Julia Scheib triumphiert in Sölden
Im Vorjahr fuhr Scheib mit Rang drei auf dem Rettenbachferner den ersten Podestplatz ihrer Karriere ein, nun darf sie sich auch Weltcup-Siegerin nennen.
"Ich hatte schwere Zeiten, in denen ich wenig Licht gesehen habe"
Der Steirerin wurde schon früh großes Talent nachgesagt, zwei Kreuzbandrisse bremsten sie aber immer wieder aus.
"Ich hatte echt schwere Zeiten, in denen ich wenig Licht gesehen habe, bin aber dran geblieben. In meinen dunkelsten Momenten war das Entscheidende, dass ich Stimmen um mich hatte, die gesagt haben, du fährst super Ski. Es braucht Zeit und man darf nicht gleich den Kopf in den Sand stecken."
In der vergangenen Saison ist Scheib endgültig an der Weltspitze angekommen, oftmals verhinderten aber Fehler den ganz großen Coup.
Nicht so am Samstag. Scheib überraschte im ersten Durchgang mit einer fehlerfreien Fahrt und dem drittgrößten Vorsprung (1,28 Sekunden) in der Sölden-Historie. Damit war sie erstmals in ihrer Karriere in der Situation, im zweiten Durchgang als Letzte im Starthaus zu stehen.
"Sie war zwar ein bisschen blass, man hat es ihr ein wenig angesehen", berichtet ÖSV-Riesentorlauf-Trainer Martin Sprenger von der Pause zwischen den Durchgängen, "aber sie ist da völlig cool. Das war eine besondere Leistung, als Führende oben zu stehen, ist nicht einfach."
Ich habe mir oft gedacht, ich muss 100 Prozent geben, sonst reicht es nicht. Aber das war ein Irrglaube von mir.
Sprenger, der erst seit dem Frühjahr im Amt ist, war es auch, der Scheib offenbar die richtigen Tipps mit auf den Weg gegeben hat. Skitechnisch sei sie ohnehin auf einem sehr guten Niveau.
"Man muss sie bremsen. Sie ist eine, die immer 100 Prozent geben will. Wenn etwas nicht funktioniert, wird sie sehr unrund. Dann muss man sie runterholen und sagen, es geht nicht immer alles perfekt. Sie will immer 100 Prozent geben, aber ich habe ihr gesagt, Rennen gewinnt man mit 80 Prozent. Jeder, der immer mit 100 Prozent fährt, macht Fehler", erklärt der Coach.
Scheib bestätigt die Aussagen ihres Trainers. "Ich habe mir oft gedacht, ich muss 100 Prozent geben, sonst reicht es nicht. Aber das war ein Irrglaube von mir. Gerade die Lockerheit und der Mittelweg ist das Geheimnis, um richtig schnell zu sein und Rennen zu gewinnen."
Diesen Mittelweg hat Julia Scheib am Samstag in Sölden perfekt erwischt. Es war ein Riesenschritt – nicht nur, was die Performance bei der Sektdusche betrifft.