Vier junge deutsche Spieler unterschrieben heuer ihre ersten NHL-Verträge.
Die Ausgangspositionen und Gehälter von Arno Tiefensee, Wojciech Stachowiak, Josh Samanski und Nikita Quapp stellen sich aber unterschiedlich dar.
LAOLA1-Scout Bernd Freimüller wirft einen Überblick auf die Situationen der vier Cracks:
Name | Alter | Dauer | Gehalt/Jahr | Signing Bonus | AHL-Gehalt | Draft |
---|---|---|---|---|---|---|
Arno Tiefensee | 23 | 2 Jahre | 850.000$ | 75.000$ | 82.500$ | 2023 (157th) |
Wojciech Stachowiak | 25 | 1 Jahr | 775.000$ | 200.000$ | FA | |
Josh Samanski | 23 | 2 Jahre | 975.000$* | 97.500$ | 85.000$ | FA |
Nikita Quapp | 22 | 2 Jahre | 775.000$ | 55.000$ | 2021 (187th) |
* 2. Jahr für Samanski auch mit Performance Bonussen ausgestattet
Arno Tiefensee
Vor zwei Jahren als "europäischer Overager" (damals nicht mehr für die Junioren-Nationalteams spielberechtigt) gedraftet, die Dallas Stars dürften an ihm bei seinen damaligen 23 DEL-Spielen Gefallen gefunden haben. Tiefensee (mit 1,94 Metern auch mit Idealgröße ausgestattet) hatte seitdem im internen Duell mit Felix Brückmann etwas die Nase vorne, war vor allem in den Playoffs der Fixstarter in Mannheim.

Die Tormannlage bei den Stars lässt für den 23-Jährigen Licht am Horizont erwarten, wenn auch nicht unmittelbar: Jake Oettinger ist als klare Nummer 1 gesetzt und steht noch bis 2030 unter Vertrag. Der 33-jährige Casey DeSmith gibt den treuen Backup, der Vertrag des 33-Jährigen läuft aber in einem Jahr aus.
Beim Farmteam der Texas Stars in der AHL wurde ein Platz frei, da der 34-jährige Magnus Hellberg nach Schweden zurückkehrte. Oettinger und DeSmith spielten in der NHL durch, Hellberg wurde zwar zwischendurch angefordert, kam aber nie zum Einsatz.
Für Tiefensee die entscheidende Frage: Holt Stars-GM Jim Nill einen weiteren Routinier als Hellberg-Ersatz und zur Absicherung für die NHL oder setzt er auf ein Tandem mit Tiefensee und den 23-jährigen Remi Poirier, der bereits zwei AHL-Saisonen auf dem Buckel hat? Derzeit fünfter Goalie in der Depth Chart: Ben Kraws (24), in seiner ersten Prosaison vor allem in der ECHL eingesetzt.
Ein AHL-Platz ist für Tiefensee derzeit in Griffweite, abhängig von der Frage: Heißt das AHL-Duo Tiefensee und Poirier oder X und Poirier? Bei Ausfällen von Oettinger und DeSmith könnte Nill auch während der Saison nachlegen, aber wieder nur mit zwei Goalies durchzukommen, wäre fast ein Wunder. Allerdings ist die Cap-Lage bei den Stars sehr angespannt, es kann auf jeden Dollar ankommen.
Wojciech Stachowiak
Stachowiaks Deal mit den Lightning erfolgte nach der WM - für mehr als ein Jahr konnte er aufgrund seines Signing-Alters (26) nicht unterschreiben, die Vertragshöhe von 775.000 $ (=NHL-Minimum) weist aber darauf hin, dass Tampa Bay billige Tiefe im Kader benötigt. Immerhin: Mit 200.000 US-Dollar wäre sein AHL-Gehalt das höchste unter den deutschen NHL-Debütanten und belastet die Cap-Situation nicht.

