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Bader: Womit Österreich Mühe hat und warum er positiv bleibt

Österreichs bisherige WM-Ausbeute ist mager. Vier Tore, 17 Gegentreffer und ein Punkt veranlassen zu Unruhe. Der Teamchef geht auf die wichtigsten Themen ein:

Bader: Womit Österreich Mühe hat und warum er positiv bleibt Foto: © GEPA

Die Gruppenphase der Eishockey-WM in Finnland und Lettland neigt sich allmählich dem Ende zu, drei Spiele hat Österreich noch vor der Brust. Der Spielplan >>>

Nach den Niederlagen gegen Dänemark (2:6) und die USA (1:4) wartet das ÖEHV-Team nicht nur auf ein heiß ersehntes Erfolgserlebnis, sondern auch auf weitere Punkte. Bisher hält man bei einem Zähler, erzielt bei der 1:2-Overtime-Niederlage zum Turnier-Auftakt gegen Frankreich.

Eine größere Ausbeute aus den ersten vier Partien wäre bestimmt möglich gewesen, der Blick richtet sich allerdings bereits nach vorne. Am Freitag wartet das Prestigeduell gegen Deutschland (19:20 Uhr im LIVE-Ticker und auf ORF Sport +), ehe es am Samstag gegen Titelverteidiger Finnland (15:20 Uhr im LIVE-Ticker und im ORF1) weitergeht.

Am spielfreien Donnerstag bezieht ÖEHV-Teamchef Roger Bader in einer Medienrunde Stellung und spricht über...

...die Niederlagen gegen Dänemark und die USA:

"Wir wissen, dass wir gegen diese Mannschaften nur dann eine Chance haben zu gewinnen, wenn alles optimal läuft. Die Grundrichtung war in beiden Spielen gut, wir haben gegen Dänemark für 50 Minuten wirklich ein Spiel auf Augenhöhe gespielt. Das fünfte und sechste Gegentor haben das Resultat verzerrt, dadurch könnte man annehmen, wir waren unterlegen. Das war aber ein ausgeglichenes Spiel. Leider haben sie die Tore geschossen, wir hatten drei Stangenschüsse. Gegen eine starke amerikanische Mannschaft, die zuvor schon dreimal gewonnen hat, haben wir lange sehr gut mitgehalten. Das erste Drittel war ausgezeichnet, das zweite war auch noch sehr gut, aber leider hat uns das dritte Gegentor zu Beginn des dritten Abschnitts den Stecker gezogen. Die Amerikaner haben das Spiel mit ihrer Klasse und ihren physischen Qualitäten über die Runden gebracht. Schade war auch, dass wir nach dem Ausgleich im Powerplay noch vor der Pause das zweite Gegentor kassieren. Da waren wir im Slot kurz unaufmerksam, konnten den Rückpass nicht decken. Dadurch ist es zum zweiten Gegentreffer gekommen. Es gibt viele gute Momente, die der Teamchef und sein Staff sehen, aber die Resultate waren leider nicht positiv."

...den körperlichen und mentalen Zustand der Spieler und des Trainerteams nach vier Spielen in fünf Tagen:

"Die Mannschaft ist mental voll und ganz intakt. Das einzige Spiel, das uns geärgert hat, war gegen Frankreich, wo wir auf mehr als einen Punkt gehofft haben. In den anderen drei Partien musste man damit rechnen, dass es schwierig wird, Punkte zu holen. Natürlich hofft man immer auf eine Überraschung. Aber man hat nur alle fünf Jahre solche Spiele wie letztes Jahr gegen Tschechien. Natürlich hofft man darauf und macht alles dafür, realistisch gesehen wussten wir aber, dass Punkte in diesen drei Spielen schwierig sind. Wir wissen, dass das siebte Spiel gegen Ungarn das entscheidende sein wird. Darauf werden wir hinarbeiten."

