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Was sich im ÖSV ändern muss

Schröcksnadel-Ära endet. Der neue ÖSV-Boss hat die Chance, einiges anzupacken. Kommentar:

Was sich im ÖSV ändern muss Foto: © GEPA

Eine Ära endet: Peter Schröcksnadel gibt nach 31 Jahren das Zepter als ÖSV-Präsident an Karl Schmidhofer ab.

Alpenkönig, Ski-Napoleon, Lift-Kaiser, Goldschmied: Schröcksnadel hat sich in seiner Amtszeit viele Beinamen „verdient“ und war bzw. ist einer der einflussreichsten Sportfunktionäre, die es in Österreich je gegeben hat.

Seine Geschäftstüchtigkeit kann man dem bald 80-Jährigen nicht abschreiben. Als er 1990 mitten in den Erfolgsjahren einer Petra Kronberger den Job, "den damals keiner haben wollte" – wie er selbst sagt -, antrat, war der ÖSV ein Sportverein am Gängelband von Politik und Skiindustrie. Heute ist "Ski Austria" ein Millionenunternehmen samt Kapitalgesellschaften.

"Ich übergebe einen sehr wertvollen Verband, der finanziell gut dasteht, organisatorisch super und sportlich sehr, sehr gut ist", lobpreist Schröcksnadel "seinen" ÖSV.

Es gibt aber auch eine Kehrseite der Medaille, die man im Skiverband nicht immer gerne sieht bzw. zu verdecken versucht.

Im Umgang mit kritischen Themen reagierte der Altherrenbund des ÖSV oft eigenartig, sei es beim Thema Doping, der Missbrauchsdebatte oder wenn Athleten versuchten, sich vom Verband abzusondern. Öffentliche Kritik war meistens unerwünscht.

Ein offenerer und zeitgemäßer Zugang zu Themen wie diesen würde dem ÖSV gut und gehört auch auf die Agenda des neuen Präsidenten und seiner Vize – Schmidhofer hätte künftig gerne drei Frauen im Gremium - stehen.

Karl Schmidhofer hat die Chance, dem ÖSV ein transparenteres, moderneres Image zu verpassen. Dazu muss der 59-jährige Steirer aber wohl erst intern die Wogen glätten. Auch wenn man mit Schmidhofer letztlich einen Kompromiss gefunden hat, scheint der Wahlkampf im ÖSV tiefe Gräben zwischen den Landesverbänden aufgerissen zu haben.

"Ende gut, alles gut"?

"Ende gut, alles gut", meinte Schröcksnadel zwar bei der offiziellen Vorstellung seines Nachfolgers, alles gut scheint im ÖSV aber bei weitem nicht zu sein.

Bei der letzten Sitzung vor einigen Wochen, ehe man sich auf Schmidhofer als Kompromiss einigte, sollen laut Salzburgs Landesverbandspräsident Bartl Gensbichler "die Fetzen geflogen sein".

Nun scheint zwar etwas Ruhe eingekehrt zu sein, tatsächlich alle hinter sich zu vereinen, wird aber auch für "Troubleshooter" Schmidhofer nicht einfach werden. Dennoch muss das schnellstmöglich gelingen, damit nicht mehr Zwistigkeiten und Machtspielchen sondern sportliche Erfolge für Schlagzeilen sorgen.

Wie Schmidhofer sein Amt inhaltlich anlegen wird, darüber wurde bisher wenig gesprochen. "Der ÖSV soll weiterhin weltweit hohes Ansehen genießen und die Nummer eins bleiben – für das bin ich da“, sagte der gelernte Restaurantfachmann und Unternehmensberater bei seiner Vorstellung nur knappe 48 Stunden, nachdem er plötzlich zum Präsidentschaftskandidaten auserkoren wurde.

Na no na ned soll der ÖSV die Nummer eins bleiben – oder wieder werden, je nach Sichtweise. Dazu braucht es aber gute Konzepte, die vor allem langfristig Erfolg bringen. Diese muss der künftige Präsident noch liefern. 

Zwar war der vergangene Winter sportlich durchaus erfolgreich, vor allem bei diversen Titelkämpfen, das kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der ÖSV längst nicht mehr überall die Nummer eins ist. Die RTL-Krise bei den Alpinen und der Verlust des Nationencups machen deutlich, dass in den vergangenen Jahren bzw. Jahrzehnten einiges verabsäumt wurde. Das Ausnahmetalent Marcel Hirscher überstrahlte vieles.

Ähnliche Baustellen gibt es auch in den anderen großen Sparten wie Skispringen, Nordische Kombination, Langlauf, Biathlon oder Snowboard. So stellt sich etwa die Frage, ob und wie der ÖSV die Langlauf-Sparte nach dem Dopingskandal von 2019 wieder auf "Vordermann" bringen will.

Auf Schmidhofer wartet also jede Menge Arbeit, er wird schlussendlich auch an sportlichen Erfolgen gemessen werden. In dieser Hinsicht hat sein Vorgänger einiges vorgelegt: In die Schröcksnadel-Ära fielen alleine in olympischen Sportarten (ohne Paraski) 1.288 Weltcupsiege sowie 114 Olympia- und 295 WM-Medaillen.

29 der 30 zwischen 1989/90 und 2018/19 in Folge gewonnen Alpin-Nationencups sowie 24 Gesamtweltcupsiege wurden in der Epoche des Tirolers geholt. Insgesamt 19 Großveranstaltungen wurden ab 1990 unter dem Innsbrucker durchgeführt, darunter die drei Alpin-WMs in Saalbach (1991), St. Anton (2001) und Schladming (2013). Die nächste 2025 in Saalbach-Hinterglemm verfolgt Schröcksnadel als Zuschauer.

ÖSV: Schröcksi auf Lebenszeit

Inwieweit sich der bald 80-Jährige in die Arbeit seines Nachfolgers einmischen wird, bleibt abzuwarten. Zwar betonte Schröcksnadel mehrmals, sich künftig nicht aufdrängen zu werden, sich nach 31 Jahren vom einen auf den anderen Tag ganz rauszuhalten dürfte aber schwierig werden.

Sollte man Schröcksnadel im Rahmen seiner letzten Amtshandlung bei bei der Länderkonferenz in Villach am Samstag wie erwartet die Ehrenpräsidentschaft anbieten, hätte der Tiroler ohnehin auf Lebenszeit Sitz und Stimmrecht in der Länderkonferenz.

Als gerade wiedergewähltes Mitglied des FIS-Councils ist Schröcksnadel international mit dem Skirennsport sowieso weiter verbunden.

Es bleibt also abzuwarten, ob sich im ÖSV tatsächlich etwas ändert und eine neue Ära beginnt.

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