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Lösch: "Ich will meine Stimme hörbar machen"

Das ÖPC-Aushängeschild über Pyeongchang, Behindertensport und Verbesserungsmöglichkeiten.

Lösch: Foto: © GEPA

Gibt es ein Gesicht in Österreich, dass man mit paralympischen Winterspielen eher in Verbindung bringt, als jenes von Claudia Lösch?

Die 29-jährige Monoski-Fahrerin fuhr mit der Erfahrung dreier Paralympics nach Pyeongchang, wo sie 2018 ihre unglaubliche Ausbeute von bislang sieben Medaillen ausbauen will. Besonders mit der Abfahrt, gleich dem ersten Highlight der Spiele, hat sie eine Rechnung offen.

Darüber hinaus ist die Politikwissenschafts-Studentin als Mensch aufgefallen, der sich nicht davor scheut, seine Meinung zu sagen. Das will sie künftig als Sprecherin des IPC Athlete Councils machen - ein Posten, den sie als erste Österreicherin überhaupt anstrebt.

Mit LAOLA1 hat die große Medaillenhoffnung vor den Spielen über ihre "Herzensdisziplin", die Entwicklung des Behindertensports samt Verbesserungsvorschlägen und ihre mögliche Rolle als Vorbild, die sie nicht so gern annimmt, gesprochen.

LAOLA1: Acht von 13 unserer Sportlerinnen und Sportler sind Debütanten, für dich sind es hingegen schon die vierten paralympischen Spiele. Fühlen sie sich mittlerweile anders an?

Claudia Lösch: Es ist definitiv etwas anderes – weil ich sie diesmal genießen kann. Ich hatte eine gute Saison und weiß, dass ich in Form bin. Ich war jetzt im Vorfeld nicht mehr so nervös, wusste schon, das und das muss ich einpacken, auf das und das muss ich schauen. Ich gehe locker an die Sache heran, es gibt nicht mehr viel, was mich überraschen kann.

LAOLA1: Du hattest schon ein paar Tage Zeit, dich einzuleben – was ist der erste Eindruck vom Ort Pyeongchang?

Lösch: Im Vorfeld wurde viel davon geredet, dass es eine arme Gegend sei. Wir waren 2007, 2007, 2009 und 2011 schon hier. Insofern wusste ich, wie es hier aussieht. Ich war eher positiv überrascht, was sich seither getan hat. Die Koreaner machen es bis jetzt ganz gut, bei der Logistik funktioniert das meiste problemlos und auch das Essen ist wesentlich besser, als es in Sotschi war. Das ist für uns Athletinnen und Athleten schon etwas ganz Essentielles.

LAOLA1: Mit der Abfahrt stellt der erste Bewerb gleich ein Highlight dar, denn es ist für dich eine Disziplin, auf die du besonderen Wert legst.

Lösch: Nennen wir es die Herzensdisziplin. Weil die Abfahrt nach wie vor die alpine Königsdisziplin ist, auch bei uns. Da habe ich bei den bisherigen Paralympics viel Pech Schrägstrich Unvermögen gezeigt. Ich bin in Sotschi mit guter Zwischenzeit ziemlich spektakulär ins Netz gefallen und in Vancouver kurz vor der Ziellinie gestürzt und nur mehr drübergeschlittert. Die Abfahrten waren bislang nie meine besten Rennen.

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LAOLA1: Schon vor der Abfahrt stand für dich ein großes Highlight mit der Aufgabe der Fahnenträgerin an. Was bedeutet das für dich?

Lösch: Ziemlich viel. Es ist wirklich eine coole Sache und große Ehre. Wir sind ein wahnsinnig starkes Team, da zahlt es sich aus, keine der Debütantin mehr zu sein (lacht).

LAOLA1: Apropos Wertschätzungen – du bist eines der bekanntesten Gesichter des Behindertensports in Österreich. Wie siehst du die Entwicklung der letzten Jahre?

Lösch: Wir haben wahnsinnig große Schritte gemacht. Allein die Fortschritte bei uns durch die Tatsache, dass wir jetzt im ÖSV dabei sind, dazu die öffentliche Aufmerksamkeit, die größer geworden ist. Auch dass wir in Sporthilfe, Bundesheer und als Zollbeamte aufgenommen werden können, ist enorm wichtig. Was in meinen Augen noch fehlt: Die komplette Ausfinanzierung, damit wir nicht mehr darauf angewiesen sind, ein paar sozial eingestellte Menschen als Betreuer dabeizuhaben. Sondern unsere Trainer halbwegs adäquat entlohnen zu können, um gute Leute an Land zu ziehen. Mein Eindruck ist, dass der Breitensport ganz besonders hinter dem Leistungssport hinterherhinkt. Dass es immer noch ein Problem ist, dass Kinder beim Turnunterricht mitmachen, und bei Sportvereinen eine Abwehrhaltung herrscht – "Oh mein Gott, da kommt jemand mit Rollstuhl, was mache ich jetzt mit dem?“ Es braucht einfach ein bisschen mehr Offenheit für gemeinsamen Sport.