...das kommende Duell mit Deutschland, das nach drei Partien noch punktlos ist:

"Sie sind in einer schwierigen Situation, weil sie dreimal wirklich gut gespielt haben und Punkte hätten machen können, die auch verdient gewesen wären. Trotzdem stehen sie mit null Punkten da. Das ist aus ihrer Sicht natürlich ärgerlich. Gegen Dänemark und gegen uns stehen sie sicher unter einem gewissen Druck. Sie haben aber eine gute Mannschaft, sind normalerweise ein Viertelfinal-Kandidat. Wir haben uns aber auch von Spiel zu Spiel gesteigert und werden in der Lage sein, ein sehr gutes Spiel zu absolvieren. Wir rechnen uns durchaus Chancen gegen Deutschland aus, obwohl sie natürlich Favorit sind. Wir brauchen ein optimales Spiel, dann ist etwas möglich. Ich hoffe auch, dass wir das Spielglück einmal auf unsere Seite ziehen, das hatten wir bisher wirklich noch nicht. Da haben wir im Verlauf der WM noch etwas gut."

...die bislang mangelnde Chancenverwertung, das Pech mit den Stangenschüssen und wie man an der Effizienz arbeiten kann:

"Stangenschüsse sind Pech. Ob man jetzt die Stange trifft oder fünf Zentimeter daneben, hat nichts mit Können zu tun. Ansonsten tun wir uns allen voran gegen die guten Nationen schon schwer, die Torchancen zu verwerten, weil die gegnerischen Torhüter überragend sind. Im Schnitt haben sie gegen uns eine Fangquote von 95,5 Prozent, das ist herausragend. Auf diesem Niveau muss man viel öfters direkt schießen und sich weniger Zeit beim Abschluss nehmen, damit es für den gegnerischen Torhüter schwieriger wird, die Scheibe abzuwehren. Da haben viele Spieler noch Mühe, da sie noch etwas länger brauchen, bis sie zum Abschluss kommen. Das war letztes Jahr aber auch so, gegen die guten Nationen haben wir nicht viele Tore geschossen. Die Spieler müssen vermehrt in guten Ligen spielen, damit sie lernen, mit wenig Zeit Torschüsse abzuschließen."

"Das ist eine Angewohnheit, wenn man das jeden Tag macht, hat man das in sich. Wenn man etwas mehr Zeit gewohnt ist, dann ist es mühevoll, wenn man diese nicht mehr hat. Dann kann es so aussehen, dass die Schussqualität mangelhaft ist."

...die niedrige Qualität der abgegebenen Schüsse:

"Ich glaube, dass hat eben mit der geringeren Zeit zu tun, die ein Spieler für einen Abschluss auf diesem Niveau hat. Die Spieler haben die technischen Fähigkeiten, um einen Schuss aufs Tor zu bringen - hier hat er aber weniger Zeit, er muss sich beeilen und dann ist es schwieriger. Man muss dieses Tempo, diese Intensität gewohnt sein. Man sieht es bei Spielern, die aus der NHL kommen oder auch beim Schweizer Team. Sie sind es gewohnt, die Scheibe direkt zu schießen, weil sie genau wissen: Wenn ich das nicht mache, werde ich gecheckt und bin weg. Das ist eine Angewohnheit, wenn man das jeden Tag macht, hat man das in sich. Wenn man etwas mehr Zeit gewohnt ist, dann ist es mühevoll, wenn man diese nicht mehr hat. Dann kann es so aussehen, dass die Schussqualität mangelhaft ist. Natürlich trainieren wir das auch während den Vorbereitungscamps, indem wir Direktabschlüsse und schnelles Umschalten von den Spielern verlangen. Aber es ist nicht einfach, Angewohnheiten wegzubringen."

...die vielen Gegentore (17, Anm.) und ob es konkreten Verbesserungsbedarf gibt:

"Wir werden gegen keinen Gegner, egal ob er gut oder schlecht war, sagen: 'Passt schon'. Es gibt zu jedem Gegentor eine Vorgeschichte, was genau passiert ist und wir schauen uns diese sehr genau an. Wir haben vielleicht nicht gegen die USA, aber gegen Dänemark oft Tore bekommen, weil wir Turnovers kreiert haben. Da haben wir statt der geradlinigen Spielweise, die mir vorschwebt, zu kompliziert gespielt. Das hat zu Scheibenverlusten und Toren geführt. Solche Turnovers darf man und wollen wir nicht haben. Das haben wir der Mannschaft gezeigt und besprochen."

