereine eher das Gegenteil. Der Sportdirektor entstammt der alten Schule. Gemütliches Auftreten mit Schmäh, aber auch Ecken und Kanten, statt schnittigen Slimfit-Anzügen, NLP-Schulungen und aalglatter Rhetorik.

Dass ihm seine Qualifikation abgesprochen wurde, noch ehe er sein Amt so richtig übernommen hatte, dürfte Wohlfahrt schon ein wenig gewurmt haben, wenngleich er das nie zugeben würde.

Zu Beginn seiner Amtszeit ist der ehemalige Teamtormann mit so manchem Journalisten aneinandergeraten. Inzwischen hat sich der Vater dreier Töchter mit der Medienlandschaft, die sich im Vergleich zu seinen aktiven Zeiten doch erheblich verändert hat, aber arrangiert. Mit der überwiegenden Mehrheit der Medienvertreter findet er sein Auslangen, der gegenseitige Respekt ist definitiv gestiegen.

Die Konstante Fink

Das liegt nicht zuletzt daran, dass das Umfeld der Veilchen unter Wohlfahrt ruhiger geworden ist. Die ständigen Trainerdiskussionen, die am Verteilerkreis traditionell alle paar Monate geführt wurden, sind Geschichte. Thorsten Fink befindet sich in seiner dritten Saison als FAK-Coach, seit Erich Hof, der von 1979 bis 1982 im Amt war, kamen nur Vaclav Halama (1982-1984) und Karl Daxbacher (2008-2011) auf eine annähernd so lange bzw. längere Amtszeit.

Foto: © GEPA

Dass die Bestellung des Deutschen ursprünglich ein wenig holprig verlaufen ist, man sich mit Felix Magath im Sommer 2015 eigentlich schon einig war, die Kosten des Personals, das der Star-Coach mitbringen wollte, aber nicht zu stemmen waren, ist längst vergessen.

Ob Wohlfahrt mit Fink die richtige Wahl getroffen hat, darüber scheiden sich die Geister. Der Spielstil, den der Deutsche praktizieren lässt, mag nicht gerade zum Zungeschnalzen veranlassen, dabei darf allerdings nicht vergessen werden, dass der Sportdirektor schon zu Beginn seiner Amtszeit darauf hingewiesen hat, auch gerne schmutzige Siege zu nehmen, sofern es Siege sind.

Fakt ist, dass Fink die Violetten zwei Mal in Folge in die Gruppenphase der Europa League geführt hat, einmal Dritter und einmal Zweiter wurde. Dass das ausgegebene Saisonziel Meistertitel in dieser Saison deutlich verpasst wird, ist das große Minus, allerdings durchaus erklärbar.

Die aktuelle Krise rührt zwar vordergründig vom extremen Verletzungspech, das die Veilchen im Herbst heimgesucht hat, her, ist jedoch nicht ausschließlich darauf zurückzuführen. Die zwischenzeitliche Übersiedlung ins ungeliebte Happel-Stadion, das nicht zuletzt aufgrund des wenig attraktiven Spielstils schlecht besucht ist, spielt eine Rolle. In diesem Zusammenhang ist auch die qualitative Schwächung des Kaders im Sommer zu sehen.

Die Neuzugänge:

Spieler Verein Art
Raphael Holzhauser VfB Stuttgart Ablöse
Patrizio Stronati Banik Ostrau Ablöse
Larry Kayode Maccabi Netanya Ablöse
Lucas Venuto Grödig Ablöse
Roi Kehat Kiryat Shmona Ablöse
Petar Filipovic Ried Ablöse
Abdul Kadiri Mohammed Ashanti Gold Ablöse
Marko Pejic Hajduk Split Ablöse
Christoph Monschein Admira Ablöse
Michael Madl Fulham Ablöse
Christoph Martschinko Hoffenheim Leihe, dann Ablöse
Kevin Friesenbichler Benfica Leihe, dann Ablöse
Marios Pechlivanis APOEL Nikosia ablösefrei
Richard Windbichler Admira ablösefrei
Ognjen Vukojevic Dynamo Kiew ablösefrei
Robert Almer Hannover 96 ablösefrei
Heiko Westermann Ajax Amsterdam ablösefrei
Florian Klein VfB Stuttgart ablösefrei
Vesel Demaku Salzburg ablösefrei
Maximilian Sax Admira ablösefrei
Philipp Zulechner Freiburg Leihe
Felipe Pires Hoffenheim Leihe
Ruan Guaratingueta Leihe
Ibrahim Alhassan Akwa United Leihe
Jin-Hyun Lee Pohang Steelers Leihe
Stefan Stangl Salzburg Leihe

Das sportliche Budget wurde heruntergefahren, zu Wohlfahrts Unglück wurde dieser Umstand öffentlich aber nie ernsthaft thematisiert. Dass sich ein Schlüsselspieler wie Raphael Holzhauser, bei dessen Angebot für eine Vertragsverlängerung der FAK an seine finanzielle Schmerzgrenze gegangen sein will, ernsthaft mit einem Engagement bei einem türkischen Aufsteiger und Mittelständler wie Yeni Malatyaspor beschäftigt, nicht mehr aber mit einem Verbleib in der Hauptstadt, sagt viel über die monetären Möglichkeiten in Wien-Favoriten aus.