LAOLA1: Wo siehst du da Lösungsansätze?

Lösch: Teilweise in der Trainerausbildung, teilweise in der Lehrerausbildung, und natürlich auf der finanziellen Seite. Was mir wichtig wäre: Ein verpflichtendes, größeres Modell für Behindertensport in den verschiedensten Variationen. Die Ausbildung von Behindertensportlern mit intellektuellen Beeinträchtigungen, mit Hör- oder Sehbehinderung, im Rollstuhl usw. in die Ausbildung von Turnlehrern zu bringen. Vom Kindergarten bis zum Universitätsniveau. Eventuell sollte man auch einen Fördertopf für normale Sportvereine aufstellen, durch den man zusätzliche Mittel lukriert, wenn man so etwas wie einen Behindertensport-Zweig im eigenen Verein erschafft. In den Ballungsräumen laufen diese Sachen besser, aber die ländlichen Strukturen sind noch nicht da.

LAOLA1: Die Integrationsmöglichkeit in den Heeressport war auf Spitzensportebene schon ein enormer Schritt im finanziellen Bereich?

Lösch: Das war ein sehr wichtiger Schritt in einem fortlaufenden Kontinuum. Grundsätzlich hat es schon vorher funktioniert, das zeigt der Zoll seit 2009 vor, seit damals können Wintersportler dort Mitglied werden. Das nächste, was eventuell anstünde, wäre, die Polizei zu öffnen. Dort gibt es genauso zivile Mitarbeiter wie beim Bundesheer.

"Es ist schön, wenn ich Menschen inspirieren kann, Leute, die gerade einen schweren Unfall hatten, und auch Kindern, die gerade in das Alter kommen und ihre Behinderung mit anderen Augen sehen, ein bisschen Hoffnung zu geben"

LAOLA1: Siehst du dich selbst als eine Art Vorbild?

Lösch: Ich habe mit dem Titel ein bisschen ein Problem, das finde ich zu viel. Es ist schön, wenn ich Menschen inspirieren kann, Leute, die gerade einen schweren Unfall hatten, und auch Kindern, die gerade in das Alter kommen und ihre Behinderung mit anderen Augen sehen, ein bisschen Hoffnung zu geben. Aber mein Weg war für mich der richtige, das muss nicht für alle so sein.

LAOLA1: Du giltst als Person, die sich nicht davor scheut, voranzugehen und ihre Meinung zu sagen. Du hast dich jetzt auch als Athletensprechin beim IPC beworben.

Lösch: Das IPC Athletes Council hat die Funktion, die Athletinnen und Athleten über alle Sportarten hinweg im Internationalen Paralympischen Komitee zu vertreten. Diese Verbandsarbeit, die Weiterentwicklung des Sports, hat mich schon immer interessiert. Ich war sieben Jahre im österreichischen Verband Athletenvertreterin und bin seit 2015 im Komitee für den Skisport. Aus diesen Erfahrungen heraus habe ich beschlossen, mich auch dafür zu bewerben. Weil ich mittlerweile den Eindruck habe, dass das IPC so aufgeblasen ist, dass es die gleichen Probleme hat, wie andere große Sportorganisationen – etwa FIFA oder IOC und alle anderen. Da sollte man uns Sportler öfter anhören.

LAOLA1: Und da willst du ein bisschen aufräumen.

Lösch: Ja, zumindest meine Stimme hörbar machen. Das größte Problem ist aktuell das System der Klassifizierung. Da sind sehr viele Baustellen, ohne ins komplexe Detail zu gehen. Da muss wahnsinnig viel passieren, auch an sportwissenschaftlicher Forschung, dass man da bewusste und unbewusste Fehleinschätzungen aufdeckt und die Sportler viel genauer zuteilen kann, um den Sport fairer zu machen.

LAOLA1: Du kannst dir vorstellen, dass es als aktive Sportlerin nicht mehr lange geht. Wovon wird die Entscheidung abhängen, auch vom Abschneiden in Pyeongchang?

Lösch: Eher weniger. Ich weiß, dass das meine letzten Spiele sein werden. Ich werde im Juni weitersehen, denn ich habe Probleme mit dem Ellbogen und deswegen eine Operation vor mir. Ich werde die hinter mich bringen, danach die Reha, dann werde ich schauen, wie es weitergeht. Wenn ich merke, dass ich Spaß am Training und Lust auf die Saison habe, werde ich weitermachen, sonst kann es das gewesen sein. Das weiß ich noch nicht.

LAOLA1: Und wenn es das dann war – kannst du dir vorstellen, eine Vertreterin oder Sprecherin für diverse Anliegen auf allen möglichen Ebenen "Vollzeit“ zu machen?

Lösch: Definitiv. Durch mein Studium der Politikwissenschaft interessiert mich die Arbeit an der Schnittstelle zwischen Politik und Sport sehr, daher könnte ich mir auch noch vorstellen, etwas im ÖPC oder IPC zu machen. Oder im Sportministerium. Das stelle ich mir spannend vor. Nach Bonn will ich aber eigentlich nicht übersiedeln – dort ist das IPC beheimatet.

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