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Hans Grugger: "Bei Stürzen schaue ich weg"

Ein Sturz in Kitz kostete Hans Grugger fast das Leben. So geht es ihm heute:

Hans Grugger: Foto: © GEPA

Das erste Abfahrts-Training auf der berühmt-berüchtigten Streif dauerte erst wenige Minuten, da passierte es: Hans Grugger verlor beim Sprung an der Mausefalle die Kontrolle und schlug auf der pickelharten Piste auf. Der Steirer war sofort bewusstlos, sein lebloser Körper rutschte noch einige Meter weiter, ehe er zum Stillstand kam. 

Ein Schädel-Hirn-Trauma und eine schwere Lungenverletzung waren die Folge. Grugger musste notoperiert werden und lag wochenlang im künstlichen Koma. Es bestand akute Lebensgefahr. 

Neun Jahre ist das mittlerweile her. Erinnern kann sich Hans Grugger an all das nicht. 

"Ich weiß gar nichts. Bei mir sind zwei Monate vor dem Sturz und fünf Wochen danach weg", erzählt Grugger im Gespräch mit LAOLA1. "Aber ich bin nicht beleidigt, dass ich mich an die Zeit nicht erinnern kann."

Grugger: "Ich war der Schuldige"

Der Schutzmechanismus seines Körpers hat dafür gesorgt, dass der ehemalige Abfahrer das einschneidendste Erlebnis seines Lebens nur von Videoaufnahmen kennt. 

"Ich habe mir meinen Sturz damals angeschaut, damit ich weiß, was passiert ist. Aber jetzt muss ich ihn mir nicht mehr reinziehen“, sagt Grugger. 

Nach einem "Schuldigen" für seinen Sturz musste er nicht lange suchen. "Ich habe gesehen, dass ich der Schuldige war", erklärt Grugger, der mittlerweile aber damit abgeschlossen hat. "Für mich ist es abgehakt. Ich kann oder muss damit leben und das kann ich gut."

Es habe aber lange gedauert, bis er alles verarbeitet hat, erzählt der mittlerweile 38-Jährige. Auch heute, neun Jahre danach, sind die Ereignisse des 20. Jänners in Kitzbühel noch oft präsent.

"Es ist jetzt auch noch so, dass es mich ab und zu beschäftigt und ich darüber nachdenke. Ich denke oft daran zurück, vor allem an die Zeit nach dem Sturz, die nicht so lustig war."

Gruggers neues Leben

Grugger kämpfte sich mühsam zurück ins Leben mit dem Ziel, wieder Skifahren zu können. Rund acht Monate nach dem Unfall stand er zwar wieder auf Skiern, für das erhoffte Comeback im Spitzensport reichte es aber nicht. Am 24. April 2012 gab Grugger sein Karriereende bekannt.

Der Sturz und das Karriereende war für den Salzburger gleichzeitig der Start in ein neues Leben. Grugger hat nach der Reha die Studienberechtigungs-Prüfung gemacht und im November sein Geografie- und Sportstudium abgeschlossen. Schon bald will der zweifache Familienvater als Lehrer arbeiten.

"Der Wechsel, die Neuausrichtung in meinem Leben - das ist für mich schon positiv gewesen", ist Grugger mit seinem "neuen" Leben zufrieden. 

Vom Skirennfahrer zum Lehrer ist das eine, aber hat ihn der Sturz auch in seiner Persönlichkeit verändert? Grugger muss einen Moment überlegen. "Ich denke, dass ich etwas vorsichtiger geworden bin, aber ich mache immer noch die Sachen, die ich gerne mache. Wenn mal ein bisschen mehr Risiko dabei ist, bin ich auch bereit, das einzugehen. Ich bin auch ein bisschen geduldiger geworden (lacht) und vielleicht ein bisschen nachdenklicher. Sonst hat der Unfall nicht allzu viel an mir geändert."

Grugger: "Hatte nie einen Groll auf die Streif"

Vor allem die Leidenschaft für das Skifahren hat ihm der Sturz nicht genommen. Den Weltcup verfolgt Grugger nach wie vor regelmäßig mit dem geschulten Auge eines Ex-Rennläufers, wenn auch mit Einschränkungen. 

"Ich erkenne, wenn ein Läufer in Gefahr kommt und dann schaue ich weg. Natürlich lässt es sich nicht immer vermeiden, aber sobald einer abhebt bin ich kein Zuschauer mehr", erzählt der 38-Jährige.

Stürze würden sich schließlich nie ganz vermeiden lassen können. "Das ist der Sport, das gehört dazu. Es versucht immer jeder, der Beste oder Schnellste zu sein und da wird alles ausgereizt und ans Limit gegangen."

"Der Sturz wird immer Teil meines Lebens sein, aber bin dankbar, dass mein Fehler mir nicht mein Leben gekostet hat, sondern mir neue Möglichkeiten eröffnet hat."

Ans Limit und oft darüber hinaus müssen die Läufer auch in Kitzbühel gehen. Wenn sich die Speed-Asse am Mittwoch im Training erstmals über die Streif wagen, wird auch Grugger dabei sein. 

"Ich habe nie einen Groll gehabt auf die Streif", sagt er rückblickend. Dennoch ist die Hahnenkamm-Abfahrt für Grugger kein Rennen wie jedes andere. 

"Für mich ist es in diesen Tagen schon noch immer ein gewisser Rückblick. Der Sturz wird immer Teil meines Lebens sein, aber in erster Linie überwiegt die Freude, dass ich wieder gesund bin. Ich bin dankbar, dass mein Fehler mir nicht mein Leben gekostet hat, sondern mir neue Möglichkeiten eröffnet hat."

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