"Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen - wir spielen hier in einem ausverkauften Stadion in Schweden, gegen das Heimteam, das den Weltmeistertitel als Ziel hat. Und wir sind bis drei Minuten vor Schluss - gar nicht gestohlen - in Führung und drauf und dran, sie zu bezwingen."
Nein, Roger Bader hat nicht erzählt, was er vergangene Nacht geträumt hat. Der Teamchef wollte verdeutlichen, wie nah Österreich bei der Eishockey-WM in Stockholm an der absoluten Sensation dran war.
2:19 Minuten haben letztlich darauf gefehlt, trotzdem frohlockte der Schweizer undiplomatisch: "Auf einer Skala von eins bis zehn war die Leistung eine zehn plus."
Natürlich schwang beim Winterthurer die Enttäuschung mit, nicht zumindest einen Punkt ergattert zu haben. Man müsse sogar enttäuscht sein, meinte Bader. "Das ist im Moment auch mein dominierendes Gefühl."
Taktisch auf Top-Niveau
Doch die Freude darüber, wie seine Jungs performt haben, war ihm nicht in Abrede zu stellen.
"Alles, was wir uns vorgenommen haben, hat geklappt. Wir haben in unserer eigenen Zone sehr gut verteidigt, die D-Zone-Coverage war hervorragend. Was durchgekommen ist, hat David Kickert gestoppt. Unser Kollektiv war ausgezeichnet", analysierte der 60-Jährige.
Das Penalty-Killing hätte ebenfalls "sehr gut" funktioniert, obwohl Rangers-Star Mika Zibanejad im Mitteldrittel bei rot-weiß-roter Unterzahl das 1:1 erzielte. Doch Bader verwies auf die Qualität in den Reihen Schwedens und den Einsatz seiner Cracks, Schüsse zu blocken und Spielzüge richtig zu lesen.
Ein unliebsames Déjà-vu
Auch für die Umsetzung des Spielsystems hatte der Teamchef ein Lob übrig: "Die Balance zwischen sehr gutem Forecheck, der oft funktioniert hat, und Mittelzonen-Trap war gut. Die Schweden sind dort nie richtig durchgekommen – da muss ich sagen, die Leistung ist wirklich exzellent gewesen."
"Wir haben mehr als nur eine Duftmarke gesetzt und gezeigt, dass Prag alles andere als eine Eintagsfliege war."
Daher sei es schade, "dass am Ende das Quäntchen Glück gefehlt hat und die Leistung nicht mit Punkten belohnt wird." Bader fühlte sich ein wenig an das 5:6 im Vorjahr gegen die Schweiz erinnert, die Eidgenossen stachen damals 51 Sekunden vor Spielende durch Nico Hischier entscheidend zu.
"Jetzt waren es Brodin und Zibanejad, die die Klasse haben, eine kleine Chance zu nutzen", seufzte der langjährige Head Coach Österreichs.
Prag war keine Eintagsfliege
Die Auftritte seiner Mannschaft gegen Finnland und Schweden seien "sehr hoch zu werten" und würden international Anerkennung finden. "Wir werden für unsere Entwicklung extrem gelobt, dass wir einen Riesenschritt nach vorne gemacht haben", erzählte Bader.
Er führte selbst an: "Es ist wirklich etwas ganz Besonderes, dass wir gegen so gute Gegner so gut spielen können. Wir haben mehr als nur eine Duftmarke gesetzt und gezeigt, dass Prag alles andere als eine Eintagsfliege war."
Der Teamchef war gleichzeitig bemüht, auf die Euphoriebremse zu treten. Noch ist nichts erreicht. Bader: "Wir wissen, dass noch harte Spiele auf uns warten. Der Klassenerhalt wird eine harte Aufgabe."
Der Teamchef als Kommunikator
Dafür müssen die bitteren Niederlagen zum WM-Start aus den Köpfen der Spieler verbannt werden. "Aus Niederlagen lernt man und heute nehmen wir die Gewissheit mit, dass wir auf dem richtigen Weg sind", so Bader.
In seiner Rolle als Teamchef muss er nun als Kommunikator auftreten, die richtigen Worte finden. "Der Teamchef wird natürlich beobachtet – erstens einmal, was er sagt und wie er es sagt. Meine Worte und die Körpersprache müssen übereinstimmen."
Ansonsten würden ihm diese nicht abgekauft werden. Bader erläuterte: "Es ist eine Fähigkeit von einer Führungsperson, dass er im kommunikativen Bereich stark ist und ich glaube, dass ich das bin. Es ist meine Aufgabe, die richtigen Worte und Maßnahmen zu finden."
Zeit dafür gibt es am Sonntag, der erste spielfreie Tag für Österreich. Am Montag wartet gegen die Slowakei (16:20 Uhr im LIVE-Ticker >>>) die nächste Etappe der Mission Klassenerhalt.