Die Lightning haben für die nächste Saison bereits zwölf NHL-Forwards unter Vertrag. Dazu könnte noch Gage Goncalves kommen, der als RFA nach 60 NHL-Einsätzen heuer einen neuen Vertrag braucht. Er könnte Tampa Bay aber zu teuer kommen, vor allem, wenn er sein Gehalt vom Schiedsgericht bestimmen lässt.
Bei Cam Atkinson und Luke Glendening würden neue Verträge wegen ihres Alters (36) doch überraschen, allerdings sind sie mit Gehältern unter einer Million kostengünstig. Solche oder ähnliche Spieler braucht GM Julien BriseBois zur Kaderauffüllung, er verfügt nur noch über etwa drei Millionen Dollar Spielraum bis zur Obergrenze von 95,5 Millionen. Syracuse-Topscorer Conor Sheary ist auch schon 33 und mit einem Gehalt von zwei Millionen behaftet, daher wohl in der AHL festgenagelt. Dylon Duke passt mit 22 Jahren und einem Entry-Level-Deal da schon besser in die Planungen, ebenso wie der baumlange Jack Finley.
Sucht BriseBois die Kadertiefe eben bei kostengünstigen Free Agents, in seinem Farmteam in Syracuse oder können sich Newcomer wie eben Stachowiak (seine Beine sind absolut NHL-tauglich) über ein Camp in die NHL spielen? Die Prospect-Tiefe in Tampa ist durch viele gedealte Picks nicht gerade die beste, College-Star Isaac Howard will nicht unterschreiben, die Konkurrenz für den 25-Jährigen sollte daher überschaubar ausfallen.
Josh Samanski
Samanski – letzte Saison sicher der am meisten gescoutete DEL-Crack – wird das derzeitige NHL-Finale mit großem Interesse verfolgen. Wechselt er im Sommer zu einem Stanley-Cup-Champion?
Die Oilers sehen jedenfalls Cap-Problemen ins Auge. Schließlich braucht Star-Defender Evan Bouchard einen neuen Vertrag und der wird schon zu einem großen Teil den derzeitigen Spielraum von fast zwölf Millionen Dollar auffressen. Zwar hat GM Stan Bowman bereits 20 Spieler unter Vertrag, aber vom jetzigen Aufgebot brauchen etwa Forwards wie Connor Brown, Jeff Skinner oder Trent Frederic ebenfalls neue Kontrakte. Das wird sich kaum ausgehen, selbst wenn Bowman etwa Viktor Arvidsson trotz einer No-Movement-Clause zu einem Trade bewegen könnte.
Der eine oder andere Forward wird sich also anderweitig umsehen (müssen), in diese Bresche könnte Samanski nach einem guten Camp springen. Das Oilers-Farmteam in Bakersfield bordet nicht gerade vor aufregendem Talent über (Roby Järventies' Saison dauerte aufgrund einer Knieverletzung nur zwei Spiele) und Samanski bringt immerhin WM-Erfahrung und gute Größe (1,90 Meter) mit. Connor Brown 1:1 zu ersetzen wäre wohl zu viel verlangt, aber selbst bei einem Stanley-Cup-Sieg wäre für Samanski eine Rolle im Kader entweder als fünfter Center oder eher als Flügel durchaus möglich. Mit David Tomasek verpflichtete Bowman einen weiteren europäischen Free Agent, der 29-jährige Tscheche bietet sich allerdings vor allem für eine Rolle in einer Scorerlinie an.
Nikita Quapp
Es hieß zwar bei ihm "Shit or get off the pot" - seine NHL-Rechte wären für die Carolina Hurricanes mit dem 1. Juni ausgelaufen, trotzdem überraschte das Vertragsangebot: Der 22-Jährige hatte sich in den Jahren seit seinem Draft 2021 in der DEL weder in Berlin noch in Düsseldorf durchsetzen können, absolvierte mehr Spiele in der DEL2, wo er auch in der nächsten Saison in Crimmitschau unter Vertrag gestanden wäre. Die mussten ihm auch die Freigabe erteilen, da die DEL2 im Gegensatz zur DEL keinen Deal mit der NHL unterschrieben hat.

Warum nimmt ein NHL-Team einen solchen Torhüter unter Vertrag? Nun, er ist billig (unterschrieb zum NHL-Minimum und einem sehr geringen AHL-Gehalt von 55.000 Dollar) und das Torhüter-Gerippe der Hurricanes ist eben das – ein Gerippe ohne jegliches Fleisch auf den Knochen. In der NHL spielten heuer der oft verletzte 36-jährige Fredrik Andersen und Pyotr Kochetkov, der sich an die Starterrolle langsam herantastet.
Dahinter kam mit Dustin Tokarski bereits ein 36-jähriger Karriere-Minor-Leaguer sowie Spencer Martin, auch schon 30 Jahre alt. Beide Verträge laufen heuer im Sommer aus. Übrig bleiben der 20-jährige Russe Ruslan Khazeyev (heuer in seinem ersten Jahr beim Farmteam Chicago Wolves) und der 25-jährige Kanadier Yaniv Perets, meist in der ECHL tätig. In der Goalie-Depth-Chart stehen am Papier noch vier Europäer, von denen einzig Yegor Velmakin wenigstens einige Handvoll Spiele in der KHL absolviert hat. Der Rest kugelt in Unterklassen herum oder hat gar schon aufgehört.
Das Goalie-Scouting der Hurricanes über die letzten Jahre ist also dringend zu hinterfragen, Quapp verdankt seinen Vertrag diesem Mangel an Konkurrenz. GM Eric Tulsky muss im Sommer sowohl am Trade Market als auch beim Draft in puncto Goalies dringend tätig werden, um wenigstens etwas brauchbare Tiefe in die Organisation zu bringen. Davon abhängig wird es sein, ob Quapp in der AHL oder ECHL aufläuft. Aufgrund von Andersens stets fragwürdigem Gesundheitszustand fällt die Hurricanes-Goalie-Depth-Chart aber ohnehin immer sehr flexibel aus...