...Mentalität und Druck in Schlüsselspielen und warum man allem voran gegen Frankreich und Dänemark die eigene Spielweise nicht durchziehen konnte:

"Das ist schwierig zu sagen. Gegen Frankreich war es wahrscheinlich wirklich eine mentale Geschichte, nachdem wir zuvor gegen die Slowakei in zwei Spielen neun Tore erzielt haben. Vielleicht war das noch in den Köpfen drinnen, obwohl wir sicher alles getan haben, die Mannschaft richtig auf Frankreich einzustellen. Sie haben gewusst, was Frankreich machen wird und wir haben ihnen auch aufgezeigt, wie gut diese Mannschaft ist. Kann sein, dass der eine oder andere im ersten Drittel im Hinterkopf hatte, es kann auch mit eher komplizierteren Plays gehen und muss nicht sein, dass man die Scheibe tief schießen muss. Wir haben dann gesehen, dass das nicht geht und haben dies im Verlauf des Spiels auch geändert. Wir waren im letzten Drittel ja überlegen, es hat alles darauf hingedeutet, dass wir nach dem Ausgleich das Spiel noch gewinnen werden, weil wir gedrückt haben. Dann haben uns die Strafen geschadet. Im Dänemark-Spiel gab es einige Turnovers, die zu Strafen und Gegentoren geführt haben, aber insgesamt war die taktische Ausrichtung schon in Ordnung. Aber beim Frankreich-Spiel kann man das nicht wegdiskutieren, das hat mich auch geärgert."

"Wenn wir diese geradlinige, einfache Spielweise, die mir vorschwebt, auch praktizieren, dann spielen wir unser bestes Eishockey. Und gegen Ungarn werden wir bereit sein, davon bin ich zu hundert Prozent überzeugt."

...mögliche Ängste, dass sich diese Denkweisen im "Abstiegsduell" mit Ungarn wieder einschleichen könnten und ob Vergleiche mit dem Großbritannien-Spiel im Vorjahr zulässig sind:

"Ich weiß nicht, ob man diese zwei Spiele vergleichen kann. Dass es im letzten Spiel - ich nenne es nicht "Abstiegsspiel", sondern formuliere es positiv als Schlüsselspiel um den Klassenerhalt - um den Klassenerhalt gehen kann, wussten wir vor der Weltmeisterschaft. Keiner hat geglaubt, dass es gegen Ungarn um nichts mehr geht. Das musste realistisch angenommen werden, letztes Jahr war es vielleicht etwas anders. Da hatten wir bis zu diesem Zeitpunkt einige überraschende Resultate mit dem Sieg über Tschechien und dem Punktgewinn gegen die USA - übrigens in einem meiner Meinung nach von uns schwächerem Spiel als dieses Jahr. Letztes Jahr haben wir 45 Torschüsse zugelassen, diesmal nur 31. Ich glaube, es gab damals eine gewisse Nervosität, dass wir es nach einer sehr guten Weltmeisterschaft noch versauen könnten. Dann war die Mannschaft lange blockiert, auch weil der Puck damals für die Briten gelaufen ist. Diesmal ist es klar, Ungarn wird ein "Game 7" sein, viele Spieler haben ein solches erlebt. Wir haben in dieser Woche schon genügend Erfahrungen gemacht: Wenn wir diese geradlinige, einfache Spielweise, die mir vorschwebt, auch praktizieren, dann spielen wir unser bestes Eishockey. Und gegen Ungarn werden wir bereit sein, davon bin ich zu hundert Prozent überzeugt."

...die bisherigen Schwierigkeiten von Titelverteidiger Finnland:

"So überrascht bin ich nicht. Jukka Jalonen (Head Coach der Finnen, Anm.) setzt auf viele Spieler, die in den letzten zwei, drei Jahren Weltmeister wurden. Die Mannschaft wirkt etwas überaltet, man muss aber vorsichtig sein. Die Finnen haben die Eigenschaft, dass sie sich im Laufe der Weltmeisterschaft immer steigern. Es ist nicht auszuschließen, dass es ihnen dieses Jahr wieder gelingt von Spiel zu Spiel besser zu werden und am Ende im Finale zu stehen. Letztes Jahr haben sie sowohl im Viertel- als auch Halbfinale mit einem Tor Unterschied gewonnen und sind im Finale gestanden. Sie haben etwas die Angewohnheit, dass sie Langsamstarter sind und die Spiele nicht gleich 6:1 oder 7:1 gewinnen. Mal sehen, wie es dieses Jahr wird, aber Jukka Jalonen ist ein Weltklassetrainer. Er wird schon wissen, welche Spieler er einberufen hat und welche nicht."


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