Also blieb Wohlfahrt zuletzt nur wenig anderes übrig, als sein Glück mit den Verpflichtungen von Nobodys aus aller Herren Länder zu versuchen. Dass die Engagements von Perspektivspielern, wie sie der Sportdirektor gerne bezeichnet, aber nur selten mit einer Qualitätssteigerung des Kaders einhergingen, ist offensichtlich. Jin-Hyun Lee und Ibrahim Alhassan entpuppten sich etwa als biedere Mitläufer, dass Letzterer als Stürmer präsentiert wurde, dann aber gar keiner war, sondern Mittelfeldspieler ist eine kuriose Fußnote.

Unbestritten ist hingegen, dass das Thema Internationalisierung unter Wohlfahrt ordentlich vorangetrieben wird. In seinen drei Jahren als Sportdirektor hat der Kärntner Transfers in Nord- und Südamerika, Asien, Afrika und Europa abgewickelt.

Insgesamt ist die Transferbilanz nicht so schlecht und recht positiv. Verpflichtungen wie jene von Larry Kayode, Lucas Venuto, Robert Almer, Raphael Holzhauser, Felipe Pires und Florian Klein sind ganz klar auf der positiven Seite einer Plus-Minus-List zu vermerken. Andere Neuzugänge wie etwa Ognjen Vukojevic, Roi Kehat und Richard Windbichler blieben vieles schuldig.

Die Abgänge:

Spieler Verein Art
Roman Kienast Sturm Ablöse
Ola Kamara Columbus Crew Ablöse
Martin Harrer Altach Ablöse
Sebastian Wimmer Wolfsburg II Ablöse
Markus Suttner Ingolstadt Ablöse
Daniel Royer Midtjylland Ablöse
Roi Kehat Maccabi Haifa Ablöse
Richard Windbichler Ulsan Ablöse
Larry Kayode Manchester City Ablöse
Jens Stryger Larsen Udinese Ablöse
Petar Filipovic Konyaspor Ablöse
Ismael Tajouri New York City Ablöse
Heinz Lindner Eintracht Frankfurt ablösefrei
Christian Ramsebner LASK ablösefrei
Sascha Horvath Sturm ablösefrei
Florian Mader St. Pölten ablösefrei
James Holland Duisburg ablösefrei
Mario Leitgeb St. Gallen ablösefrei
Peter Michorl LASK ablösefrei
Philipp Koblischek Horn ablösefrei
Marios Pechlivanis Olympiakos Nikosia ablösefrei
Alexander Gorgon Rijeka ablösefrei
Fabian Koch Sturm ablösefrei
Vance Shikov Neftchi Baku ablösefrei
Marco Meilinger Aalborg ablösefrei
Marko Kvasina Twente ablösefrei
Tino Casali Mattersburg ablösefrei
Lukas Rotpuller vereinslos -
Ognjen Vukojevic Karriereende -

Eine eindeutige, längerfristige Strategie ist allerdings nicht zu erkennen. Der Fokus auf die Verpflichtung junger Österreicher scheint ein wenig verlorengegangen zu sein, verdiente Altstars a la Vukojevic und Heiko Westermann haben nicht den gewünschten Effekt gebracht. Nichtsdestoweniger hatte der FAK unter Wohlfahrts Ägide stets einen Kader, der qualitativ zu den Top 3 der Bundesliga zu zählen war. Gut genug, um ernsthaft Serienmeister Salzburg zu gefährden, war er aber nie.

Ob er das in Zukunft sein wird, lässt sich nur schwer vorhersagen. Fakt ist, dass die Austria im Nachwuchs weiterhin sehr gute Arbeit leistet. In den ÖFB-Jugendligen wurden die Jung-Veilchen in der Vorsaison zwei Mal Vizemeister hinter Salzburg und einmal Dritter. Die Amateure dürfen sich aktuell als Dritter der Regionalliga Ost berechtigte Hoffnungen auf den Aufstieg in die neue zweite Liga machen, wodurch der Sprung zu den Profis vereinfacht würde.

In diesem Bereich herrscht in der Wohlfahrt-Ära nämlich noch Luft nach oben. Lediglich Tarkan Serbest, Dominik Prokop und Osman Hadzikic konnten sich aus dem eigenen Nachwuchs kommend als Stammkräfte bei den Profis etablieren. Man darf gespannt sein, wie gut und schnell die Integration von Talenten wie Alexandar Borkovic, Dominik Fitz und Niels Hahn funktioniert. Dass Perspektivspieler nicht immer aus dem Ausland kommen und den 20. Geburtstag hinter sich haben müssen, sollte bei den Violetten bekannt sein.

Was bringt die Zukunft?

Foto: © GEPA

Es wird auch weiterhin Wohlfahrt obliegen, die sportlichen Geschicke der Veilchen zu lenken. Am 29. Jänner werden die Gremien des Vereins, sollte nicht wider Erwarten Sensationelles passieren, die Vertragsverlängerung des Sportdirektors durchwinken.

Die kommenden Jahre werden für die Austria spannende wie entscheidende. Im Sommer erfolgt die Rückkehr in die umgebaute Generali Arena. Dank Sky-Boxen und VIP-Logen werden die Einnahmen steigen, Wohlfahrt sollte schon bald wieder mehr Transferbudget zur Verfügung haben. In Zeiten, in denen in Europa aufgrund absurder TV-Verträge und steinreicher Klub-Eigentümer die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter aufgeht, werden aber innovative Strategien gefragt sein, um nicht in der sportlichen Bedeutungslosigkeit zu versinken.

Nun sind es Zweifel, die nicht unmittelbar mit seiner Person zu tun haben, die Franz Wohlfahrt ausräumen muss.



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