Nach dem tragischen Todesfall des italienischen Abfahrers Matteo Franzoso übt Vincent Kriechmayr Kritik am Sicherheitskonzept im Südamerika-Trainingslager.
"Da haben es sich die großen Verbände ein bisschen zu leicht gemacht. Die Kritik müssen sie sich gefallen lassen", sagte Kriechmayr.
Zwar existiere hundertprozentige Sicherheit im Abfahrtssport nicht. "Aber in Chile, wo jeder trainiert, wo 100 Läufer runterfahren, muss es möglich sein."
"Dann helfe ich mit der Borhmaschine mit"
Ein Verband alleine könne die massiven Kosten nicht alleine schultern, sagte Kriechmayr. Der Speed-Routinier wünscht sich, "dass sich die großen Verbände in Zukunft mehr absprechen, zusammentun und mehr investieren, was die Sicherheit betrifft. Wir schiffen so viel Tonnen an Ski und das ganze Graffl nach Chile."
Notfalls will er für mehr Sicherheit selbst Hand anlegen. "Dann helfe ich mit der Bohrmaschine mit, um die Holzzäune wegzubekommen."
So fesch ist die neue ÖSV-Wäsch'
Trainingsstrecke in La Parva "saugefährlich"
Franzoso war im September drei Tage vor seinem 26. Geburtstag im Training bei einem Sprung schwer zu Fall gekommen. Dabei hatte er zwei Sicherheitsnetze durchbrochen und war gegen einen Zaun geprallt. Im Krankenhaus in Santiago wurde ein Schädel-Hirn-Trauma diagnostiziert und Franzoso wurde ins künstliche Koma versetzt.
Letztlich konnten die Ärzte das Leben des Sportlers aber nicht retten.
Auch wenn die Unglücksstelle niemand im Vorhinein auf dem Zettel gehabt habe - die Strecke in La Parva ist laut Kriechmayr "saugefährlich, so ehrlich muss man sein". Neben den Österreichern und Italienern haben dort etwa auch die Schweizer trainiert.
ÖSV für "koordinierte Vorgehensweise" der Verbände
"Vinc hat völlig Recht, die Kritik müssen sich die Verbände gefallen lassen", zeigte sich ÖSV-Generalsekretär Christian Scherer einsichtig.
"Wir haben heuer damit begonnen, Sicherheitsmaterial wie Fangnetze nach Chile zu liefern. War es ausreichend? Es war ein erster Schritt. Aber es braucht eine koordinierte Vorgehensweise der Verbände."
Es sei deren Aufgabe, die Rahmenbedingungen für ein sicheres Training zu bieten und die Verantwortung nicht an die dortigen Skigebietsbetreiber abzuschieben, sagte Scherer zur APA.
Schwarz ist "alamierter"
Die Athletinnen und Athleten bekamen vor der Olympiasaison jedenfalls eindrücklich die Gefahren ihres Sports vor Augen geführt. "Natürlich macht das etwas mit einem, wenn so etwas Brutales passiert", sagte Marco Schwarz.
"Man schaut dann mehr, wie es links und rechts der Piste ausschaut. Wir haben da auch trainiert, neben den Holzzäunen." Auswirkungen auf seine eigenen Speed-Ambitionen habe die Tragödie aber nicht. "Natürlich ist man alarmierter. Aber bei den Rennen fühle ich mich relativ sicher."
Kilde hofft auf mündige Athleten
In der Frage der Prävention sieht Aleksander Aamodt Kilde neben den Verbänden und der FIS nicht zuletzt die Läuferinnen und Läufer selbst in der Pflicht. "Wenn ein Netz genau in Falllinie steht oder etwas gefährlich ist, muss man als Athlet sagen: Du, Coach, das schaut schwierig aus", meinte der norwegische Abfahrtsstar.
Grundsätzlich würden selbst kritische Situationen zu 99 Prozent glimpflich ausgehen. "Aber dieses eine Prozent ist Franzoso, ist Matilde, ist Poisson", sagte der am Comeback arbeitende Kilde.
Die Italienerin Matilde Lorenzi (19) war im Oktober 2024 in Südtirol nach einem Trainingssturz verstorben, der Franzose David Poisson (35) im November 2017 im Training in Kanada.